· Fachbeitrag · Elternunterhalt
Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Wohnvorteil nur in Grenzen ansetzbar
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
(BGH 17.10.12, XII ZR 17/11, NJW 13, 1305, Abruf-Nr. 131274) |
Sachverhalt
Die Klägerin K macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt gegen die unterhaltspflichtige Beklagte B geltend. Die 1933 geborene Mutter der B lebt in einem Seniorenheim. Seit April 2001 erhält sie Hilfe zur Pflege in einer die monatlichen Unterhaltsforderungen der K übersteigenden Höhe. Mit Schreiben vom 29.8.08 wurde B aufgefordert, Auskunft über ihre Einkünfte zu erteilen, da die Mutter weiterhin Leistungen der Sozialhilfe erhalte. K forderte von B für September 2008 bis Dezember 2009 Beträge von monatlich 129 beziehungsweise 118 EUR.
B lebt mit ihrem Lebensgefährten in einer ihr gehörenden Eigentumswohnung, für die sie Abtragungen leistet. Sie besucht regelmäßig ihre Mutter im Heim. Die Aufwendungen dafür macht sie einkommensmindernd geltend. Das AG und das OLG wiesen die Klage ab. Ihre Revision ist erfolglos geblieben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist insoweit unzulässig, als sie die Forderung wegen eines Teilbetrags für die Zeit von September 2008 bis April 2009 betrifft. Diesbezüglich fehlt eine hinreichende Revisionsbegründung, § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2a ZPO. Im Übrigen ist sie unbegründet. Den Wohnwert der Eigentumswohnung hat das OLG zu Recht auf der Grundlage einer den Einkommensverhältnissen der B entsprechenden angemessenen Wohnung bemessen. Insoweit hat der BGH eine Wohnungsgröße von 60 Quadratmeter gebilligt. Davon werden unter Berücksichtigung der Eigenheimzulage Zins- und Tilgungsleistungen abgezogen. Unbeachtlich ist, dass B ihren Lebensgefährten kostenfrei in der Wohnung wohnen ließ. Die angemessene Miete ist ausschließlich der B als Eigentümerin zuzurechnen. Als angemessene Gegenleistung des Lebensgefährten für die Deckung seines Wohnbedarfs wird seine Beteiligung an den Hauslasten angesehen.
Der Haushaltsersparnis durch Zusammenleben wird durch Senkung des Selbstbehalts Rechnung getragen. Es ist auf den Familienselbstbehalt unter Ehegatten abzustellen, der damals 1.400 EUR für den Unterhaltspflichtigen und 1.050 EUR für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten ausmachte.
Hierin ist die Haushaltsersparnis bereits berücksichtigt. Dieser Familienselbstbehalt von 2.450 EUR ist für das Gesamteinkommen der B mit ihrem neuen Lebenspartner zugrunde zu legen. Dieser verdient nicht mehr als 1.050 EUR, sodass eine weitere Haushaltsersparnis abzulehnen ist.
Die Aufwendungen für die Besuche ihrer Mutter wirken sich einkommensmindernd für B aus. Die Besuche dienen der Aufrechterhaltung der familiären Beziehungen und unterliegen dem Verfassungsschutz, Art. 6 Abs. 1 GG.
Praxishinweis
Für die Angemessenheit des Wohnwerts ist die objektive Miete für eine Wohnung, die den finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen entspricht, in Ansatz zu bringen. Für die vorliegenden Einkommensverhältnisse hat der BGH die vom OLG zugerechnete Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern gebilligt.
Zudem hat er gebilligt, dass die Aufnahme des Lebensgefährten in der Wohnung zu keiner weiteren Einkommenserhöhung führt. Ausreichend ist, dass der Lebensgefährte sich an den Hauslasten beteiligt. Der BGH hat die Zins- und Tilgungsleistungen abgezogen. Die Tilgungsleistung begründet er mit angemessener Vermögensbildung.
Zu Recht hat der BGH die Aufwendungen der Beklagten für die Besuche ihrer Mutter im Heim einkommensmindernd berücksichtigt. Das OLG hat, um den Meinungsstreit nicht entscheiden zu müssen, darauf abgestellt, dass der bei Nichtberücksichtigung der Fahrtaufwendungen im Rahmen der Leistungsfähigkeit geschuldete Unterhalt jedenfalls nach § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen ist, weil hiermit eine unbillige Härte verbunden wäre. Dies hat der BGH ausdrücklich offen gelassen. Er ist bereits über die Einkommensermittlung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte nicht leistungsfähig ist, Elternunterhalt zu zahlen.
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Die Norm schließt den Anspruchsübergang aus, wenn er eine unbillige Härte bedeuten würde. Sie betrifft alle Fälle, in denen Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergehen. Entscheidend ist stets, ob durch den Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt werden (BGH FamRZ 10, 1418). Dies ist der Fall, wenn der Grundsatz der familiengerechten Hilfe nach § 16 SGB XII es verbietet, den Pflichtigen heranzuziehen, etwa weil
Diese Fallgruppen sind nicht abschließend (BGH, a.a.O.). |