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  • · Fachbeitrag · Betreuungsrecht

    Sachverständigengutachten für Zwangsmaßnahmen verwerten

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Zieht das Beschwerdegericht in einer Unterbringungssache für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der Entscheidung des AG datiert, ist der Betroffene erneut persönlich anzuhören, § 319 FamFG. Ist der Sachverständige nicht Arzt für Psychiatrie, muss das Gericht prüfen und in der Entscheidung darlegen, ob er als Arzt über Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie i. S. v. § 321 Abs. 1 S. 4 Hs. 2 FamFG verfügt. Ist der Sachverständige insoweit nicht hinreichend qualifiziert, darf sein Gutachten nicht verwertet werden. Das hat der BGH entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Betroffene B leidet unter einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie. Im Januar 23 wurde eine umfassende Betreuung für ihn eingerichtet. Zudem wurde er bereits von Januar bis April 23 untergebracht. Im Oktober 23 sprang er aus dem Küchenfenster seines Elternhauses und zog sich dabei Frakturen beider Fersenbeine zu. In der Folgezeit kam es zu weiteren Unterbringungen. Aktuell ist der B noch immer untergebracht. Nachdem er sein Einverständnis mit einer medikamentösen Behandlung zurückgezogen hatte, genehmigte das AG dessen Zwangsbehandlung. Im vorliegenden Verfahren hat die Betreuerin Bt beantragt, die Zwangsbehandlung des B auch weiter zu genehmigen. Nachdem das AG ein Gutachten eingeholt und den B persönlich angehört hat, hat es die Zwangsbehandlung genehmigt. Die dagegen eingelegte Beschwerde des B blieb erfolglos. Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet der B sich erfolgreich gegen die durch Zeitablauf erledigte gerichtliche Genehmigung seiner Zwangsbehandlung (BGH 12.6.24, XII ZB 197/24, Abruf-Nr. 242823).

     

    Entscheidungsgründe

    Das landgerichtliche Verfahren leidet an einem durchgreifenden Verfahrensmangel, weil das Beschwerdegericht den B nicht erneut angehört hat. In einem Unterbringungsverfahren darf von der gem. § 319 FamFG vorgesehenen persönlichen Anhörung des Betroffenen nicht abgesehen werden, wenn neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Dies ist der Fall, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage heranzieht.