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  • · Fachbeitrag · Interne Teilung

    Sicherungshalber abgetretene Anrechte im VA

    von VRiOLG a.D. Hartmut Wick, Celle

    • 1. Im Versorgungsausgleich kann ein sicherungshalber abgetretenes Anrecht aus einer privaten Lebensversicherung intern ausgeglichen werden (im Anschluss an Senatsbeschluss FamRZ 11, 963).
    • 2. Dabei ist in der Beschlussformel auch auszusprechen, dass der Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung auf Rückgewähr des Bezugsrechts auf beide Ehegatten als Mitgläubiger übertragen wird.

    (BGH 7.8.13, XII ZB 673/12, FamRZ 13, 1715, Abruf-Nr. 140706)

     

    Sachverhalt

    M hat in der Ehezeit ein Anrecht aus einem auf Zahlung einer Rente gerichteten privaten Lebensversicherungsvertrag erworben. Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag hatte er zur Besicherung eines Darlehens abgetreten. Das Darlehen ist in monatlichen Raten zu tilgen. Das Familiengericht hat das Anrecht intern geteilt. Die dagegen gerichteten Rechtsmittel des Versicherungsunternehmens blieben sowohl beim OLG als auch beim BGH erfolglos.

    Entscheidungsgründe

    Zwar sind nur solche Anrechte in den Versorgungsausgleich (VA) einzubeziehen, die wirtschaftlich einem Ehegatten zustehen, nicht dagegen Anrechte, die einem Dritten zustehen. Das Anrecht aus einer Rentenversicherung (RV) gehört jedoch auch zum Vermögen des Ehegatten, wenn es abgetreten ist, um eine Darlehensschuld zu besichern. Denn mit der Sicherungsabtretung allein hat sich der Ehegatte seiner Rechte aus der RV noch nicht endgültig begeben. Die mit dem Darlehensgeber getroffene Sicherungs- und Tilgungsabrede hindert den Darlehensnehmer nicht, das Darlehen auf andere Weise zu tilgen. Soweit dadurch die Darlehensschuld abgelöst wird, wird die zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung frei und steht wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer (VN) zu (vgl. BGH FamRZ 11, 963).

     

    Versorgungsanrecht wandelt sich nicht in güterrechtlichen Anspruch um

    Das durch den Versicherungsvertrag begründete Rentenrecht hat durch die Sicherungsabtretung nicht den Charakter eines Versorgungsanrechts verloren. Es hat sich nicht in einen güterrechtlich auszugleichenden Rückübertragungsanspruch gegen den Sicherungsnehmer (SN) auf Freigabe gemäß der Sicherungsabrede gewandelt. Die Sicherungsabtretung ergreift nicht den gesamten Versicherungsvertrag. Sie bedeutet i.d.R. nur einen eingeschränkten Widerruf des Bezugsrechts. Die Rechtsposition des Ehegatten als VN wird nicht völlig beseitigt. Vielmehr tritt sie nur insoweit zurück, als dies erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. Deshalb wird der SN zwar erstrangiger Bezugsberechtigter für den Fall, dass während der Sicherungsabtretung der Versicherungsfall eintritt. Der Ehegatte bleibt jedoch Bezugsberechtigter, wenn auch nachrangig hinter dem SN. Auch diese Rechtsstellung verkörpert ein Versorgungsanrecht i.S. des VersAusglG. Wird die Sicherheit nach Beendigung des Sicherungszwecks freigegeben, erhält der Ehegatte seine frühere Rechtsstellung in Bezug auf das Versorgungsanrecht zurück. Der auf die Freigabe gerichtete Rechtsanspruch wird nicht güterrechtlich erfasst.

     

    MERKE | Wird die Versicherungsleistung zur Auszahlung fällig, bevor der Sicherungszweck entfallen und der Rückübertragungsanspruch fällig geworden ist, entsteht Teilgläubigerschaft: Das Bezugsrecht steht dem SN nur i.H. der gesicherten Forderung zu, im Übrigen dem früheren Bezugsberechtigten. Auch in diesem Teilerhalt der Versorgungsleistung bestätigt sich, dass die Sicherungsabtretung den Charakter eines Versorgungsanrechts nicht vollständig hat entfallen lassen.

     

    Sicherungsabgetretenes Anrecht ist ausgleichsreif

    Einem sicherungsabgetretenen Anrecht fehlt auch nicht die zur Einbeziehung in den Wertausgleich bei der Scheidung erforderliche Ausgleichsreife. Durch die Abtretung wird das verfestigte Anrecht nicht gegenüber dem Versorgungsträger infrage gestellt und auch nicht das Bezugsrecht insgesamt widerrufen. Vielmehr wird nur ein Rangrücktritt bewirkt. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG will demgegenüber verhindern, dass ein Anrecht ausgeglichen wird, dessen Entstehung oder Leistungsumfang bei Ehezeitende noch ungewiss ist.

