· Fachbeitrag · Streitwert
Kein Mengenrabatt bei Fahrtenbuchauflage für gesamte Fahrzeugflotte
von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
(OVG Magdeburg 29.1.13, 3 M 727/12, Abruf-Nr. 131675) |
Sachverhalt
Das Straßenverkehrsamt hatte gegen die Antragstellerin für insgesamt 61 Fahrzeuge jeweils für die Dauer von 18 Monaten eine Fahrtenbuchauflage verhängt. Dagegen hatte die Antragstellerin den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gestellt, der keinen Erfolg hatte. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte das OVG als unzulässig verworfen. Mit der Beschwerde hatte sich die Antragstellerin auch gegen die erstinstanzliche Wertfestsetzung gewandt. Auch insoweit hatte sie keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Streitwert in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes richtet sich nach § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Zur Ausfüllung dieser Vorschriften ist ergänzend der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit heranzuziehen. Dort ist in Nr. 46.13 vorgesehen, bei der Anordnung eines Fahrtenbuchs von einem Betrag von 400 EUR je angeordnetem Monat für jedes Fahrzeug auszugehen. Dies ergibt für jede Fahrtenbuchauflage pro Fahrzeug einen Betrag von 18 x 400 EUR = 7.200 EUR. Bei einer Fahrtenbuchauflage für den Fahrzeugbestand von 61 Fahrzeugen sind die jeweiligen Einzelwerte gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren, sodass sich ein Betrag von 439.200 EUR ergibt.
Dieser Betrag war hier nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren, da ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugrunde lag. Damit ergibt sich ein Streitwert von 219.600 EUR.
Eine weitere Reduzierung, weil sich die Fahrtenbuchauflage gegen mehr als zehn Fahrzeuge richtet, hat das OVG abgelehnt. Zum Teil vertritt die Rechtsprechung zwar die Auffassung, dass für die auf die ersten zehn Fahrzeuge folgenden Fahrzeuge, also gestaffelt nach Zehnergruppen, ein Abschlag in Höhe der Hälfte des für die jeweils vorhergehende Zehnergruppe anzusetzenden Betrages zu veranschlagen sei (BayVGH 26.10.01, 11 ZS 01.2008; OVG Münster NJW 98, 2305). Einen solchen „Mengenrabatt“ aus Billigkeitsgründen unter Abweichung vom Grundsatz der Wertaddition nach § 39 Abs. 1 GKG lehnt das OVG ab. Wird für mehrere Kraftfahrzeuge jeweils eine Fahrtenbuchauflage verhängt, führt dies bezogen auf jedes einzelne Fahrzeug und zu führende Fahrtenbuch weder zu einem geringeren Aufwand noch zu einer geringeren Belastung. Auch bei mehreren Fahrzeugen muss dafür Sorge getragen werden, dass für jedes Fahrzeug ein gesondertes Fahrtenbuch zu führen ist, in das alle erforderlichen Eintragungen vorzunehmen sind. Der damit verbundene Aufwand verringert sich nicht dadurch, dass diese Auflage vielfach zu erfüllen ist. Ein Synergieeffekt tritt hier nicht ein.
Die Addition der Einzelwerte ist auch nicht unbillig und erfordert daher keine Korrektur. Die Addition der 61 Einzelwerte nach § 39 Abs. 1 GKG führt nämlich nicht zu den 61-fachen Gerichts- und Anwaltskosten. Vielmehr ist in die Gebührenbeträge des GKG und des RVG bereits eine Degression eingearbeitet. Eine Fahrtenbuchauflage für 61 Fahrzeuge führt daher nicht zu den 61-fachen Kosten, sondern zu erheblich geringeren Kosten. Die Einräumung eines weiteren „Rabatts“ bei der Festsetzung des Streitwerts im vorliegenden Fall ist daher nicht geboten (so auch Schneider, DAR 09, 551).
Praxishinweis
Das OVG weist zutreffend darauf hin, dass ein „Mengenrabatt“ nicht angebracht ist, da sich durch die Vielzahl der zu führenden Fahrtenbücher weder eine Zeit- noch eine Kostenersparnis ergibt. Auch im Übrigen tritt kein Synergieeffekt ein. Daher wird von der überwiegenden Rechtsprechung ein Mengenrabatt auch abgelehnt (VG Mainz RVG prof. 12, 120).
Da es sich hier um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, war gem. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs von der Hälfte der Hauptsache auszugehen. Soweit zum Teil - so auch hier das OVG - auf die scheinbar abweichende Entscheidung des VG Mannheim (NJW 10, 1301) hingewiesen wird, ist dies nicht zutreffend. In dem der Entscheidung des VG Mannheim zugrunde liegenden Sachverhalt war die Dauer der Fahrtenbuchauflage nicht mit einer Frist ab Bestandskraft des Bescheids, sondern mit einem bestimmten Anfangsdatum bestimmt. In einem solchen Fall führt die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung für ihre Wirkungszeit zu einer endgültigen Regelung und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache, da die danach verstrichene Zeit nicht mehr nachgeholt werden kann. In einem solchen Fall ist es auch nach dem Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit zulässig, den vollen Hauptsachewert anzunehmen.