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  • · Fachbeitrag · Fluchtgefahr

    Wiederinvollzugsetzung eines Haftbefehls

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA für StrR, Kanzlei Krause & Kollegen, Berlin

    Der Umstand, dass der Angeklagte nach dem persönlichen Eindruck der Kammer bis zuletzt eine bewährungsfähige Strafe erwartet hatte, deren Verhängung im Übrigen auch der Verteidiger in seinem Schlussplädoyer beantragt hatte, rechtfertigt keine Wiederinvollzugsetzung eines Haftbefehls nach der Verurteilung des Angeklagten zu einer nicht aussetzungsfähigen Freiheitsstrafe (OLG Hamm 7.8.12, III-2 Ws 252/12, Abruf-Nr. 122814).

    Sachverhalt

    Am 9.2.09 hatte das AG Bochum einen Haftbefehl erlassen und diesen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt. Darin wurden dem Beschwerdeführer zahlreiche Wirtschaftsstraftaten zur Last gelegt. Mit Beschluss vom 12.3.09 setzte das AG den Vollzug des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung von 100.000 EUR und weitere Auflagen aus. Am 24.1.11 erhob die StA Anklage, in der sie dem Beschwerdeführer zahlreiche Straftaten zur Last legte - unter anderem auch Steuerhinterziehung in vier Fällen. Kern der Anklage waren aber die Vorwürfe aus dem Haftbefehl.

     

    Am 1.9.11 ließ das LG die Anklage zur Hauptverhandlung zu und ordnete die Aufrechterhaltung des Haftbefehls nach Maßgabe des Haftverschonungsbeschlusses an. Gleichzeitig beschloss die Kammer die Verbindung des Verfahrens mit einem anderen beim LG anhängigen Verfahren gegen den Angeklagten unter gleichzeitiger Zulassung auch dieser Anklageschrift. Am 7. Hauptverhandlungstag trennte die Kammer einige Tatvorwürfe zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung ab. Ferner erteilte sie dem Angeklagten den Hinweis, dass hinsichtlich der angeklagten Vorwürfe der Steuerhinterziehung auch eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO in Betracht komme. Am 9.7.12 wurde der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit Beschluss vom selben Tage hat die Kammer die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls vom 9.2.09 unter Aufhebung des Haftverschonungsbeschlusses „nach Maßgabe des heute verkündeten Urteils“ angeordnet und sich den Erlass eines neuen, dem Urteil angepassten Haftbefehls vorbehalten. Daraufhin ist der Angeklagte unmittelbar nach der Urteilsverkündung festgenommen worden.