· Fachbeitrag · Bagatellklausel
Anwendung des § 18 VersAusglG auf Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung
von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
(BGH 30.11.11, XII ZB 344/10, FamRZ 12, 192, Abruf-Nr. 120102) |
Sachverhalt
Beide Eheleute haben in der Ehezeit Anrechte der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann in den alten Bundesländern ein Anrecht im Ausgleichswert von 0,4281 Entgeltpunkten (korrespondierender Kapitalwert 2.286,16 EUR) und in den neuen Bundesländern ein Anrecht im Ausgleichswert von 0,0328 Entgeltpunkten (Ost) (korrespondierender Kapitalwert 146,74 EUR), die Ehefrau in den alten Bundesländern ein Anrecht im Ausgleichswert von 1,8131 Entgeltpunkten (korrespondierender Kapitalwert 9.682,43 EUR). Das AG hat das Anrecht der Ehefrau ausgeglichen und nach § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG von einem Ausgleich der Anrechte des Ehemanns abgesehen, weil deren Ausgleichswerte die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG nicht übersteigen. Das OLG Stuttgart hat die Beschwerde der Ehefrau mit der Begründung zurückgewiesen, von einem Ausgleich geringfügiger Anrechte sei grundsätzlich abzusehen (FamRZ 11, 41). Besondere Gründe, die einen Ausgleich erforderten, seien vorliegend nicht gegeben. Auf die Rechtsbeschwerde der Ehefrau hat der BGH auch die Anrechte des Ehemanns intern geteilt.
Entscheidungsgründe
Die Bagatellklausel des § 18 VersAusglG ist mit der Verfassung vereinbar. Zwar folgt aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG die gleiche Berechtigung der Ehegatten an den in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten. Dem trägt der in § 1 Abs. 1 VersAusglG normierte Halbteilungsgrundsatz Rechnung. Für bestimmte Fallkonstellationen kann jedoch ein Bedürfnis für die Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz bestehen. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie dem Versorgungsausgleich (VA) und aus Praktikabilitätsgründen typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein können und dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten grundsätzlich hingenommen werden müssen (BVerfG FamRZ 06, 1000). Mit der Bagatellklausel des § 18 VersAusglG soll ein hoher Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger vermieden werden, der durch die Teilung eines Anrechts und die Aufnahme eines neuen Versorgungsanwärters verursacht wird, aber im Hinblick auf geringwertige auszugleichende Anrechte unverhältnismäßig wäre. Dies ist grundsätzlich eine hinreichende Legitimation dafür, ein Anrecht vom VA auszuschließen. Dadurch, dass der Gesetzgeber dem Familiengericht einen Ermessensspielraum eröffnet hat, ist die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Grenzen im konkreten Einzelfall gewährleistet.
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