     

    Schuldrechtlicher Rückgewähranspruch muss abgetreten werden

    Die interne Teilung ist auch rechtlich durchführbar. Trotz einer Sicherungsabtretung behält der VN das Recht, das bei ihm selbst oder einem Dritten verbliebene nachrangige Bezugsrecht auf einen anderen zu übertragen. In einem solchen Fall muss nur zusätzlich der schuldrechtliche Rückgewähranspruch aus der Sicherungsvereinbarung an den einrückenden nachrangigen Bezugsberechtigten abgetreten werden. Bei der internen Teilung kann dies dadurch gewährleistet werden, dass durch die gerichtliche Entscheidung nicht nur der [hälftige] Ehezeitanteil am nachrangigen Bezugsrecht auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen wird. Vielmehr muss auch der Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung auf Rückgewähr des Bezugsrechts auf beide Ehegatten als Mitgläubiger (§ 432 BGB) übertragen werden. Dadurch wird ein eigenständiges und gesichertes Anrecht i.S. des § 11 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG geschaffen. Denn eine Erweiterung der Sicherungszweckabrede zulasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten wäre im Umfang der Übertragung des Rückgewähranspruchs auf ihn nicht mehr möglich.

     

    Von der Zustimmung des SN hängt die Durchführung der internen Teilung nicht ab. Dieser muss auch nicht am Verfahren beteiligt werden. Denn seine Mitwirkung oder Beteiligung wäre auch bei der Abtretung des Rückgewähranspruchs nicht erforderlich. Das Sicherungsrecht muss auch nicht in die Beschlussformel aufgenommen werden. Denn der Nachrang des übertragenen Anrechts gegenüber dem erstrangigen Bezugsrecht des SN bleibt unabhängig von der Entscheidung über den VA bestehen.

     

    Der internen Teilung steht auch nicht entgegen, dass das Sicherungsgut vermindert wird, wenn der Versorgungsträger Teilungskosten (§ 13 VersAusglG) berechnet und diese jeweils hälftig mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnet. Zwar wirkt sich der VA durch den Abzug dieser Kosten mittelbar auf den Wert des Sicherungsguts aus. Dies muss der SN jedoch hinnehmen. Seine Rechtsposition ist solchen gesetzlichen Veränderungen unterworfen, denen auch das Vollrecht in der Hand des Sicherungsgebers ausgesetzt wäre.

     

    Die interne Teilung scheitert auch nicht daran, dass das Anrecht nicht bewertet werden könnte. Zwar könnte aus einem nur nachrangigen Bezugsrecht für sich genommen kein Rückkaufswert realisiert werden, sofern der Anspruch auf den Rückkaufswert mit abgetreten ist. Für die Wertberechnung im VA kann jedoch unterstellt werden, dass der Sicherungsfall nicht eintritt, sondern die Schuldverpflichtung erfüllt wird. Daher ist der Rückkaufswert unabhängig von der Sicherungsabtretung des Bezugsrechts zugrunde zu legen.

     

    Schließlich steht der Teilung nicht entgegen, dass der spätere Rentenbezug des Ausgleichsberechtigten von der vorherigen Ablösung der Sicherheit abhängt. Denn soweit das dem Ausgleichsberechtigten übertragene Anrecht für den Sicherungszweck verwertet wird, kommt ein Aufwendungsersatzanspruch für ihn analog §§ 670, 683 BGB gegen den von der besicherten Schuld frei werdenden ausgleichspflichtigen Ehegatten in Betracht. Auch dadurch kann das übertragene Anrecht im Ergebnis verwirklicht werden.

    Praxishinweis

    Der BGH bestätigt seine zum früheren Recht vertretene Ansicht, dass ein Anrecht aus einem privaten RV-Vertrag auch in den VA einzubeziehen ist, wenn die Rechte daraus abgetreten sind, um ein Darlehen zu sichern. Dies gilt sogar, wenn das Darlehen bei Fälligkeit mit der Ablaufleistung der Lebensversicherung zurückgezahlt werden soll, weil der Darlehensnehmer nicht gehindert ist, das Darlehen auf andere Weise zu tilgen (BGH FamRZ 11, 963).

