· Fachbeitrag · Versorgungsausgleich
Versäumte Beschwerdefrist: Keine zulassungsfreie Revision gegen Verwerfungsbeschluss
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
Entscheidet das AG im Scheidungsverbund über eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hier: Versorgungsausgleich) und verwirft das Beschwerdegericht die dagegen gerichtete Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig, findet gegen den Verwerfungsbeschluss keine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde statt (BGH 13.11.13, XII ZB 414/13, FamRZ 14, 109; Abruf-Nr. 133996). |
Sachverhalt
Das AG hat durch Beschluss die Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich (VA) geregelt. Der Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 8.1.13 zugestellt worden. Am 28.2.13 hat der Antragsgegner gegen die im Verbund ergangene Entscheidung zum VA Beschwerde eingelegt und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist nachgesucht. Das OLG hat die Wiedereinsetzung versagt und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde ist erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung des Rechtsmittels gegen die Entscheidung zum VA ergibt sich nicht aus § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V. mit § 522 Abs. 1 S. 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die sich aus § 117 FamFG ergebenden Modifikationen und Ergänzungen des Rechtsmittelverfahrens nach §§ 58 ff. FamFG gelten nur für Ehe- und Familienstreitsachen, nicht aber für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass hier über den VA im Scheidungsverbund gemäß § 137 FamFG entschieden worden ist. Scheidungssachen und die einzelnen Folgesachen bleiben auch im Fall der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung im Verbund in verfahrensrechtlicher Hinsicht eigenständig. Deshalb gelten für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die als Folgesachen Teil einer Verbundentscheidung sein können, die §§ 58 ff. FamFG.
Daher richtet sich die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels hier nach § 68 Abs. 2 S. 1 FamFG. Hat das Beschwerdegericht im Anschluss an diese Prüfung eine Beschwerde in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig verworfen, beurteilt sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfungsentscheidung allein nach § 70 Abs. 1 FamFG. Die Rechtsbeschwerde ist daher nur für den Fall der Zulassung gegeben. Dies gilt auch, wenn dem Beschwerdeführer eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach §§ 17 ff. FamFG versagt worden ist. Da das OLG die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, war diese als unzulässig zu verwerfen.
Praxishinweis
Problematisch ist, dass Beschwerden in FG-Familiensachen gemäß § 65 Abs. 1 FamFG nicht begründet werden müssen, während Beschwerden gegen Ehe- und Familienstreitsachen gemäß § 117 Abs. 1 FamFG begründet werden müssen. Dies wirkt sich aus, wenn gegen eine Verbundentscheidung ein Rechtsmittel eingelegt wird, ohne zu konkretisieren, gegen welche Verbundsache sich das Rechtsmittel richtet. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sich das Rechtsmittel gegen die gesamte Verbundentscheidung richtet. Wird die Beschwerde nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet, ist nicht die gesamte Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, wenn auch FG-Familiensachen einbezogen worden sind. Dies gilt im Regelfall für den VA, der von Amts wegen mit zu entscheiden ist. Da es sich hierbei um eine FG-Familiensache handelt, braucht die Beschwerde dagegen nicht begründet zu werden. Bevor also das Rechtsmittel als unzulässig verworfen wird, ist zu klären, gegen welchen Teil der Verbundentscheidung sich das Rechtsmittel richtet. Sollte es sich gegen den VA richten, ist die Beschwerde zulässig. Sollte sie sich gegen die Ehesache oder eine andere Familienstreitsache richten, wäre die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Erst wenn dies geklärt ist, kann über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entschieden werden.
Dasselbe gilt bei Rechtsmittelerweiterungen und Anschlussrechtsmitteln im Verbundverfahren gemäß § 145 FamFG. Ist eine Verbundentscheidung teilweise durch Beschwerde oder Rechtsbeschwerde angefochten worden, gilt: Teile der einheitlichen Entscheidung, die eine andere Familiensache betreffen, können nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung angefochten werden. Das Rechtsmittel muss erweitert oder es muss an das Rechtsmittel angeschlossen werden.
Unklar war die Anschlussmöglichkeit, wenn sich die Beschwerde gegen den VA richtet. Wurde das Rechtsmittel nicht begründet, war fraglich, innerhalb welcher Frist eine Anschließung mit einer anderen Familiensache möglich war. Der Wortlaut des § 145 FamFG hat diesen Fall nicht erfasst. Der Gesetzgeber hat nun Abs. 1 dahingehend erweitert, dass dann, wenn keine Begründung des Rechtsmittels vorgeschrieben ist, an die Stelle der Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung die Bekanntgabe des Schriftsatzes steht, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wurde.
ACHTUNG | Wird gegen den VA Beschwerde eingelegt, kommt die Anschließung mit einer anderen Familiensache nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Beschwerdebegründung in Betracht. Hierauf muss der Verfahrensbevollmächtigte achten. Die Anschlussmöglichkeit nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Beschwerde gilt auch, wenn die Beschwerde gegen die FG-Familiensache tatsächlich begründet wird, obwohl es nicht nötig ist. Die Begründung oder mögliche Begründung hat also keinen Einfluss auf die Frist, um ein Anschlussrechtsmittel einzulegen. Daher darf sich der Verfahrensbevollmächtigte nicht dadurch irritieren lassen, dass der Rechtsmittelführer in Aussicht stellt, das Rechtsmittel gegen den VA innerhalb der gesetzlichen Frist zu begründen. Für ihn gilt zur Einlegung eines Anschlussrechtsmittels ausschließlich die Monatsfrist nach Zustellung der Beschwerde, unabhängig davon, ob das Rechtsmittel gegen die FG-Familiensache begründet wird oder nicht. |