Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Rechtsprechungsübersicht

    Wichtige Rechtsprechung des BGH zum materiellen Betreuungsrecht in 2021

    von RA Dr. Astrid von Schoenebeck, Berlin

    | Auch im Jahr 2021 und 2022 ergingen wichtige Entscheidungen zum materiellen Betreuungsrecht. Zu den Entscheidungen aus 2021 im Einzelnen. |

    1. Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung

    Gem. § 1814 BGB n. F., § 1896 Abs. 1 BGB a. F. wird für einen Volljährigen, der aufgrund einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann, ein Betreuer bestellt. Diese Krankheitsbilder werden im Gesetz nicht definiert. Vielmehr sind diesen Begriffen medizinische Fallgruppen zugeordnet (vgl. Jurgeleit/Jurgeleit, Betreuungsrecht, § 1896 Rn. 121 ff.). Im Betreuungsverfahren wird ein Sachverständigengutachten eingeholt, um ein Krankheitsbild festzustellen.

     

    § 1814 Abs. 2 BGB n. F. stellt klar, dass gegen den freien Willen eines Volljährigen kein Betreuer bestellt werden darf. In Sachverständigengutachten, aber auch in Gerichtsentscheidungen sind diesbezüglich häufig Unklarheiten und Widersprüche festzustellen. Häufig gibt es zur Geschäftsunfähigkeit keine Feststellungen, es wird aber eine freie Willensbestimmung ausgeschlossen. In anderen Fällen wird die Geschäftsunfähigkeit festgestellt, aber die Fähigkeit, einen freien Willen zu bestimmen, wird bejaht. Der Begriff der freien Willensbestimmung i. S. d. § 1814 Abs. 2 BGB n. F. und des § 104 Nr. 2 BGB ist im Kern deckungsgleich. Entscheidend ist die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Wem die Einsicht in die eigene Erkrankung fehlt, der ist nicht in der Lage, einen freien Willen zu bilden und daher nicht geschäftsfähig. Der BGH betont in diesem Zusammenhang, dass eine fehlende Krankheitseinsicht reicht, das Fehlen eines freien Willens festzustellen (BGH 9.6.21, XII ZB 545/20, Rn. 9 zu § 1896 Abs. 1 a BGB; 2.6.21, XII ZB 540/20, Rn. 5; BGH 6.5.20, XII ZB 504/19, Rn. 18).