· Nachricht · Blitzlicht Mandatspraxis
Ärgerliche Beratungshilfe
| Leider spielen nicht alle Mandanten von Anfang an mit offenen Karten. Manchmal werden Anwälte erst einmal intensiv in Anspruch genommen, bevor aufgedeckt wird, dass man Beratungshilfeaspirant ist. |
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Eine Mandantin M lässt sich bei Anwalt A in verschiedenen Fragen zu Trennung und Scheidung vertreten. Nach etwa zweijähriger Tätigkeit endet das Mandat. Der A rechnet ab und legt die Akten nach Zahlung ab. Dann meldet sich ein Kollege und legt für die M einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe mit der Aufforderung vor, der A möge alle gezahlten Gebühren erstatten. Zu Recht? |
Beratungshilfe wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist bei dem Amtsgericht zu stellen, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dann wird ihm i. d. R. sofort vom zuständigen Amtsgericht ein Berechtigungsschein ausgestellt, mit dem er einen Anwalt seiner Wahl aufsuchen kann. Der Rechtsuchende kann sich aber auch direkt an einen Anwalt wenden. Dieser beantragt nachträglich beim zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe. Dieser Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe ist spätestens innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit zu stellen, § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG.
Ist Beratungshilfe bewilligt, richtet sich die anwaltliche Vergütung gem. § 8 Abs. 1 BerHG nach den für die Beratungshilfe geltenden Vorschriften des RVG. Diese Vergütung ist i. d. R. wesentlich niedriger als die normale gesetzliche Vergütung. Es gilt aber das Durchsetzungsverbot des § 8 Abs. 2 BerHG. Mit dem Mandanten kann der Anwalt nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG (Nr. 2500) nur die Beratungshilfegebühr von 15 EUR abrechnen.
Die nachträgliche Bewilligung nach § 6 Abs. 2 S. 1 BerHG setzt voraus, dass sich ein Rechtsuchender an die Beratungsperson „wegen Beratungshilfe“ gewendet hat. Daher kann nach h. M. keine nachträgliche Bewilligung erfolgen, wenn sich der Rechtsuchende nur mit seinem Anliegen an die Beratungsperson wendet, ohne seine Bedürftigkeit zu offenbaren (Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2014, § 6 BerHG Rn. 17). In diesen Fällen wird ein normales Mandat begründet, das mit dem Mandanten nach RVG abzurechnen ist.
Standesrechtlich besteht die Pflicht, beim Erkennen möglicher Bedürftigkeit auf die Beratungsmöglichkeit hinzuweisen. Wird diese Pflicht verletzt, kommt Schadenersatz für den Mandanten mit der Folge in Betracht, dass nur die Gebühr von 15 EUR zu zahlen ist (Schneider/Volpert/Fölsch, a.a.O. Rn. 22).
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Die M hat den Berechtigungsschein erst mehr als zwei Jahre nach Beginn der Tätigkeit des A erwirkt. Dadurch greift die Durchsetzungssperre des § 8 Abs. 2 BerHG nicht. Der A ist nicht verpflichtet, die gezahlten Gebühren zu erstatten. (St) |