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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Zustimmung für Umsatzsteuervoranmeldung nicht erteilt, Taterfolg ist nicht eingetreten

    von RA Philipp Külz, FA StR, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA) und RAin Christina Odenthal, LL.M., ROXIN Rechtsanwälte LLP, Düsseldorf

    | Die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung bei der Umsatzsteuerhinterziehung ist immer wieder Gegenstand von BGH-Entscheidungen. Mit Beschluss vom 6.4.16 hat der BGH nun nochmals verdeutlicht, dass bei Umsatzsteuervoranmeldungen der Taterfolg der Steuerverkürzung erst eintritt, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen. |

     

    Sachverhalt

    Das LG Dresden hatte den Angeklagten G wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten und den Angeklagten S wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.

     

    Der Angeklagte S war in der Zeit von Ende August 2009 bis zum 2.12.09 formeller Geschäftsführer der G-GmbH, der Angeklagte G faktischer Geschäftsführer derselben Gesellschaft, welche in großem Umfang Fernseher ohne Belastung mit Umsatzsteuer erwarb. Es waren Unternehmen im EU-Ausland eingeschaltet worden, sodass die Lieferungen, die tatsächlich Inlandslieferungen waren, von den Verkäufern als umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6a UStG) behandelt wurden. Sodann wurden die Fernseher unter offenem Ausweis von Umsatzsteuer an Firmen im Inland weiterveräußert. Die entsprechenden Bruttoerlöse aus diesem Weiterverkauf im Inland erhielt der Angeklagte S in bar.

     

    In den Umsatzsteuervoranmeldungen der G-GmbH für die Monate August bis Dezember 2009 wurden den im Wesentlichen zutreffend erklärten Verkaufserlösen ungerechtfertigte Vorsteuerbeträge gegenübergestellt, um die eingenommenen Umsatzsteuerbeträge nicht abführen zu müssen. Auf diesem Wege wurde die abzuführende Umsatzsteuer nahezu wieder „ausgeschöpft“.

     

    Den Hinterziehungsumfang der Taten, also den „Schaden“, hatte das LG danach bestimmt, in welcher Höhe die Umsatzsteuer zu Unrecht einbehalten und nicht an das FA abgeführt worden sei. Da die Angeklagten keine Umsatzsteuer abgeführt hatten, ist nach Auffassung des LG ein Schaden in voller Höhe der einbehaltenen Umsatzsteuer entstanden.

     

    Entscheidungsgründe

    Auf die Revision des Angeklagten G hob der BGH das Urteil des LG Dresden im Hinblick auf den Schuldspruch auf und berichtigte diesen dahingehend, dass G wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen in Tatmehrheit mit versuchter Steuerhinterziehung verurteilt wird (BGH 6.4.16, 1 StR 431/15, Abruf-Nr. 185508). Der BGH verdeutlichte in seiner Entscheidung nochmals, dass es für die Annahme eines Taterfolgs der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO nicht ausreicht, wenn die geschuldete Umsatzsteuer bloß nicht entrichtet wurde.

     

    Bei Umsatzsteuervoranmeldungen setzt der Eintritt des Taterfolgs nach § 370 AO vielmehr voraus, dass diese einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (§ 168 S. 1 AO). Bei einer auf Steuervergütung gerichteten Umsatzsteuervoranmeldung muss hierfür eine formlose Zustimmung des FA zu der Anmeldung vorliegen (§ 168 S. 2 und 3 AO).

     

    Nach den Ausführungen des BGH belegen die Feststellungen des LG hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2009 weder eine Zustimmung für die Umsatzsteuervoranmeldung noch eine Auszahlung des geltend gemachten Vergütungsbetrags, sodass ihr nicht die Wirkung einer Steuerfestsetzung zukommt. Eine Steuerverkürzung ist daher nicht eingetreten, die angemeldete Steuervergütung nicht erfolgt. Es fehlt mithin am Taterfolg i. S. des § 370 Abs. 4 AO.

     

    Das LG hat vorliegend auch den Verkürzungsumfang fehlerhaft bestimmt. Maßgeblich für den Verkürzungsumfang sind allein die in der Umsatzsteuervoranmeldung gemachten Angaben, in welchen jedoch die Umsätze im Wesentlichen zutreffend erklärt worden waren. Eine Steuerverkürzung ist daher nicht im Umfang der nicht abgeführten Umsatzsteuer, sondern vielmehr allein in Höhe des zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzugs entstanden. Ein Beruhen des Strafausspruchs hierauf verneinte der BGH allerdings im Hinblick darauf, dass der vom LG angenommene Schaden die tatsächliche Steuerverkürzung nur geringfügig überstieg, und hielt den Strafausspruch dementsprechend aufrecht.

     

    Der Senat verneinte auch ein Beruhen des Strafausspruchs auf der rechtsfehlerhaften Annahme einer vollendeten Steuerhinterziehung und schloss einen etwaigen Gebrauch von einer möglichen Strafrahmenverschiebung (§ 23 Abs. 2 StGB i. V. mit § 49 Abs. 1 StGB) durch das LG aus.

     

    Relevanz für die Praxis

    Mit seiner aktuellen Entscheidung verdeutlicht der BGH einmal mehr (siehe auch BGH 24.11.15, 1 StR 366/15, PStR 16, 109) die Abgrenzungskriterien zwischen Versuch und Vollendung bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer. Aufgabe des Beraters ist es, nachdrücklich auf die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben hinzuweisen. Nicht nur bei der Diskussion, ob es sich bei einer eingereichten Erklärung um einen Rücktritt vom Versuch (§ 24 StGB) oder eine Selbstanzeige i. S. des § 371 AO handelt, ist diese Thematik relevant; vielmehr wirkt es sich auch im Rahmen der Strafzumessung aus, ob eine Sanktion wegen des Versuchs oder der Vollendung eines Delikts zu verhängen ist.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Külz/Odenthal, Versuch und Vollendung bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer, PStR 16, 109 f.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2016 | Seite 288 | ID 44248818