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  • · Nachricht · Blitzlicht Mandatspraxis

    In diesen Fällen besteht eine Pflicht, ungefragt Auskunft zu erteilen

    | Das Gesetz kennt keine allgemeine Auskunftspflicht. Anders kann es im Unterhaltsverhältnis bei wesentlichen Veränderungen der relevanten Umstände sein. Nach Treu und Glauben kann die eine Seite verpflichtet sein, die andere Seite unaufgefordert zu informieren. |

     

    • Beispiel

    Vater V zahlt aufgrund einer Vereinbarung aus 2011 für beide Kinder mangels Leistungsfähigkeit je Kind 50 EUR. Das Jugendamt JA will dies überprüfen und verlangt mit Schreiben vom 11.11.22 Auskunft zum Einkommen, das Schreiben ist bei V nicht angekommen. V hat allerdings am 1.6.21 eine Arbeit aufgenommen, ohne dies der Gegenseite mitzuteilen. Daraufhin klagt das JA den Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle (DT) auch für die Vergangenheit seit 1.6.21 ein. Mit Recht?

     

    Eine Offenbarungspflicht über unterhaltsrechtlich relevante und wesentliche Änderungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse besteht, wenn das Verschweigen unterhaltsrelevanter Umstände nach einer Unterhaltsentscheidung evident unredlich erscheint. Nur unter besonderen Umständen ist es eine Pflicht, die andere Seite ungefragt zu informieren (BGH FamRZ 88, 270). Etwas anderes gilt bei Vergleichen und auch bei Vereinbarungen. Hier ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, alle Umstände, die sich auf die Vereinbarung (möglicherweise) auswirken können, ungefragt, also von sich aus, zu offenbaren (BGH FamRZ 97, 483). Die Informationspflicht ist eine Nebenpflicht der Unterhaltsvereinbarung.

     

    Die Literatur kritisiert, dass bezüglich der Pflicht zur ungefragten Information bei Entscheidungen und bei Vergleichen/Vereinbarungen differenziert wird (Kleffmann/Kleffmann in: Kleffmann/Soyka, Praxishandbuch Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Kapitel 2 Rn. 605).

     

    Fraglich ist, welche Konsequenz es hat, wenn ein Unterhaltsschuldner gegen die Pflicht zur ungefragten Information verstößt. Nach einhelliger Auffassung kann dies zur Schadenersatzpflicht nach § 826 BGB führen, teilweise wird auch erwogen, § 1613 Abs. 2 Nr. 2b BGB anzuwenden ‒ Unterhalt für die Vergangenheit ohne die Einschränkungen nach § 1613 Abs. 1 BGB (Roßmann in: Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 7. Aufl., Rn. 1548). Der Unterhaltspflichtige muss danach dem Unterhaltsberechtigten ab Verstoß gegen die Pflicht zur ungefragten Information den nach seinem Einkommen geschuldeten Unterhalt nachzahlen.

     

    • Lösung

    Angesichts der Vereinbarung auf einen Kindesunterhalt von nur 50 EUR je Kind ist das Verhalten des V evident unredlich. Die Kinder sind so zu stellen, als hätten sie entsprechend dem Einkommen des V Kindesunterhalt nach der DT erhalten. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme.(St)

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 184 | ID 49687445