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  • · Nachricht · Blitzlicht Mandatspraxis

    Teure Vergleichserfüllung

    | Wird ein Verfahren mit einem Vergleich beendet, muss dieser auch erfüllt werden. Der Anwalt hat bei Abschluss eines Vergleichs alle damit zusammenhängenden Vor- und Nachteile so gewissenhaft zu bedenken, wie es ihm aufgrund seiner Informationen, Kenntnisse und Erfahrungen vorausschauend möglich ist. Muss er aber auch rein wirtschaftliche Gesichtspunkte für die Vergleichserfüllung in seine Empfehlungen aufnehmen? |

     

    • Beispiel

    Ein Anwalt schließt nach Beratung und in Anwesenheit eines Mandanten (M) einen Vergleich über ZGA, wonach der Mandant eine bestimmte Vergleichssumme zahlen muss. Wenige Tage später meldet sich der M und äußert heftigen Unmut, weil er für die Vergleichserfüllung ein Aktiendepot auflösen muss, mit der Folge, dass dadurch 20.000 EUR Ertragsteuer anfallen. Hätte der Anwalt dies im Vorfeld aufklären und in seine Empfehlungen aufnehmen müssen?

     

    Die Anforderungen an die anwaltliche Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss von Vergleichen sind hoch. Allerdings billigt die Rechtsprechung dem Anwalt wegen der Schwierigkeiten und Ungewissheiten bei der Abwicklung der Vor- und Nachteile eines Vergleichs einen angemessenen Ermessensspielraum zu. Hat der Vergleich für den Beteiligten des Anwalts eine unangemessene Benachteiligung zum Gegenstand, muss der Anwalt abraten.

     

    Bei der Abwägung muss der Anwalt nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche und persönliche Interessen des Mandanten beachten. Aus wirtschaftlicher Sicht darf der Anwalt in Erwägung ziehen, dass ein Vergleich es seinem Mandanten z. B. ermöglicht, schnell zu Geld zu kommen und dass dieser i. d. R. eher die Gewähr bietet, erfüllt zu werden, als eine Gerichtsentscheidung. Es ist aber nicht Aufgabe des Anwalts, den Mandanten grundlegende Entschlüsse abzunehmen und ihn zu betriebswirtschaftlichen Fragen zu beraten (Fischer/Vill, u. a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 279 mit Rechtsprechungsnachweisen). I. d. R. wird der Anwalt fragen, ob sein Mandant den Vergleich auch erfüllen kann. Oft ist es ‒ gerade in Familiensachen ‒ gängiger Standard, dass nachgefragt wird, ob die Erfüllung nur in Raten möglich ist. Diese Entscheidung muss aber letztlich der Mandant selbst treffen, der seine wirtschaftlichen Verhältnisse kennt oder zumindest kennen sollte.

     

    • Lösung

    Es ist maximal Aufgabe des Anwalts, den Mandanten vor Abschluss eines Vergleichs zu befragen, ob er ihn auch erfüllen kann und ob die Erfüllung notfalls nur in Ratenzahlungen erfolgen kann. Die Antwort hierauf hat allein der Mandant zu verantworten. Eine andere Lösung ist nur denkbar, wenn der Mandant erklärt, zur Vergleichserfüllung müsse er bestimmte Vermögenswerte verwerten, so wie hier z. B. ein Aktiendepot auflösen oder eine Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist verwerten. Dann sollte der Anwalt den Vergleich nur unter Widerruf und mit dem Hinweis an den Mandanten abschließen, den Steuerberater zu konsultieren.

     
    Quelle: ID 46968331