01.01.2006 | Der praktische Fall
Abrechnung von Verkehrsunfallsachen gegenüber der Rechtsschutzversicherung
In der Praxis besteht bei der Abrechnung von Verkehrsunfallsachen viel Unsicherheit. Der Beitrag zeigt daher die Abrechnung eines typischen Falls auf.
Beispiel | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mandant M beauftragt Rechtsanwalt R mit der außergerichtlichen Regulierung eines Verkehrsunfalls. R fordert von der Haftpflichtversicherung (HV) des Gegners 5.000 EUR. Diese zahlt aber nur 50 v.H. Daher klagt R auftragsgemäß die restlichen 2.500 EUR ein. Es kommt zum Termin. M ist rechtsschutzversichert. Die Deckungszusage wurde erteilt. Welche Vergütung kann R von M bzw. der Rechtsschutzversicherung (RSV) fordern?
Lösung: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Vergütungsanspruch des R gegen M auf Grund des zwischen ihnen bestehenden Vertrags- bzw. Auftragsverhältnisses und dem auf schadensrechtlichen Vorschriften beruhenden Erstattungsanspruch des M gegen die gegnerische HV. Das Vertrags- bzw. Auftragsverhältnis zwischen R und M bestimmt die Höhe der R insgesamt zustehenden Vergütung (vgl. Zorn RVG prof. 05, 43).
R steht daher insgesamt eine Vergütung von 845,81 EUR zu. Die Vergütung richtet sich nach dem Auftragswert i.H. von 5.000 EUR bzw. 2.500 EUR (vgl. Zorn, a.a.O.).
Erstattungsanspruch des M gegen die gegnerische HV Der von der gegnerischen HV an M gezahlte Betrag von 2.500 EUR stellt den angemessenen Schaden dar (Erledigungswert). Die gegnerische HV muss daher lediglich die nach diesem Erledigungswert berechneten außergerichtlichen Anwaltskosten des M als dessen notwendige Kosten der Rechtsverfolgung erstatten (BGH RVG prof. 05, 137; Zorn RVG prof. 05, 43 und 165; RVG prof. 05, 36). Die M durch die Beauftragung von R entstandene und von der gegnerischen HV gezahlte außergerichtliche Anwaltsvergütung beträgt nach dem Erledigungswert in Höhe von 2.500 EUR:
Die Zahlung der Anwaltskosten über 265,99 EUR durch die gegnerische HV erfolgt zwar zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs des M. Verrechnet R diese Zahlung der HV auf die ihm von M geschuldete Vergütung, mindert sich die Erstattungspflicht von M bzw. der hinter M stehenden RSV um diesen Betrag. Von M bzw. der RSV kann daher nur noch die Differenz in Höhe von 579,82 EUR zwischen der nach dem Auftragswert berechneten Gesamtvergütung i.H. von 845,81 EUR und der von der gegnerischen HV aus dem Erledigungswert berechneten Vergütung i.H. von 265,99 EUR gefordert werden.
Der gelegentlich in der Praxis anzutreffenden Ansicht, dass durch die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr und dem Abzug des von der HV gezahlten Betrages eine doppelte Anrechnung bzw. ein doppelter Abzug vorliegt, ist nicht zu folgen. Bei der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr handelt es sich um eine in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG geregelte gebührenrechtliche Anrechnung. Der Abzug des Betrages in Höhe von 265,99 EUR von der Gesamtvergütung in Höhe von 845,81 EUR erfolgt, weil R diesen Betrag tatsächlich erhalten hat und er ihn daher nicht mehr fordern kann. |