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  • · Nachricht · Kindesunterhalt

    Einvernehmliche künstliche Befruchtung der Lebensgefährtin: Mann muss Kindesunterhalt zahlen, obwohl er nicht der Vater ist

    | Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass den gemeinsam mit der Mutter in die heterologe Insemination mit Spendersamen einwilligenden Mann für das daraus hervorgegangene Kind eine vertragliche Unterhaltspflicht trifft, auch wenn er nicht mit der Mutter verheiratet ist und das Kind nicht anerkannt hat ( BGH 23.9.15, XII ZR 99/14 ). |

     

    Die Klägerin (K) macht gegen den Beklagten Unterhalt geltend und stützt den Anspruch auf eine zwischen ihrer Mutter (M) und dem Beklagten, dem ehemaligen Lebensgfährten der M (L), im Rahmen einer heterologen Insemination geschlossene Vereinbarung. Die M und der L unterhielten eine intime Beziehung. Da die M sich ein Kind wünschte und der L zeugungsunfähig war, führte der Hausarzt der M mit Zustimmung des L, der auch das Fremdsperma beschafft hatte, eine heterologe Insemination durch, die jedoch nicht zur Schwangerschaft führte. Der L hatte am selben Tag auf einem seitens des Hausarztes vorgelegten „Notfall-/Vertretungsschein“ handschriftlich vermerkt: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen werde und die Verantwortung übernehmen werde!“. Nach den Feststellungen des OLG gab es weitere einvernehmliche Versuche, von denen der letzte zum Erfolg führte. Der L hat seine Beteiligung an den weiteren Versuchen bestritten. Nach der Geburt der K zahlte L für sie u.a. zeitweise Unterhalt. Eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft des L blieb ohne Erfolg, weil dieser nicht der leibliche Vater der K ist. Die K macht vertraglichen Unterhalt in einer am gesetzlichen Kindesunterhalt orientierten Höhe geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom OLG zugelassenen Revision will derL die Abweisung der Klage erreichen.

     

    Der BGH hat die Revision des L zurückgewiesen. Nach Ansicht des Senats enthält eine Vereinbarung, mit dr ein Mann in die heterologe künstliche Befruchtung einer Frau mit dem Ziel einwilligt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, regelmäßig zugleich einen berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, § 328 Abs. 1 BGB. Daraus ergibt sich für den Mann gegenüber dem Kind die Pflicht, wie ein rechtlicher Vater für dessen Unterhalt zu sorgen. Die Einwilligung richtet sich auf die auf die Begründung einer der Vaterschaft entsprechenden Verantwortung und besteht in der Einwilligung in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten. Sie entspricht insoweit der Einwilligung i.S. von § 1600 Abs. 5 BGB, welche die Anfechtung der Vaterschaft durch einen rechtlichen Vater und die Mutter ausschließt. Dass im vorliegenden Fall keine rechtliche Vaterschaft begründet worden ist, weil der nicht mit der M verheiratete L die Vaterschaft nicht anerkannt hat, steht einer Unterhaltsverpflichtung nicht entgegen. Zwar hat der Gesetzgeber mit § 1600 Abs. 5 BGB das Ziel verfolgt, eheliche und nichteheliche Kinder gleich zu behandeln. Dieses ist allerdings nicht vollständig erreicht worden, weil das nichteheliche Kind erst durch die Anerkennung einen rechtlichen Vater erhält. Deswegen darf das nichteheliche Kind aber jedenfalls in Bezug auf den Unterhalt nicht schlechter gestellt werden als das eheliche.

     

    Die Erklärung des Mannes bedarf nach Ansicht des BGH keiner besonderen Form, was der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers in § 1600 Abs. 5 BGB entspricht. Ein Schutz vor übereilten Erklärungen ist in diesem Zusammenhang vom Gesetz nicht vorgesehen und kann auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitet werden. Im Unterschied zur (jeweils formbedürftigen) Anerkennung der Vaterschaft oder Adoption geht es hier nicht um die Übernahme der väterlichen Verantwortung für ein existierendes Kind. Vielmehr führt erst die Einwilligung des Mannes dazu, dass das Kind gezeugt und geboren wird. Weil dies dem Mann bei seiner Einwilligung auch bewusst ist, hat er wie ein rechtlicher Vater für den Unterhalt des Kindes einzustehen.

     

    Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 163/2015

    Quelle: ID 43615898