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  • · Fachbeitrag · Ersatzhaftung der Großeltern

    Grundsätze der Ersatzhaftung der Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB

    von RA und Notar Jochen Duderstadt, FA Familienrecht, Northeim

    | Sind die Eltern nicht in der Lage, den Mindestunterhalt für ihre Kinder zu zahlen, ohne den notwendigen Selbstbehalt zu unterschreiten, kommt die Ersatzhaftung von Verwandten, z.B. der Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB in Betracht, die in der Praxis häufig übersehen wird. |

     

    Rechtsnatur der Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 1 BGB

    Bei der Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Primärhaftung des Nachrangigen (so schon Staudinger/Gotthardt, BGB, 10./11. Aufl., § 1607 Rn 6). Die Haftung nach Abs. 1 stellt also keine Ersatzhaftung im eigentlichen Sinn dar. Denn der Leistungsunfähige ist in Ansehung der Unterhaltspflicht der übrigen Verwandten als nicht vorhanden anzusehen (Staudinger/Gotthardt, a.a.O.). Das bedeutet: Die Großeltern sind nachrangig heranzuziehen, also erst und nur dann, wenn die Eltern leistungsunfähig sind. Die Darlegung der Leistungsunfähigkeit der Eltern gehört zum schlüssigen Klagevortrag bei Inanspruchnahme der Großeltern (so zutreffend OLG Thüringen FamRZ 10, 746). Die Großeltern haften so, als hätte es von vornherein keinen vorrangig Pflichtigen gegeben. Insbesondere haben sie keinen Rückgriffsanspruch gegen die Eltern (Palandt/Brudermüller, 70. Aufl., § 1607 Rn. 1). Folge: Für die Großeltern gelten grundsätzlich die kindesalterabhängigen Bedarfssätze, wie sie in der Düsseldorfer Tabelle standardisiert sind, in gleicher Weise wie für die Eltern, jedoch nicht über die Gruppe 1 hinaus.

     

    Weitere Voraussetzung ist, dass der Anspruchsteller bedürftig und der nachrangig Haftende leistungsfähig ist. Der Selbstbehalt nachrangig Haftender wird erhöht, da sie mit ihrer Inanspruchnahme in der Regel nicht rechnen müssen. Für Großeltern gilt daher der Selbstbehalt, der auch im Rahmen des Elternunterhalts zu wahren ist (BGH NJW 06, 142; Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1607 Rn. 5, 6). Derzeit beträgt der Selbstbehalt insgesamt 2.700 EUR für verheiratete Großeltern (1.500 EUR für den Unterhaltspflichtigen und 1.200 EUR für den mit ihm zusammen lebenden Ehegatten, vgl. Anmerkung D der Düsseldorfer Tabelle, dazu Soyka, FK 11, 145, 149).