· Fachbeitrag · Externe Teilung
Auswahl und Konkretisierung der Zielversorgung
von VRiOLG a.D. Hartmut Wick, Celle
| Ist ein Anrecht nach § 14 VersAusglG extern zu teilen, kann der Ausgleichsberechtigte den Träger der sog. Zielversorgung mit dessen Zustimmung auswählen. Der BGH hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen dieser Versorgungsträger sein Einverständnis nachträglich abändern kann und welche Konsequenzen dies für den Ausgleichsberechtigten hat. |
Sachverhalt
Die geschiedenen Eheleute M und F streiten über die externe Teilung eines Versorgungsanrechts. Der ausgleichspflichtige M hat in der Ehezeit ein betriebliches Anrecht aus einer Direktzusage erworben. Die ausgleichsberechtigte F hatte als Zielversorgung die Versicherungsgesellschaft LV ausgewählt und deren Bereitschaft belegt, für die F in Höhe des Ausgleichswerts von 30.562 EUR eine Rentenversicherung nach Maßgabe eines konkreten Versicherungstarifs zu begründen. Das AG hat das Anrecht des M auf dieser Grundlage extern geteilt und den betrieblichen Versorgungsträger verpflichtet, einen Betrag in Höhe des Ausgleichswerts nebst Zinsen und Zinseszinsen an die LV zu zahlen. Auf die Beschwerde der LV hat das OLG die Pflicht, Zinseszinsen zu zahlen, aufgehoben und das weitergehende Rechtsmittel zurückgewiesen. Auf ihre Rechtsbeschwerde hat der BGH die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen.
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(Abruf-Nr. 210942) |
Entscheidungsgründe
Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass das betriebliche Anrecht des M auf Verlangen des Versorgungsträgers gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG extern zu teilen ist. Denn es handelt sich um ein Anrecht aus einer Direktzusage, dessen Ausgleichswert am Ende der Ehezeit den nach § 17 VersAusglG maßgeblichen Höchstbetrag von 72.600 EUR nicht übersteigt.
LV hat ihr Einverständnis in zulässiger Weise geändert
Der Ausgleichsberechtigte kann bei der externen Teilung die Zielversorgung wählen, § 15 Abs. 1 VersAusglG. Er muss zugleich nachweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der Teilung einverstanden ist, § 222 Abs. 2 FamFG. Die F hat sich für die LV entschieden und deren Einverständnis belegt. Ihre Wahl ist aber hinfällig geworden, da die LV die Bedingungen, zu denen sie ihr Einverständnis erklärt hatte, in zulässiger Weise nachträglich geändert hat. Mit dem Einverständnis (§ 222 Abs. 2 FamFG) muss der Zielversorgungsträger nicht nur seine Bereitschaft erklären, den Berechtigten als neuen Versicherten aufzunehmen. Er muss auch das vorgesehene Versicherungsverhältnis ‒ etwa durch Angabe der Tarifbezeichnung oder der Policennummer eines bestehenden Vorsorgevertrags ‒ konkretisieren. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Versorgungsträger sein Einverständnis frei widerrufen oder ändern kann. Jedenfalls kann er seine Einverständniserklärung nachträglich anpassen, wenn es ihm ‒ wie hier ‒ aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen nicht mehr gestattet ist, neue Versicherte noch zu dem früher angebotenen Tarif aufzunehmen.
Lebensversicherungsunternehmen unterliegen bei der Begründung neuer Versicherungsverhältnisse den Beschränkungen des Aufsichtsrechts. Deshalb können sie durch ein Einverständnis nicht so weit gebunden sein, dass sie einen Vertrag unter Verstoß gegen die versicherungsaufsichtsrechtlichen Schutzbestimmungen schließen müssten. Gem. § 138 Abs. 1 S. 1 VAG müssen die Prämien in der Lebensversicherung versicherungsmathematisch zuverlässig so kalkuliert werden, dass das Unternehmen seinen Pflichten nachkommen und insbesondere für die einzelnen Verträge ausreichende Deckungsrückstellungen bilden kann. Gem. dem Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 138 Abs. 2 VAG) dürfen bei gleichen Voraussetzungen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden. Gegen diese aufsichtsrechtlichen Vorgaben würde verstoßen, wenn mit der Rechtskraft der Entscheidung über den VA ein neues Versicherungsverhältnis noch zu Bedingungen begründet würde, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit angemessenen versicherungsmathematischen Annahmen unterlegt sind und anderen Interessenten nicht mehr offenstehen.
