· Fachbeitrag · Insolvenz
Bilanzerstellung in der Krise
Ein Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7b und Abs. 6 StGB erfordert die Gleichzeitigkeit von Krise und Nichterstellung der Bilanz in der hierfür vorgeschriebenen Zeit. Tritt eine Überschuldung oder zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit erst später ein, kommt nur eine Strafbarkeit gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB in Betracht (OLG Stuttgart 30.5.11, 1 Ss 851/10, Abruf-Nr. 112332). |
Sachverhalt
X war Geschäftsführer der A-GmbH und der B-GmbH. Nach Ansicht des Instanzgerichts waren beide Gesellschaften spätestens seit dem 15.4.04 zahlungsunfähig. Obwohl X dies erkannt habe, habe er die Stellung der Insolvenzanträge bis zum 25.11.04 bewusst unterlassen. Darüber hinaus habe es X bewusst und in Kenntnis seiner Verpflichtung zur Bilanzerstellung unterlassen, hinsichtlich beider Gesellschaften innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist für die Erstellung der Bilanzen für die Geschäftsjahre 2002/2003 und 2003/2004 zu sorgen.
Entscheidungsgründe
Die gegen das Urteil gerichtete Revision der StA blieb erfolglos. Zu Recht habe die Strafkammer die Taten der Nichterstellung der Bilanzen für das Geschäftsjahr 2002/2003 lediglich als Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB und nicht als Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB gewürdigt. Die Frist zur Erstellung der Bilanzen für 2002/2003 lief - das Wirtschaftsjahr der A-GmbH und der B-GmbH endete am 31.3. - gemäß § 242 HGB, § 264 Abs. 1 HGB, § 42 GmbHG am 30.9.03 ab.
Somit trat die wirtschaftliche Krise im Sinne des Insolvenzstrafrechts erst nach dem vollständigen Ablauf der Bilanzerstellungsfrist ein. Ein Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB erfordert dem Wortlaut der Vorschrift nach jedoch die Gleichzeitigkeit von Krise und Nichterstellung der Bilanz in der hierfür vorgeschriebenen Zeit.
Praxishinweis
Die von der StA vorgebrachte Argumentation, dass derjenige, der nach Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist die Bilanz weiterhin nicht erstellt, fortlaufend gegen die Bilanzerstellungspflicht verstößt und einem Beschuldigten bei einem Dauerdelikt regelmäßig Veränderungen, die sich zwischen Vollendung (hier: des § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB) und Beendigung der Tat zu seinem Nachteil ergeben, anzulasten sind - vorausgesetzt der materielle Unrechtsgehalt der Tat besteht fort -, mag zutreffen. Dennoch wird die Nichtbilanzierung bei Eintritt der Krise nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist von § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB seinem klaren Wortlaut nach nicht mehr regelnd erfasst. Eine entgegenstehende, an den oben genannten Erwägungen und auch an Sinn und Zweck der Norm orientierte Auslegung verbietet der Wortsinn des Gesetzes. Hiernach greift vorliegend der mildere Straftatbestand. (CW)