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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    § 27 VersAusglG: Kriterien der Billigkeitsabwägung

    von RiOLG Dr. Frank Bruske, Hamm

    | Ergebnis einer Billigkeitsabwägung nach § 27 VersAusglG kann sein, dass der Versorgungsausgleich (VA) ausnahmsweise nicht stattfindet. Der Beitrag stellt Kriterien für diese Billigkeitsabwägung dar. Darüber hinaus werden Fragen zur Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs (§ 19 VersAusglG) erörtert. |

     

    1. Ausschluss des VA, § 27 VersAusglG

    Das Gericht beschränkt den VA oder schließt diesen nur aus, wenn er grob unbillig ist. Dies ist nach S. 2 der Vorschrift nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Dazu der Fall des OLG Hamm:

     

    • Der Fall des OLG Hamm (21.5.15, 4 UF 17/15, Abruf-Nr. 145104)

    Die Beteiligten haben am 30.12.03 geheiratet. Sie trennten sich am 25.6.08. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 17.5.13 rechtshängig. Der Antragsteller (M) war während der Ehezeit selbstständig tätig. Seine Firma meldete er zum 30.12.10 ab. Seit dem 1.3.11 bezieht er Rente. Im Juni des gleichen Jahres ist über sein Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Die Antragsgegnerin (F), eine beamtete Lehrerin, ist im Vorruhestand und wird im Juli 2016 pensioniert. Sie hat dem Scheidungsantrag zugestimmt. Hinsichtlich des VA vertritt sie die Ansicht, dieser sei gem. § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit auszuschließen, jedenfalls aber zu beschränken. Sie habe auf Drängen des M eine teure Eigentumswohnung für ein gemeinsames altersgerechtes Wohnen erworben. Sämtliche Kosten habe sie allein tragen müssen. Der M habe so gut wie nichts zu den übrigen Lebenshaltungskosten beigetragen. Infolge der Scheidung könne sie die Kosten der Wohnung schwerlich von ihrer nach Durchführung des VA reduzierten Rente bezahlen. Zudem habe der M sie betrogen, was zu einem Suizidversuch ihrerseits geführt habe. M habe während seiner selbstständigen Tätigkeit auf großem Fuß gelebt und keinerlei Altersvorsorge betrieben. Aufgrund des Verkaufs seiner Firma verfüge er über erhebliches Vermögen, weshalb er auf die Durchführung des VA nicht angewiesen sei. Ferner sei die lange Trennungsdauer, die die tatsächliche Ehezeitdauer übertreffe und der Umstand zu beachten, dass sie während der Trennungszeit einen wesentlichen Teil ihrer Altersvorsorge erzielt habe. Der M ist dem Antrag entgegengetreten. Das Familiengericht hat die Ehe geschieden und den VA durchgeführt. Dabei hat es den VA gem. § 27 VersAusglG in der Weise beschränkt, dass es beim Ausgleich der Anwartschaften auf den 31.5.09 als frühestmöglichen Endtermin für die Zustellung des Scheidungsantrags abgestellt hat. Hiergegen wendet sich der M mit seiner Beschwerde. Die F habe zwischen dem vom Gericht zugrunde gelegten Stichtag und dem tatsächlichen Ende der Ehezeit nur eine zusätzliche Anwartschaft i.H. von 103 EUR erzielt. Den Erwerb der Luxuswohnung habe sie allein entschieden. Während der Zeit seiner Selbstständigkeit habe er wegen konjunktureller Schwankungen keine weiteren Altersversorgungsanwartschaften aufbauen können. Die Entscheidung des Gerichts könne auch nicht mit der Dauer der Trennungszeit begründet werden, da ein Zeitraum von fünf Jahren nicht als lang zu qualifizieren sei.