Hier hatte die LV einen Garantiezins zugesagt, der sich an dem bis 31.12.16 geltenden Höchstzinssatz von 1,25 Prozent orientierte. Nachdem der Höchstzinssatz am 1.1.17 auf 0,9 Prozent abgesenkt worden war, hatte die LV den bisherigen Tarif jedoch geschlossen, einen neuen Tarif mit entsprechend angepasstem Garantiezins eröffnet und neue Prämien nach Maßgabe der veränderten versicherungsmathematischen Annahmen kalkuliert. Da der frühere Tarif anderen Versicherten nicht mehr offenstand, war die LV verpflichtet, auch ihre gegenüber der F erteilte Zusage an die neue Tarifkalkulation anzupassen.
Zwar wird gem. § 2 Abs. 2 S. 2 DeckRV bei einem Versicherungsvertrag, der bei einer internen Teilung zugunsten des Berechtigten geschlossen wird, auch der dem ursprünglichen Versicherungsvertrag zugrunde liegende, also ein nicht mehr aktueller Rechnungszins (weiter-)verwendet. Dies gilt aber nur für die interne Teilung. Grund: Vor der Teilung bestand bereits ein Vertragsverhältnis mit dem Ausgleichspflichtigen im Umfang des ungeteilten Anrechts, das zu den bei Vertragsschluss geltenden Bedingungen geschlossen worden war und dessen Wirkungen sich nach der Teilung in Gestalt des bei beiden Ehegatten jeweils verbleibenden Teilanrechts fortsetzen.
Der Zielversorgungsträger ist daher berechtigt, nach Schließung des zuvor angebotenen Tarifs seine Einverständniserklärung gem. den aufsichtsrechtlichen Notwendigkeiten anzupassen. Dies kann noch bis zum Erlass der letzten tatrichterlichen Entscheidung geschehen. In diesem Fall wird aber auch die vom Ausgleichsberechtigten getroffene Wahl der Zielversorgung hinfällig. Denn diese bezog sich auf das konkrete Angebot des Zielversorgungsträgers mit dem darin zugrunde gelegten früheren Tarif. Der Berechtigte muss Gelegenheit erhalten, sein Wahlrecht unter den geänderten Bedingungen neu auszuüben. Auf diese Möglichkeit hat ihn das Gericht hinzuweisen.
F kann die Zielversorgung erneut auswählen
Vorliegend kann die externe Teilung nicht mehr zu den ursprünglich angebotenen Bedingungen durchgeführt werden, da die LV ihr Einverständnis modifiziert hat. Mit der Zurückverweisung der Sache an das OLG erhält die F Gelegenheit, die Wahl einer Zielversorgung zu erneuern.
Für das weitere Verfahren weist der BGH noch auf Folgendes hin:
- Die für das Anrecht des Ausgleichspflichtigen maßgebliche Versorgungsordnung braucht in der Beschlussformel der Entscheidung zur externen Teilung nicht benannt zu werden. Denn die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung beschränkt sich in Bezug auf das auszugleichende Anrecht in der Anordnung seiner Teilung und der Festsetzung des Zahlbetrags nach § 14 Abs. 4 VersAusglG.
- Das im Wege externer Teilung für den Berechtigten geschaffene Anrecht muss im Entscheidungstenor nicht konkretisiert werden, wenn es bei einem der in § 15 Abs. 5 VersAusglG genannten Auffangversorgungsträger begründet wird. Denn der Inhalt dieser Anrechte richtet sich nach dem SGB VI oder nach der Satzung der Versorgungsausgleichskasse.
- Wird jedoch für den Ausgleichsberechtigten ein neues Anrecht bei einer privaten Zielversorgung begründet, sind im Hinblick auf die rechtsgestaltende Wirkung der Entscheidung die für die Zielversorgung maßgeblichen Bedingungen (z. B. durch Bezugnahme auf das Versicherungsangebot) in den Beschlusstenor aufzunehmen, um den konkreten Inhalt des mit der Entscheidung begründeten Anrechts klarzustellen. Außerdem wird so sichergestellt, dass das Versicherungsverhältnis zu denjenigen Konditionen zustande kommt, die das Gericht seiner nach § 15 Abs. 2 VersAusglG durchzuführenden Angemessenheitsprüfung zugrunde gelegt hat.
