· Fachbeitrag · Trennungsunterhalt
Riskant: Beschränken des Trennungsunterhalts
von VRiOLG a.D., Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
| Den Trennungsunterhalt zu beschränken, ist gefährlich, da für die Zukunft nicht auf ihn verzichtet werden kann. Es ist schwierig, zwischen Beschränkung und Verzicht abzugrenzen. Dazu ein aktueller Fall des BGH. |
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt. Die Ehe der Antragstellerin (F) und des Antragsgegners (M) blieb kinderlos. Sie sind inzwischen rechtskräftig geschieden. Sie hatten einen notariellen Ehevertrag geschlossen, der den nachehelichen Unterhalt regelte. Darin haben sie außerdem geregelt, dass die Beteiligten im Wege einer sog. Unterhaltsvereinbarung erklären, dass für den Trennungsunterhalt die Modalitäten des nachehelichen Unterhalts greifen und insoweit eine Zahlungshöchstgrenze bzw. ein Nichtverlangen vereinbart sind. Im Übrigen haben sie Gütertrennung vereinbart und den VA ausgeschlossen. Die Pflicht des M, einen Trennungsunterhalt zu zahlen, steht zwischen ihnen nicht mehr im Streit. Die F macht jedoch weiteren Trennungsunterhalt geltend. Sie meint, in der Vereinbarung zum ehelichen Unterhalt liege ein unwirksamer Unterhaltsverzicht. Der M hält die Vereinbarung für wirksam. Im Übrigen hat er sich auf Verwirkung berufen und den konkreten Bedarf der Höhe nach bestritten. Das AG hat den M zu höherem Unterhalt verpflichtet. Das OLG hat den Antrag der F abgewiesen. Die Rechtsbeschwerde führt dazu, dass die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen wird.
|
|
Entscheidungsgründe
Der BGH hat sich mit § 1361 Abs. 4, § 1360a Abs. 3, § 1614 BGB auseinandergesetzt und geprüft, ob ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt vorliegt, der unwirksam ist und nach § 134 BGB nichtig ist. Das Verbot des Verzichts auf künftigen Trennungsunterhalt darf auch nicht durch ein sog. pactum de non petendo umgangen werden. Das Versprechen des Unterhaltsberechtigten, keinen Unterhalt geltend zu machen, berührt zwar den Bestand des Unterhaltsanspruchs nicht, begründet aber eine Einrede dagegen, die wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis führt wie ein Unterhaltsverzicht. Deswegen handelt es sich um ein unwirksames Umgehungsgeschäft.
Beim Ehevertrag kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten einen Verzicht wollten, sondern ob der kraft Gesetzes zustehende Unterhalt objektiv verkürzt wurde. Der Unterhaltsberechtigte darf seine Rechte auch nicht aufgeben, wenn ihm hierfür eine gleichwertige Gegenleistung gewährt worden ist.
Bei der Bemessung des Unterhalts besteht ein Spielraum, innerhalb dessen interessengerechte, angemessene Regelungen vereinbart werden können. Nur eine Abrede, die unterhalb eines solchen Rahmens des angemessenen Unterhalts liegt, ist unwirksam.
MERKE | Wird der ermittelte Unterhalt von bis zu 20 Prozent unterschritten, ist dies noch als angemessen und damit hinnehmbar zu erachten, während eine Unterschreitung um 1/3 im Regelfall als mit § 1614 Abs. 1 BGB unvereinbar gesehen wird. In dem dazwischenliegenden Bereich ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (OLG Hamm FamRZ 01, 1023, 1024; 07, 732, 733; OLG Düsseldorf MDR 00, 1252 ; OLG Köln FamRZ 83, 750, 752; Wendl/Bömelburg Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 4 Rn. 85). |
Um dies zu klären, ist der angemessene Unterhalt zu berechnen. Sonst lässt sich nicht erkennen, ob ein Verzicht vorliegt. Das OLG hat offengelassen, wie der aufgrund der gehobenen Einkommensverhältnisse geltend gemachte konkrete Bedarf der F zu beurteilen ist. Der Senat ist dem Einwand des M nicht nachgegangen, die F treffe eine Erwerbsobliegenheit. Dies war zu prüfen, auch wenn sich andere Teile des Ehevertrags als für die F vorteilhaft erweisen. Die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten. Sie wird nicht durch Vereinbarung zu anderen Gegenständen berührt.
