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  • · Fachbeitrag · Gebührenrecht

    Verfahrenswert eines Anspruchs auf Nutzungsentschädigung

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an einem Grundstück zu, und hat er die gemeinsame Ehewohnung verlassen, kann er für die Überlassung seines Anteils an der Wohnung an den anderen Ehegatten eine Nutzungsvergütung (Nutzungsentschädigung) verlangen, wenn dieser die Wohnung weiter nutzt. Fraglich ist, wie sich der Verfahrenswert dafür bemisst. |

    1. Rechtsgrundlage

    Die Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Nutzungsvergütung ergibt sich aus § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB bzw. aus § 745 Abs. 2 BGB. Zu unterscheiden ist insoweit, ob eine Nutzungsvergütung für die Zeit der Trennung geltend gemacht wird oder für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung.

    2. Zeit der Trennung

    Ist einer der beiden Ehegatten kraft gerichtlicher Entscheidung nach § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet worden, dem anderen Ehegatten die Ehewohnung zur Benutzung zu überlassen, kann er eine Nutzungsvergütung dafür verlangen, § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB. Es handelt sich dabei um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG und damit um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Verfahrenswert folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1, 2 HS. FamGKG. Es ist von einem Regelwert von 3.000 EUR auszugehen.

     

    Nach § 48 Abs. 3 FamGKG kann dieser Regelwert angehoben oder auch herabgesenkt werden, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls den Regelwert als unbillig erscheinen lassen. Eine solche Unbilligkeit besteht aber nicht schon deshalb, weil die Wohnung einen höheren Nutzungswert hat. Allerdings kann eine besonders teure Wohnung (Luxuswohnung) eine Erhöhung grundsätzlich rechtfertigen. Umgekehrt kann eine kleine und geringwertige Wohnung den Verfahrenswert reduzieren. Im Übrigen kommt es auf den Umfang und die Schwierigkeit der Sache an, insbesondere auch darauf, ob die Sache streitig geführt wurde. Eine besondere Bedeutung, die zur Unbilligkeit führt, kann sich auch daraus ergeben, dass einer der Beteiligten oder die bei ihm lebenden Kinder dringend auf die Nutzung der Ehewohnung angewiesen sind. Unbilligkeiten können sich auch ergeben, wenn es nicht um die Überlassung der gesamten Ehewohnung geht, sondern nur um einen Teil der Ehewohnung oder um einzelne Räume, sodass ein geringerer Wert anzunehmen sein kann. Des Weiteren kann mindernd berücksichtigt werden, wenn nur eine kurzfristige, vorübergehende Regelung begehrt wird.

     

    Ist einer der Ehegatten freiwillig aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, ist umstritten, welche Anspruchsgrundlage heranzuziehen ist. Die überwiegende Rechtsprechung stellt hier ebenfalls auf § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB ab. Für den Verfahrenswert gilt das Gleiche wie bei der gerichtlich angeordneten Wohnungsüberlassung, s.o. Das ist folgerichtig. Der Wortlaut des § 1361b Abs. 3 S. 1 BGB bezieht sich nur auf die Überlassung der Ehewohnung. Die Norm differenziert nicht danach, ob dies freiwillig oder unfreiwillig geschieht. Der Wert ist nach § 48 Abs. 1 FamGKG zu bemessen (OLG Koblenz AGS 13, 287, OLG Bamberg AGS 11, 197; OLG Brandenburg FamRZ 13, 1980, LS.).

     

    Nach anderer Ansicht ist nicht § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB, sondern § 745 Abs. 2 BGB anwendbar. Es handelt sich dabei um eine Familienstreitsache, § 266 FamFG. Für den Verfahrenswert greift § 35 FamGKG (OLG Frankfurt AGS 13, 341). Maßgebend ist der geforderte Geldbetrag. Da wiederkehrende Leistungen verlangt werden und i.d.R. die Beendigung des Zeitraums, für den eine Nutzungsvergütung verlangt wird, nicht feststeht, ist insoweit ergänzend § 42 Abs. 1 FamGKG heranzuziehen und die Dauer zu schätzen. Das OLG Frankfurt wendet insoweit § 9 ZPO an (a.a.O.). Es übersieht aber dabei, dass im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren die ZPO nicht anwendbar ist. Im Gegensatz zum GKG gibt es keine Verweisungsklausel. Man kann allenfalls die Wertung des § 9 ZPO in § 42 Abs. 1 FamGKG hineinlesen und sich insoweit daran orientieren.

    3. Zeit nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses

    Wird eine Nutzungsvergütung für die Zeit nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses verlangt, greift § 745 Abs. 2 BGB. Der Verfahrenswert bestimmt sich nach §§ 35, 42 Abs. 1 FamGKG. Das OLG Hamm stellt für den Verfahrenswert gegen den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf § 48 Abs.  1 FamGKG ab (RVG professionell 13, 55). Es sei unbillig, dass der Verfahrenswert nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses höher anzusetzen sei als während der Trennung (OLG Hamm, a.a.O.). Das OLG Hamm übersieht dabei, dass der Gesetzgeber diese Differenzierung bewusst vorgenommen hat. Für die Zeit der Trennung soll der Wert privilegiert sein. Es handelt sich um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Für die Zeit nach der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses sollen endgültige Regelungen getroffen werden. Es handelt sich um eine Familienstreitsache. Entgegen der Billigkeitsbegründung des OLG Hamm kann das Verfahren nicht nach der ZPO beurteilt werden, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG (a.a.O.). Vielmehr gilt das FamFG. Eine Kostenerstattung nach § 81 FamFG ist daher auszuschließen. Soweit ersichtlich, ist auch die Rechtsprechung des OLG Hamm vereinzelt geblieben.

    4. Einstweilige Anordnungen

    Wird eine einstweilige Anordnung auf Zahlung einer Nutzungsvergütung verlangt, gelten dieselben Grundsätze wie im Hauptsacheverfahren. Hier tritt § 41 FamGKG hinzu. Danach ist der Verfahrenswert zu reduzieren, wenn die einstweilige Anordnung gegenüber der Hauptsache weniger bedeutsam ist.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 107 | ID 42659604