Relevanz für die Praxis
Der BGH bejaht erneut die Verfassungsmäßigkeit des § 17 VersAusglG, der die externe Teilung betrieblicher Anrechte aus einer Direktzusage bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (und damit zu gegenüber § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG um mehr als das Zehnfache erhöhten Ausgleichswerten) erlaubt (BGH FK 17, 27). Das OLG Hamm hat die Bestimmung dagegen dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt (FamRZ 19, 688). Es hat dazu verschiedene Stellungnahmen (u. a. des Deutschen Anwaltsvereins, der die Ansicht des OLG Hamm teilt) eingeholt und mündliche Verhandlung anberaumt.
MERKE | Die externe Teilung eines betrieblichen Anrechts aus einer Direktzusage kann insbesondere bei hohen Ausgleichswerten, bei einem länger zurückliegenden Ehezeitende und bei Wahl einer privaten Zielversorgung für den Ausgleichsberechtigten zu erheblichen Transferverlusten führen. Deshalb ist diesem insbesondere bei diesen Fallgestaltungen zu empfehlen, eine Aussetzung des VA-Verfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG zu beantragen. |
Ist ein betriebliches Versorgungsanrecht auf Verlangen des Versorgungsträgers extern zu teilen, muss der Ausgleichsberechtigte gem. § 15 Abs. 1 VersAusglG einen Zielversorgungsträger auswählen, wenn er vermeiden will, dass für ihn gem. § 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG ein Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse begründet wird (zu den damit verbundenen Folgen vgl. Wick, Der Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rn. 506). Als Zielversorgung kommen insbesondere zertifizierte private Versicherungen und die gesetzliche Rentenversicherung in Betracht, § 15 Abs. 4 i. V. m. den Abs. 2 und 3 VersAusglG. Das Gericht muss dem Ausgleichsberechtigten Gelegenheit geben, sein Wahlrecht auszuüben. Gem. § 222 Abs. 1 FamFG muss es ihm dazu eine Frist setzen. Dabei handelt es sich aber um keine Ausschlussfrist. Mit der Fristsetzung soll nur das Verfahren gefördert werden. Das Gericht muss eine Wahl deshalb nach h. M. auch noch berücksichtigen, wenn sie erst nach Fristablauf ausgeübt worden ist, ggf. auch noch in der Beschwerdeinstanz (OLG Frankfurt 29.5.19, 4 UF 163/18; OLG Oldenburg 14.10.19, 11 UF 148/19). Gleichwohl ist den Ausgleichsberechtigten und ihren Anwälten zu raten, eine vom Gericht gesetzte Frist einzuhalten bzw. rechtzeitig um Fristverlängerung nachzusuchen, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
Der Ausgleichsberechtigte muss nicht nur die gewählte Zielversorgung benennen, sondern auch deren Einverständnis nachweisen. Bei Wahl einer privaten Versicherung muss das Einverständnis laut BGH auch bereits eine Konkretisierung des vorgesehenen Versicherungsverhältnisses beinhalten. Damit soll gewährleistet werden, dass das Gericht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 und 3 VersAusglG prüfen und einen Beschlusstenor entwerfen kann, der die konkrete Benennung der für die Zielversorgung maßgeblichen Bedingungen enthält.
Der benannte Zielversorgungsträger kann sein Einverständnis widerrufen, wenn sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages zwischenzeitlich so wesentlich geändert haben, dass er daran nicht mehr festgehalten werden kann. Zwingende Folge: Auch der Ausgleichsberechtigte ist nicht mehr an die Wahl gebunden. Er kann sein Wahlrecht neu ausüben. Darauf muss ihn das Gericht ausdrücklich hinweisen. Er kann entweder das Einverständnis des bisherigen Versorgungsträgers zum Abschluss eines Versicherungsvertrags zu aktuellen Konditionen einholen oder auch eine andere Zielversorgung benennen. Im Hinblick auf die gesunkenen Garantiezinsen der privaten Versicherungsträger liegt es jetzt nahe, die gesetzliche Rentenversicherung als Zielversorgung zu wählen, deren Anpassungssätze in den letzten zehn Jahren jährlich durchschnittlich rund 2 Prozent betrugen.
MERKE | Zu beachten sind die Hinweise des BGH zur Fassung der Beschlussformel. Wird ein Anrecht bei einem privaten Zielversorgungsträger begründet, müssen die für die Zielversorgung maßgeblichen Bedingungen in den Beschlusstenor aufgenommen werden, um den konkreten Inhalt des begründeten Anrechts mit rechtsgestaltender Wirkung festzustellen. |