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  • · Fachbeitrag · Sorgerecht

    Keine gemeinsame Elternsorge bei nachhaltigen und schwerwiegenden Kommunikationsstörungen

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Schwerwiegende und nachhaltige Kommunikationsstörungen der Eltern, die nicht nur auf einer grundlosen einseitigen Verweigerungshaltung eines Elternteils beruhen, stehen der Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge i. d. R. entgegen. Eine unzureichende Information über Belange des Kindes rechtfertigt nicht die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Das hat das OLG Braunschweig aktuell entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Die Kindeseltern sind nicht miteinander verheiratet. Sie haben bereits eine gemeinsame Tochter T. Diese lebt bei der Mutter M. Über die elterliche Sorge für die T und das Umgangsrecht des Vaters V wurden mehrere familiengerichtliche Verfahren geführt. Im Ergebnis wurde die elterliche Sorge den Eltern zur gemeinsamen Ausübung übertragen und eine Umgangsregelung getroffen. Vorliegend streiten die Eltern über das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn S. Über den Umgang wird in einem gesonderten Verfahren gestritten. Der S lebt gleichfalls bei der M, die auch die Alleinsorge hat. Der V beantragt die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die M tritt dem entgegen. Nach den Feststellungen der Verfahrensbeiständin finde zwischen den Eltern keinerlei Kommunikation statt. Es würden permanent wechselseitige Vorwürfe erhoben. Zudem bestehe ein sehr hohes Konfliktpotenzial, Verbesserungsmöglichkeiten seien nicht erkennbar. Die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt haben sich daher im Ergebnis gegen eine gemeinsame elterliche Sorge ausgesprochen. Dem ist das AG gefolgt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des V hat blieb erfolglos (OLG Braunschweig 21.7.22, 1 UF 115/21, Abruf-Nr. 230599).

     

    Entscheidungsgründe

    Die elterliche Sorge ist den beiden Eltern gemeinsam zu übertragen, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Dies erfordert indes eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern und ein Mindestmaß an Übereinstimmung. Ein nachhaltiger und schwerer elterlicher Konflikt, das Fehlen jeder Kooperation und Kommunikation oder die Herabwürdigung des anderen Elternteils sprechen daher i. d. R. gegen eine gemeinsame Sorge. Wenn schwerwiegende und nachhaltige Kommunikationsstörungen vorliegen und diese nicht nur auf einer grundlosen einseitigen Verweigerungshaltung beruhen, ist die Übertragung der gemeinsamen Sorge ausgeschlossen.