· Fachbeitrag · Vorsorgevollmacht
Es besteht keine Pflicht zur persönlichen Betreuung durch eine Vorsorgevollmacht
von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen
| Soweit in einer Vorsorgevollmacht keine anderweitigen Regelungen enthalten sind, berechtigt die Vorsorgevollmacht den Bevollmächtigten nur zur rechtlichen Vertretung, verpflichtet aber nicht zur persönlichen Betreuung des Vollmachtgebers. Der Vorsorgebevollmächtigte muss nur die notwendigen tatsächlichen Hilfen besorgen, nicht jedoch selbst Hilfe leisten. Das hat der BGH klargestellt. |
Sachverhalt
Die Betroffene B wendet sich gegen ihre Betreuung. Sie leidet an einer paranoiden Schizophrenie sowie einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung und einer chronischen Schmerzstörung. Bereits Anfang 2019 wurde daher eine Betreuung eingerichtet und eine Berufsbetreuerin mit einem umfassenden Aufgabenkreis bestellt. Im Winter 2022 war die B auf Antrag ihrer Betreuerin mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung geschlossen untergebracht. 2021 hatte die B ihrem Ehemann M eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt. In dieser wurde auch angeordnet, dass im Fall der Erforderlichkeit einer Betreuung der M zum Betreuer bestellt werden soll. Unter Bezugnahme auf die Vollmacht hat die B beantragt, entweder die Betreuung aufzuheben oder aber M zum Betreuer zu bestellen. Das AG hat nach Anhörung aller Beteiligten sowohl die Aufhebung der Betreuung als auch den beantragten Betreuerwechsel abgelehnt. Gegen beide Beschlüsse haben B und M Beschwerde eingelegt. Das LG hat erneut persönliche Anhörungen vorgenommen und sodann in einem einheitlichen Beschluss die Beschwerden zurückgewiesen (LG Münster, 10.5.22, 5 T 1668/21, 5 T 1678/21). Hiergegen wenden sich B und M erfolgreich mit ihren Rechtsbeschwerden (BGH 16.11.22, XII ZB 212/22, Abruf-Nr. 232996).
Entscheidungsgründe
Das LG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Bestellung eines Betreuers trotz des Vorliegens einer wirksamen Vorsorgevollmacht erforderlich wäre. Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist. An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut besorgt werden können. Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen.
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