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Kein Umgangsrecht für die Ex-Partnerin einer homosexuellen Beziehung bei Loyalitätskonflikt
von RiOLG Dr. Andreas Möller, Hamm
| Wenn aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses in einer homosexuellen nicht ehelichen Beziehung im Wege der künstlichen Befruchtung Kinder gezeugt werden, bestimmt sich das Umgangsrecht des nicht rechtlichen Elternteils ‒ vorliegend der Mutter, die das Kind nicht geboren hat ‒ nach § 1685 BGB. Das hat das OLG Karlsruhe entschieden. |
Sachverhalt
Die Beteiligten lebten in einer gleichgeschlechtlichen nicht ehelichen Lebensgemeinschaft. Aufgrund eines gemeinsamen Kinderwunsches trug die Antragsgegnerin (M) zwei im Wege der künstlichen Befruchtung gezeugte Kinder aus. Eine Stiefkindadoption erfolgte nicht. Bis zur Trennung übernahm die Antragstellerin (F) in erheblichem Umfang die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder. Nach der Trennung verweigerte die M jeglichen Umgang der Kinder mit der F (OLG Karlsruhe 30.6.22, 18 UF 22/22, Abruf-Nr. 230506).
Entscheidungsgründe
Die Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags der M ist nicht zu beanstanden. § 1684 BGB ist auch nicht analog anzuwenden. Die F ist zwar eine enge Bezugsperson i. S. v. § 1685 Abs. 2 BGB, da eine sozial-familiäre Beziehung bestanden hat. Es kann aber nicht positiv festgestellt werden, dass der Umgang der F mit den Kindern dem Kindeswohl dient. Aus § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB ergibt sich, dass zum Wohl des Kindes der Umgang mit anderen Personen gehört, zu denen das Kind Bindungen besitzt. Dies gilt aber nur, wenn die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung der Kinder förderlich ist. Angesichts der nicht aufgearbeiteten Trennung, der Konflikte auf der Paarebene, der strikten Ablehnung jeglichen Umgangs der F und des für die Kinder daraus resultierenden Loyalitätskonfliktes können keine Umgangskontakte stattfinden, die die Kinder nicht erheblich beeinträchtigen würden. Es ist zu erwarten, dass der Loyalitätskonflikt im Fall der Anordnung von Umgangskontakten durch die Kinder nicht aufgearbeitet, sondern sich durch die tatsächliche Umsetzung erzwungener Umgangskontakte weiter verschärfen würde.
Relevanz für die Praxis
Bei § 1685 Abs. 2 BGB sind sämtliche Umstände des Einzelfalls umfassend abzuwägen, um die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs festzustellen (BGH 12.7.17, XII ZB 350/16, Rn. 27). Dabei ist es für die Einräumung eines Umgangsrechts zugunsten einer nicht mit dem Kind verwandten Bezugsperson auf Grundlage früherer sozial-familiärer Beziehungen nicht ausreichend, dass der Umgang nur nicht dem Kindeswohl zuwiderläuft. Die Anordnung von Umgangskontakten kommt vielmehr nur in Betracht, wenn positiv feststeht, dass der Umgang dem Kindeswohl tatsächlich dient. Das ist ausschließlich aus dem Blickwinkel des Kindes zu beurteilen. Die Tatsache, dass Kinder aufgrund einer gemeinsamen Entscheidung in einer homosexuellen Lebensgemeinschaft im Wege der künstlichen Befruchtung gezeugt wurden, ändert daran nichts.