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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Vorsteuerabzug aus Strohmanngeschäften bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung

    von RA Dirk Petri, FA StrR, FA StR, Brüssow & Petri, Köln

    Alleine die Weisungsgebundenheit des „Strohmanns“ gegenüber dem „Hintermann“ steht der Unternehmereigenschaft des „Strohmanns“ und der Leistungserbringung durch ihn nicht entgegen, sodass auch das Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung das Vorliegen entsprechender Umsätze nicht ausschließt. Für die nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG erforderliche Leistungsbeziehung in einer Rechnung genügt es, statt der Leistungshandlung den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg zu beschreiben (FG Hamburg 29.1.14, 3 V 259/13, Abruf-Nr. 142684).

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin A zum Vorsteuerabzug aus Gutschriften gegenüber ihren Subunternehmern C und F berechtigt ist oder ob C und F nur zum Schein in eine Fakturierungskette eingebunden waren. Geschäftsgegenstand der A ist die Erfüllung von Werkverträgen. A führt im Wesentlichen Kommissionierungen, Be- bzw. Entladungen sowie ähnliche logistische Dienstleistungen durch. Die A schloss mit C und F Rahmenwerkverträge. C und F verpflichteten sich hierin zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Erbringung von Werkleistungen, die in Einzelverträgen näher beschrieben werden sollten. Die Leistungen sollten unter Aufsicht und alleiniger Weisungsbefugnis von C und F erbracht werden, die auch die Entscheidung über die Auswahl des Personals treffen sollten.

     

    Nach Erbringung der in den Einzelverträgen vereinbarten Leistungen erteilte die A den Subunternehmern Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis. Der Antragsgegner erließ gegenüber der A einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2012 in dem er die Vorsteuer aus Gutschriften gegenüber den Subunternehmern nicht mehr berücksichtigte. Ferner erließ er geänderte Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für 2013. Gegen diese Änderungsbescheide legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Erst im Laufe des Jahres 2013 erteilte die Bundesagentur für Arbeit der A die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Auffassung des FG Hamburg sind C und F Unternehmer. Der Umstand, dass C und F im Einzelfall auf Weisung der A gehandelt haben sollen, steht der Unternehmereigenschaft von C und F nicht entgegen. Denn die Weisungsgebundenheit gegenüber einem Hintermann führe nicht zu Unselbstständigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne (Heidner in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 15 Rn. 61). Seine gegenteilige Rechtsprechung (BFH 15.9.94, XI R 56/93, BStBl II 95, 275) hat der BFH aufgegeben (BFH 10.11.10, XI R 15/09, wistra 11, 237).

     

    C und F sind auch nicht nur zum Schein als Strohfirmen in ein tatsächlich unmittelbar zwischen der A und den Arbeitnehmern bestehendes Arbeitsverhältnis zwischengeschaltet worden. Denn wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die (einzige) Tätigkeit von C und F darin bestand, die von der A geforderte Anzahl von Arbeitern zur Verfügung zu stellen, wäre dies eine Leistung, die den zivilrechtlichen Abschluss von Anstellungsverträgen zwischen den Subunternehmern und den Arbeitern und von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen zwischen den Subunternehmern und der A voraussetzt - zumal der Antragsgegner nicht vorgetragen hat, dass C und F ihren steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen sind, sodass C und F als Unternehmer zu qualifizieren sind.

     

    C und F haben auch sonstige Leistungen für die A ausgeführt. Denn auf die Erbringung von Werkleistungen kommt es dabei im Ergebnis nicht an, da C und F jedenfalls eine sonstige Leistung erbracht haben, indem sie der A gegen Entgelt Arbeitnehmer überlassen haben. Die Arbeitnehmerüberlassung ist eine sonstige Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 UStG. Zwar fingiert § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher nicht über die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis verfügt. Da das Umsatzsteuerrecht, wie das FG unterstreicht, aber an tatsächliche Leistungsvorgänge anknüpft, ohne auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verträge abzustellen - auf die es auch nach § 41 Abs. 1 S. 1 AO nicht ankommt -, schließt das Fehlen einer Erlaubnis das Vorliegen eines Umsatzes des Arbeitnehmerverleihers gegenüber dem Entleiher nicht aus (BGH 12.2.03, 5 StR 162/02, HFR 03, 806; BFH 21.1.93, V R 30,88, BStBl II 93, 384).

     

    A ist auch im Besitz der erforderlichen Rechnungen, da eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UStG auch in Form einer Gutschrift durch den Leistungsempfänger ausgestellt werden kann. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung die Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistungen enthalten. Lediglich allgemeine Bezeichnungen genügen den Anforderungen nicht (BFH 15.5.12, XI R 32/10, BFH/NV 12, 1836). Eine Rechnungsaussteller kann aber mit Angaben tatsächlicher Art den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg der Leistungshandlung ausreichend konkret bezeichnen, sofern kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kommt als entweder die Ausführung dieser Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für die Tätigkeiten.

     

    Praxishinweis

    Die Auffassung des FG spiegelt auch die Sicht des BGH (29.1.14, 1 StR 469/13, wistra 14, 190; siehe auch Steinlein/Meyberg, PStR 14, 93 ff.) wieder, wonach auch ein „Strohmann“, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum „Hintermann“ jedoch auf dessen Rechnung handelt, Unternehmer i.S. des UStG sein kann. Ein „Strohmann“, der von einem Dritten im eigenen Namen Leistungen bezieht, ist daher nicht etwa deshalb nicht selbstständig i.S. des § 2 Abs. 1 S. 1 UStG tätig, weil er die Leistungen auf Rechnung des „Hintermanns“ empfängt und er dessen Weisungen verpflichtet ist. Dementsprechend weist der BGH darauf hin, dass es bei „Strohmanngeschäften“ zu einer Verdopplung der Leistungsbeziehungen kommen kann, sodass z.B. der Verkäufer an den „Strohmann“ und dieser an den „Hintermann“ liefert oder leistet.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 250 | ID 42928360