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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Zufluss von Einnahmen bei Zwischenschaltung ausländischer Managementgesellschaften

    von ORR Dr. Michael Frank, Ulm

    Beauftragt ein Ingenieur („Freelancer“) Managementgesellschaften mit Sitz im Ausland seine Arbeitsstunden für ihn gegenüber dem inländischen Arbeitgeber abzurechnen, die entsprechenden Zahlungen entgegenzunehmen und nach seinen Weisungen auf verschiedene Konten weiterzuleiten, um im Inland nur einen Teil der Einkünfte zu versteuern, unterliegen auch die mit Gutschriften auf den Konten der Managementgesellschaften eingegangenen Zahlungen des Auftraggebers bzw. Arbeitgebers der inländischen Besteuerung (FG Baden-Württemberg 30.1.12, 10 K 5492/08, Abruf-Nr. 131139).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K, ein britischer Staatsangehöriger, arbeitete seit dem Jahr 2000 als Ingenieur in Deutschland. Zunächst war er als selbstständiger Ingenieur im Auftrag der Firma B in Großbritannien tätig. Bei der B handelte es sich um eine Gesellschaft, die projektbezogen Ingenieure an Kunden mit entsprechendem Bedarf an Beratungs- und Entwicklungsleistungen vermittelte und nach erfolgter Vermittlung die weitere Betreuung der Ingenieure gegenüber dem Auftraggeber übernahm. In den Jahren 2000 bis 2002 rechnete K seine Beratungsleistungen („Consultancy“) nicht gegenüber B, sondern gegenüber der Schweizer Firma S ab, von der er laut Bescheinigungen 57.808 EUR im Jahr 2000 und 50.206 EUR im Jahr 2002 erhielt. Diese Beträge erklärte der Kläger als Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit.

     

    Im Jahr 2000 stellte K zudem Rechnungen an die S über 113.304,30 DM (57.931 EUR), im Jahr 2001 über 115.464,45 DM (59.036 EUR), im Jahr 2002 über 47.075,40 EUR. Der ausweislich der Abrechnungen des K gegenüber der S vereinbarte Stundenlohn betrug 60,50 DM (31,50 EUR bzw. 31,30 EUR), wobei K die Anzahl der tatsächlich bei dem Unternehmen Z in Deutschland geleisteten Stunden auf einem von der B vorgegebenen Formular („Timesheet“) festhielt. In späteren Veranlagungszeiträumen war der Ingenieur teilweise als Arbeitnehmer angestellt, später wieder freiberuflich tätig. Auch hierbei schaltete er in den Abrechnungsweg Managementgesellschaften ein.

     

    Die Steuerfahndungsstelle leitete ein Steuerstrafverfahren gegen K ein, da die von K erklärten Einnahmen aus seiner Tätigkeit für einen Auftraggeber im Ausland nach der allgemeinen Prüfungserfahrung viel zu niedrig gewesen sind. Zugleich wandte sich die Steuerfahndung mit einem Auskunftsersuchen an die B und verlangte von ihr zur Ermittlung unbekannter Steuerfälle Auskunft über sämtliche von der B an andere Unternehmen vermittelte Personen, die über die S abgerechnet hatten. Danach hatte B für K an die S im Jahr 2001 insgesamt 256.220,48 DM, im Jahr 2002 rund 114.104,65 EUR, in 2005 genau 78.604,20 EUR und 99.937,80 EUR in 2006 gezahlt.

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG ist den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle und deren Rechtsaufassung gefolgt, wonach dem Ingenieur die Zahlungen an die Managementgesellschaften nach steuerrechtlichen Maßstäben zugeflossen sind und der inländischen Steuerpflicht unterliegen. Es handelt sich hier um ein häufig praktiziertes Steuerhinterziehungsmodell: Aufgabe der S war es, die von den Ingenieuren vorgefertigten Rechnungen an die Auftraggeber weiterzuleiten, den Zahlungseingang zu überwachen und nach den Vorstellungen des Ingenieurs weiterzuleiten. Ein Teil des Honorars wurde auf ein inländisches Konto ausgezahlt und über einen passend dazu gefertigten Vertrag zwischen S und dem Ingenieur sowie entsprechenden Rechnungen abgedeckt. Das restliche Honorar wurde auf einem Konto im Ausland deponiert. Die Zuordnung dieser Beträge, die auf Konten der S bei der Bank eingingen, erfolgte über die sogenannte Prefixnumber, einer Art Kundennummer. Die Firma S erhielt für ihre Leistungen Gebühren von 5,5 % bis 6 % der Beträge.

     

    Das FG führte aus, dass bei Zahlungen an einen Dritten der Zufluss gleichwohl beim Steuerpflichtigen selbst eintrete, wenn der Dritte zur Entgegennahme der Leistung berechtigt ist und die Vermögenswerte für den Steuerpflichtigen vereinnahmt (BFH 20.2.64, IV 4/61 U, BStBl III 64, 329). Da der Zufluss damit bereits abgeschlossen ist, komme es nicht mehr darauf an, ob die Vermögenswerte dem Steuerpflichtigen anschließend selbst zufließen (FG Hamburg 2.6.06, 6 K 430/03, Abruf-Nr. 131138). Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind im Streitfall die Zahlungen der Auftraggeber mit der Gutschrift auf den Konten der Managementgesellschaften zugeflossen, und zwar auch der Teil, der nicht auf das inländische Konto des K überwiesen worden war. Die einzige Funktion der Managementgesellschaft war es, erhaltene Zahlungen teilweise auf ausländische Konten umzuleiten. Dabei wurde durch entsprechend niedrigere Rechnungen die tatsächliche Höhe der Einkünfte verschleiert.

     

    K handelte nach Überzeugung des Senats vorsätzlich: Er hatte seine Stundensätze mit den Auftraggebern selbst verhandelt. K wusste daher, welche Honorare für seine Leistungen tatsächlich gezahlt wurden. Aus seinen Steuererklärungen war ihm bekannt, dass die Honorare als Einkünfte zu versteuern sind. Trotzdem erklärte er in seinen Steuererklärungen nur einen Teil davon. Er handelte daher mit direktem Vorsatz im strafrechtlichen Sinne. Die Klage wurde abgewiesen, Revision wurde nicht zugelassen.

     

    Praxishinweis

    Der vom FG BW entschiedene Sachverhalt steht stellvertretend für viele Einzelfälle, in denen Steuerfahndungsstellen seit einigen Jahren verstärkt ermitteln und Strafgerichte teilweise empfindliche Verurteilungen aussprechen. Einmal der Steuerhinterziehung überführte Freiberufler-Ingenieure verschlechtern ihre Arbeitschancen erheblich, gefährden als Ausländer ihre Aufenthaltstitel und bereiten ihren Auftraggebern Unannehmlichkeiten - z.B. durch die Beantwortung von Auskunftsersuchen der Finanzämter und die üblicherweise nicht kostenlos zu erhaltende juristische Begleitung von Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung in Zeugeneigenschaft (§ 103 StPO).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Frank, Prüfungserfahrungen: Ausländische IT-Ingenieure in deutschen Unternehmen, PStR 11, 311 f.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 116 | ID 38520820