Der Verzicht ist nach § 1614 BGB nicht nur nichtig, wenn der Unterhaltsberechtigte sozialhilfebedürftig wird. Denn § 1614 BGB hat nicht ausschließlich öffentliche Interessen im Blick, sondern dient auch dem Interesse des Unterhaltsberechtigten.
Für das weitere Verfahren gilt: Für die Frage der Nichtigkeit kann kein genereller Maßstab herangezogen werden. Vielmehr kommt es in erster Linie auf Folgendes an: Weicht der vereinbarte Unterhalt so erheblich von dem rechnerisch ermittelten Unterhalt ab, dass er nicht mehr als angemessen angesehen werden kann, wenn man alle Umstände berücksichtigt?
Relevanz für die Praxis
Für die Vergangenheit kann aber auf Trennungsunterhalt verzichtet werden. Wird Trennungsunterhalt für längere Zeit nicht geltend gemacht, liegt darin noch kein Verzicht. Es ist aber zu prüfen, ob der Berechtigte einen triftigen Grund für einen solchen Verzicht hatte und ob nicht eine andere Erklärung dafür naheliegt, dass er keinen Unterhalt fordert (BGH FamRZ 81, 763).
Wird Unterhalt verspätet geltend gemacht, kann der Unterhaltsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwirken, wenn das Zeit- und Umstandsmoment erfüllt sind (BGH FamRZ 02, 1698).
Sind die Regelungen zum Trennungsunterhalt nichtig, ist zu prüfen, ob eine etwaige Teilnichtigkeit auch die weiteren Bestimmungen in der notariellen Vereinbarung umfasst. Dies ist davon abhängig, ob und inwieweit ein enger Zusammenhang zwischen den einzelnen Vereinbarungen besteht und nach dem Willen der Parteien bestehen soll. Ob es sich bei der gemeinsamen beurkundeten Trennungs- und Scheidungsfolgenregelung aufgrund eines Einheitlichkeitswillens der Parteien um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, ist dadurch festzustellen, dass der Parteiwillen ermittelt und ausgelegt wird.
Nach ständiger Rechtsprechung gilt: Werden mehrere Vereinbarungen gemeinsam in einer Urkunde aufgenommen, besteht eine tatsächliche Vermutung für einen Einheitlichkeitswillen. Dies gilt auch, wenn von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen ist. Es muss weiter ermittelt werden, ob die Eheleute die gleichen Vereinbarungen auch getroffen hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass ein Verzicht auf Trennungsunterhalt oder eine ihm gleichstehende Beschränkung des Rechts auf Geltendmachung von Trennungsunterhalt für die Zukunft nicht wirksam vereinbart werden kann.
Insoweit ist auch zu prüfen, ob der unwirksame Ausschluss von Trennungsunterhalt ggf. durch Leistungen ausgeglichen worden ist, die dem berechtigten Ehegatten bei der Auseinandersetzung über die Scheidungsfolgen zugesagt worden sind. Dazu hat der BGH ausgeführt, dass sich dies nicht auf die Wirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt auswirkt. Es ist allerdings wichtig für die Frage des Einheitlichkeitswillens.
Beim pactum de non petendo gilt: Auch wenn die Parteien im Vertrag einen Verwirkungsgrund angeben, um Eingriffe in den Trennungsunterhalt zu rechtfertigen, ist es unerheblich, wenn dieser Verwirkungsgrund tatsächlich nicht besteht. Der BGH weist darauf hin, dass der Schutzzweck von § 1614 BGB es generell verbietet, dem Unterhaltsberechtigten unter Hinweis auf den Parteiwillen den Unterhaltsanspruch zu versagen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, dass die Ehegatten in einer Parteivereinbarung, der im Übrigen das Risiko einer unrichtigen Tatsachenermittlung oder falsche Einschätzung der Rechtslage anhaftet, eine den Trennungsunterhaltsanspruch ausschließende Situation darstellten und diese abschließend durch ein pactum de non petendo unangreifbar machen könnten. Daher muss geprüft werden, ob ein Verwirkungsgrund tatsächlich gegeben ist, um festzustellen, ob tatsächlich in den Trennungsunterhalt eingegriffen werden darf.
Weiterführender Hinweis
- BGH FuR 14, 477, ebenfalls zum Trennungsunterhalt im Rahmen eines Ehevertrags