     

    Bei der internen Teilung überträgt das Gericht durch richterlichen Gestaltungsakt dem Ausgleichsberechtigten zulasten des Anrechts des Ausgleichspflichtigen ein Anrecht i.H. des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht des Ausgleichspflichtigen besteht, § 10 Abs. 1 VersAusglG. Bei einer privaten RV ergibt sich der Ausgleichswert aus der Hälfte des in der Ehezeit erworbenen Rückkaufswerts (§ 46 VersAusglG), ggf. vermindert um hälftige Teilungskosten, § 13 VersAusglG. Bei der Sicherungsabtretung muss der Beschlusstenor noch um einen Zusatz ergänzt werden, der sicherstellt, dass auch der schuldrechtliche Rückgewähranspruch aus der Sicherungsvereinbarung an den (teilweise) einrückenden Ehegatten mitübertragen wird.

     

    Beschlussformel / Interne Teilung eines sicherungsabgetretenen Anrechts (private RV)

    Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der A-Versicherung (Versicherungsnummer: ...) zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von ... EUR nach Maßgabe des Tarifs XYZ der Allgemeinen Versicherungsbedingungen vom ..., bezogen auf den ... (Ehezeitende), übertragen.

     

    Zusätzlich wird der Anspruch des Ehemanns gegen die B-Bank (Sicherungsnehmer) aus der Sicherungsvereinbarung vom ... auf Rückgewähr des Bezugsrechts aus der bei der A-Versicherung bestehenden Lebensversicherung (Versicherungsnummer: ...) auf beide Ehegatten als Mitgläubiger (§ 432 BGB) übertragen.

     

    Es greifen unterschiedliche Ausgleichssysteme

    Die Entscheidung des BGH hat zur Folge, dass das Anrecht aus der RV und die damit besicherte Darlehensverbindlichkeit verschiedenen Ausgleichssystemen zugeordnet werden. Das Versorgungsanrecht wird mit seinem vollen Nominalwert dem VA zugewiesen, während die Darlehensverbindlichkeit ggf. in einen Zugewinnausgleich (ZGA) einzubeziehen ist. Eine nach Ehezeitende erfolgende Darlehenstilgung verändert den Wert des Versorgungsanrechts nicht. Sie kommt auch dem ausgleichsberechtigten Ehegatten (als Mitgläubiger des Rückgewähranspruchs) zugute. Soweit keine Tilgung des Darlehens erfolgt und die RV vom SN verwertet wird, wandelt sich das Anrecht für den Ausgleichsberechtigten nach BGH in einen schuldrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Ausgleichspflichtigen.

     

    MERKE | Bei Gütertrennung wird das Darlehen nicht güterrechtlich ausgeglichen. Dennoch kommt dem im VA Ausgleichsberechtigten die nacheheliche Darlehenstilgung durch Zuwachs des Rückgewähranspruchs zugute.

     

    BGH regelt Vorgehensweise bei externer Teilung nicht

    Offen bleibt, wie zu verfahren ist, wenn der Versorgungsträger die externe Teilung (§ 14 VersAusglG) eines sicherungsabgetretenen Anrechts verlangt. Zwar ist die Sicherungsabtretung betrieblicher Anrechte durch § 4 BetrAVG und zertifizierter privater Anrechte durch § 2 Abs. 1 AltZertG i.V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG praktisch ausgeschlossen. Abtretbar sind jedoch Anrechte aus Verträgen der privaten RV, die nicht gemäß dem AltZertG zertifiziert sind. Eine externe Teilung derartiger abgetretener Anrechte dürfte jedenfalls insoweit nicht in Betracht kommen, als das Deckungskapital noch zur Besicherung benötigt wird. Denn der Träger der auszugleichenden Versorgung kann nicht verpflichtet werden, dieses Kapital dem SN zu entziehen, indem es an eine Zielversorgung ausgezahlt wird. Denkbar sind zwei Lösungen:

     

    • Entweder muss das Anrecht wegen Undurchführbarkeit der externen Teilung (gegen den Willen des Trägers der auszugleichenden Versorgung) intern geteilt werden oder
    • es muss als nicht ausgleichsreif behandelt und einem späteren schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten bleiben.

     

    MERKE | Eine ähnliche Problematik wie bei abgetretenen Anrechten tritt bei Anrechten auf, die von einem Drittgläubiger nach § 835 Abs. 1 ZPO gepfändet worden sind. Soweit das Anrecht dem Gläubiger nur zur Einziehung überwiesen worden ist, ist es zwar wirtschaftlich noch dem Ehegatten zuzuordnen. Es ist jedoch häufig damit zu rechnen, dass es verwertet wird und der Ehegatte das Anrecht verliert. Außerdem würde dem Gläubiger durch eine interne Teilung ein Teil des Sicherungsgegenstands entzogen. Deshalb werden gepfändete Anrechte als nicht ausgleichsreif angesehen (KG FamRZ 12, 1218; OLG Stuttgart FamRZ 13, 1658; OLG Hamm FamRZ 13, 1909).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 96.
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 67 | ID 42462939