· Fachbeitrag · Insolvenz
Geschäftsführer haftet für Lohnsteuer in der Krise
Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender LSt zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten stellt im Regelfall eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten dar. Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft ändern weder etwas an der Abführungspflicht des Geschäftsführers, noch schließen sie sein Verschulden bei Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten des Unternehmens aus (FG Köln 25.2.14, 10 K 2954/10, Abruf-Nr. 141664). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kläger ist als Geschäftsführer dafür persönlich in Haftung genommen worden, dass keine LSt für die Beschäftigten des Unternehmens abgeführt worden ist. Die Klage blieb erfolglos.
Sind im Zeitpunkt der Fälligkeit noch liquide Mittel zur Zahlung der LSt vorhanden, besteht die Verpflichtung des Geschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis ihm durch Bestellung eines (starken) Insolvenzverwalters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen wird (BFH 23.9.08, VII R 27/07, PStR 09, 28).
Praxishinweis
Folgende Punkte bzw. Entscheidungen des BFH sollte ein Geschäftsführer im Blick haben:
- Stehen nicht hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung, muss die Auszahlung des Lohns gekürzt werden, um die Liquidität für die Abführung der LSt zu gewährleisten.
- Die Erwartung, LSt-Rückstände später durch private Kredite, durch Realisierung von Außenständen, durch öffentliche Fördermittel oder eine Aufrechnung mit vermeintlichen Steuerguthaben ausgleichen zu können, entlastet den Geschäftsleiter in der Liquiditätskrise nicht von seiner Pflicht zur Kürzung der Löhne und zur Abführung der entsprechenden LSt. Allenfalls könnte es am Verschulden des Vertreters fehlen, wenn er aufgrund einer verbindlichen Zusage fest mit dem Eingang zusätzlicher Mittel gerechnet hat (BFH 6.7.05, VII B 296/04, BFH/NV 05, 1753).
- Die Verpflichtung des Geschäftsführers zur LSt-Abführung besteht solange, wie er die Verfügungsbefugnis über die liquiden Mittel des Unternehmens innehat. Diese Verfügungsbefugnis war ihm im Streitfall nicht durch die Bestellung eines sogenannten starken vorläufigen Insolvenzverwalters entzogen worden, da das Gericht kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur einen Zustimmungsvorbehalt beschlossen hatte (schwacher Insolvenzverwalter). Soweit sich der Insolvenzverwalter geweigert hat, Löhne zu zahlen, hätte der Kläger auch keine Löhne auszahlen dürfen.
- Die Haftung des Geschäftsführers entfällt auch nicht infolge einer im Falle der Entrichtung der LSt zum Fälligkeitstermin möglichen Anfechtung der Zahlung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 129 ff. InsO. Denn die bloße Möglichkeit der Insolvenzanfechtung hindert nicht, den Steuerausfall dem Geschäftsführer zuzurechnen (BFH 23.9.08, VII R 27/07, PStR 09, 28).
- Der BFH hat vor einigen Jahren erwogen, ob die LSt-Abführungspflicht des Geschäftsführers mit der Stellung des Insolvenzantrags suspendiert sein könnte. So hatte der BFH noch in seinem Urteil vom 27.2.07 (VII R 67/05, BStBl II 09, 348) entschieden, dass das zivilrechtliche Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG eine Haftung wegen Nichtzahlung fälliger Steuern allenfalls innerhalb der dreiwöchigen Schonfrist ausschließe, die dem Geschäftsführer zur Massesicherung ab Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Abs. 1 S. 1 GmbHG eingeräumt sei. Inzwischen bejaht der BFH eine Haftung allerdings ausdrücklich auch dann, wenn die Nichtzahlung der fälligen Steuern in die dreiwöchige Schonfrist fällt, die dem Geschäftsführer zur Massesicherung ab Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Abs. 1 S. 1 GmbHG eingeräumt ist (BFH 23.9.08, VII R 27/07, PStR 09, 28).(CW)