· Fachbeitrag · Editorial FK 02/2023
Rückführung eines entführten Kindes in die Ukraine
| Liebe Kolleginnen und Kollegen, das OLG Stuttgart musste über die Rückführung eines entführten Kindes in die Ukraine entscheiden (OLG Stuttgart 13.10.22, 17 UF 186/22). |
Gegenstand des Verfahrens war das Begehren des Kindsvaters V auf Rückführung seiner 2021 geborenen Tochter T in die Ukraine nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.80 (HKÜ). Die Eltern der T sind getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eheleute, die bis Anfang März gemeinsam eine Wohnung in der Ukraine bewohnt hatten. Anlässlich eines Fliegeralarms flüchteten sie sich mit dem Kind ins Auto und verbrachten die Nacht in der Tiefgarage. Daraufhin verließ die Antragsgegnerin M mit der T die gemeinsame Wohnung und begab sich ohne das Einverständnis des V nach Deutschland, um hier mit der T auf längere Zeit zu bleiben. Mit seinem Antrag begehrt er vergebens, dass die T in die Ukraine zurückgeführt wird.
Der Rückführung eines von einem Elternteil nach Deutschland entführten minderjährigen Kindes in die Ukraine nach den Bestimmungen des HKÜ wegen der Kampfhandlungen in der Ukraine steht derzeit Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ entgegen. Eine schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für ein Kind i. S. d. Norm besteht derzeit auf dem gesamten Staatsgebiet der Ukraine. Zwar hat die M, der die elterliche Sorge mit dem V gemeinsam zusteht, durch die Ausreise mit der T aus der Ukraine, wo das Kind zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nach Deutschland den Tatbestand des widerrechtlichen Verbringens nach Art. 12 Abs. 1, S. 1, Art. 3 HKÜ verwirklicht. Auch hat der V dem Verbringen der KT nach Deutschland nicht zugestimmt und das Verbringen auch nicht nachträglich genehmigt. Angesichts des geringen Alters des Kindes liegen zudem die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 HKÜ nicht vor.
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