· Fachbeitrag · Ermittlungsverfahren
So werden eigene Ermittlungskosten erstattet
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster /Augsburg
| Für den Verteidiger und den Beschuldigten kann es im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nötig sein, selbst zu ermitteln. Sie können Zeugen vernehmen oder Sachverständigengutachten einholen. Dies ist zulässig, da der Beschuldigte ein Recht auf ein faires Verfahren hat und das Prinzip der Waffengleichheit gilt (BGHSt 46, 53; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 2015, vor § 137 Rn. 2). Welche Kosten erstattet werden, erläutern die folgenden Übersichten mit umfassenden Rechtsprechungsquellen. |
Übersicht 1 / Allgemeine Fragen | |
Frage | Antwort |
| Möglich sind Kosten für
|
| Nein. |
| Viele Gerichte argumentieren damit, dass die Ermittlungskosten nicht notwendig gemäß §§ 467, 464a StPO gewesen seien: Der Beschuldigte könne nach der StPO bei den Ermittlungsbehörden anregen, Beweise zu erheben (KG StraFo 12, 380; OLG Düsseldorf NStZ 97, 511; OLG Hamm NJW 68, 1537; RVG prof. 13, 132; OLG Stuttgart NStZ-RR 03, 127; LG Göttingen JurBüro 97, 370; LG Mainz wistra 95, 320). |
| Der Verteidiger sollte vor allem folgende Gegenargumente bringen:
|
| Die Gerichte verweisen immer wieder auf den Amtsaufklärungsgrundsatz (§ 244 Abs. 2 StPO). Der Verteidiger sollte einen (Beweis-)Antrag bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht stellen, bevor er eigene Ermittlungen aufnimmt. So kann ihm später nicht entgegengehalten werden, dass er die Ermittlungen „ohne Weiteres“ veranlasst habe (LG Saarbrücken 7.3.15, 6 Qs 52/15, Abruf-Nr. 145236). |
| Die entstandenen Kosten werden, selbst wenn sie grundsätzlich als erstattungsfähig angesehen werden, möglicherweise nicht in voller Höhe erstattet (z.B. KG StraFo 12, 380 mit Anm. Burhoff StRR 12, 237, wenn ein eigener Sachverständiger beauftragt wird).
Praxishinweis | Der Verteidiger muss z.B. darauf achten, dass sich die Kosten und Auslagen „seines“ Sachverständigen nicht zu weit von den Sätzen des JVEG entfernen (KG, a.a.O.). Jedenfalls ist in solchen Fällen später aber im Einzelnen darzulegen, warum die Kosten in der besonderen Höhe „notwendig“ waren (BGH NJW 07, 1532; KG, a.a.O.). |
| Die Gerichte sind zunehmend der Ansicht, dass aus einer „ex ante“-Sicht eines (verständigen) Beschuldigten zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlungen zu beurteilen ist, ob die Kosten notwendig waren (zuletzt OLG Celle StV 06, 32; OLG Stuttgart NStZ-RR 03, 127; LG Detmold 10.1.12, 4 Qs 1/12, Abruf-Nr. 145237; LG Duisburg RVGreport 13, 156 mit Anm. Burhoff StRR 13, 308; LG München StV 01, 633 [Ls.]; LG Saarbrücken 7.3.15, 6 Qs 52/15, Abruf-Nr. 145236). |
| Die Gerichte fragen (u.a. LG Dresden NJW 10, 692 [Ls.]:
|
| Ja ( siehe Ziffer 10 ff.). |
| Ja, der Pflichtverteidiger kann aufgrund eines Antrags nach § 46 Abs. 2 S. 3 RVG feststellen lassen, ob seine eigenen Ermittlungen notwendig sind, bevor er die Maßnahmen ergreift (Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl., Teil A: Auslagen aus der Staatskasse [§ 46 Abs. 1 und 2], Rn. 307 ff.). |
| Nein, die (Ablehnungs-)Entscheidung ist nicht anfechtbar (zuletzt OLG Celle StraFo 12, 338; OLG Düsseldorf NStZ-RR 15, 84 [Ls.].
Praxishinweis | Die ablehnende Entscheidung hat allerdings auch keine Bindungswirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren. Der Verteidiger kann dort seinen Antrag wiederholen (Burhoff/Volpert, a.a.O., Rn. 314 f.). |
| Ja, der Pflichtverteidiger kann nach § 47 RVG einen Vorschuss auf bereits entstandene oder voraussichtlich noch entstehende Auslagen verlangen (OLG Hamm RVG prof. 13, 132). Allerdings werden die Kosten eigener Ermittlungen von den Gerichten häufig nicht als Auslagen des Verteidigers, sondern als solche des Beschuldigten angesehen. Dazu muss vorgetragen werden. |
Übersicht 2 / Beispiele aus der Rechtsprechung | |
Sachverhalt/Kosten | Lösung |
| Detektivkosten werden grundsätzlich erstattet (OLG Hamm NJW 68, 1537 - im Fall des OLG Hamm aber wegen nicht ausgeschöpfter prozessualer Möglichkeiten nicht). |
| Die Kosten wurden erstattet, da dem Beschuldigten nicht zugemutet werden konnte, bis zur Hauptverhandlung abzuwarten (LG Hamburg VRR 08, 237). |
| Kosten werden erstattet, wenn der Beschuldigte damit rechnen muss, dass sich seine Prozess- bzw. Spurenlage ohne die eigenen Ermittlungen alsbald verschlechtern würde (KG StraFo 12, 380 mit Anm. Burhoff StRR 12, 237 - für Kosten der Beauftragung von Brandsachverständigen). |
| Kosten werden erstattet,
|
| Die Kosten eigener Ermittlungen werden nur ausnahmsweise erstattet (OLG Celle Rpfleger 94, 225), wenn das Gutachten zur Klärung ganz fernliegender Rechtsgebiete beiträgt. Es ist grundsätzlich die Aufgabe der Gerichte, Rechtsfragen zu lösen. Sie sollten dazu keine Rechtsgutachten benötigen (ähnlich OLG Celle 20.4.15, 1 Ws 135/15, Abruf-Nr. 145240 für die Kosten eines privaten Rechtsgutachtens). |
| Die Kosten werden erstattet,
|