Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Steuerstrafverfahren

    Verwertung von strafgerichtlichen Feststellungen durch das Finanzgericht

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrafR, Krause & Kollegen, Berlin

    Das FG kann sich daher Feststellungen aus in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteilen zu Eigen machen, es sei denn, dass die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen substantiierte Einwendungen vortragen und entsprechende Beweisanträge stellen, die das FG nicht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen unbeachtet lassen kann (BFH 24.9.13, XI B 75/12, Abruf-Nr. 140085).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K wurde mit einem auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheid für die USt 2000 der X-GmbH in Haftung genommen. Die 1998 gegründete GmbH wurde 2003 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht. Die Inanspruchnahme des K begründete das FA damit, dass es sich bei der X-GmbH um eine Scheinfirma handelte, die in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden gewesen sei und deren einziger Zweck darin bestanden habe, aus dem Ausland bezogene hochpreisige Mikroprozessoren - sogenannte CPU - mit offen ausgewiesener USt an deutsche Abnehmer weiter zu fakturieren, ohne die entsprechenden Umsätze zu erklären. Weitere Personen wurden nicht in Anspruch genommen, weil diese unauffindbar waren.

     

    In einem Strafverfahren gegen Dritte war durch ein AG festgestellt worden, dass die Initiative zum bemakelten Steuermodell von K ausgegangen war. Durch ein LG kam es in diesem Zusammenhang zur Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen wegen Steuerhinterziehung gegen Dritte. Unter Hinzuziehung der Strafakten des AG und des LG entschied das FG, der Haftungsbescheid sei jedenfalls teilweise aufrecht zu halten. Das FA habe K zu Recht nach § 71 AO in Haftung genommen, da er den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) erfülle. Das FG sei insbesondere aufgrund der Feststellungen des LG davon überzeugt, dass er tatsächlich die Geschäfte der X-GmbH leitete und dem formellen Geschäftsführer entsprechende Anweisungen erteilt habe.

     

    Entscheidungsgründe

    Soweit die Klage vor dem FG erfolglos geblieben war, konnte K auch mit seiner erhobenen NZB beim BFH nicht durchdringen. Nach Ansicht des BFH hat das FG insbesondere nicht gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 S. 1 FGO) verstoßen, indem es dem Beweisantritt des K nicht gefolgt ist und von K benannte Zeugen nicht vernommen hat.

     

    Beweisergebnisse anderer Gerichtsverfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises in den finanzgerichtlichen Prozess eingeführt werden (BFH 23.1.85, I R 30/81, BFHE 143, 117; BFH 11.8.11, V R 50/09, BFHE 235, 32). Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, aus denen - auf den Streitfall bezogen - geschlossen werden kann, dass eine faktische Geschäftsführung (näher dazu Wegner, PStR 08, 39 ff.) nicht vorgelegen habe, brauchen vom FG regelmäßig nicht befolgt zu werden (BFH 15.5.07, I B 120/06, BFH/NV 07, 1686).

     

    Praxishinweis

    Die formalen Anforderungen an Beweisanträge sind streng: Entscheidend ist, dass die konkreten Wahrnehmungen potenzieller Zeugen unter Beweis gestellt werden und nicht rechtliche Konsequenzen, die man sich aus den Angaben der Zeugen erhofft.

     

    Diese Maßstäbe gelten nach der BFH-Rechtsprechung auch dann, wenn der Betroffene an der strafgerichtlichen Auseinandersetzung gar nicht beteiligt war und deshalb auf das Ergebnis dieses externen Verfahrens auch keinen Einfluss nehmen konnte. Will der Betroffene deshalb erreichen, dass Zeugen durch das FG gehört werden und stellt er gleichzeitig unter Beweis, dass deren Aussagen von denen aus dem Strafverfahren abweichen werden, muss er nach Ansicht des BFH eine „annehmbare Erklärung“ dafür liefern, warum er erwartet, dass die Aussagen von den früheren Bekundungen abweichen werden. Er darf seinen Sachvortrag gegenüber dem FG also nicht bei einem schlichten Bestreiten belassen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 32 | ID 42471968