· Fachbeitrag · Rahmengebühren
Mittelgebühr in Strafsachen: LG Wuppertal hilft Verteidigern
| Im Strafverfahren muss der Verteidiger, insbesondere bei Abrechnung gegenüber der Staatskasse nach einem Freispruch, immer wieder um die Höhe seiner Gebühren kämpfen. Dabei kann ihm jetzt ein Beschluss des LG Wuppertal helfen (23.1.20, 23 Qs 280/19, Abruf-Nr. 214136 ). |
Im Streitfall, hatte die Verteidigerin eine Mittelgebühr abgerechnet, die das AG nicht festgesetzt hat. Das LG als Beschwerdegericht hat die Mittelgebühr jedoch als zutreffend angesehen. Die Verteidigerin hat von ihrem Bestimmungsrecht nach § 14 Abs. 1 RVG Gebrauch gemacht. Dass diese Bestimmung unbillig gewesen wäre, hat das AG nicht dargelegt. Vielmehr hat es lediglich darauf abgestellt, dass sich aus der Akte keine aussagekräftigen Hinweise auf Tätigkeiten der Verteidigerin ergeben, die die jeweilige Geltendmachung der Mittelgebühr rechtfertigten. Es hat aber übersehen, dass es aufgrund der negativen Fassung des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG Sache des Gerichts (= Dritter) ist, eine etwaige Unbilligkeit darzutun und die erforderlichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln sind (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Aufl., § 14 RVG Rn. 7).
MERKE | In Strafsachen gilt nach überwiegend vertretener Auffassung: Sind keine Umstände erkennbar, die eine Erhöhung oder eine Ermäßigung rechtfertigen, entspricht die Verteidigung in jeder Hinsicht dem Durchschnitt. Damit steht dem Verteidiger grundsätzlich die Mittelgebühr zu (Gerold/Schmidt/Mayer, a. a. O.). |
Diese Umstände hat das AG nicht festgestellt, sondern letztlich nur darauf abgestellt, dass es an einem ergänzenden Sachvortrag der Verteidigerin trotz Aufforderung fehle. Damit hat das AG seine Darlegungslast verkannt. Auch für die Kammer waren derartige Umstände für eine Reduzierung der Mittelgebühr nicht ersichtlich. Vielmehr sprechen der Umfang des Verfahrens mit sechs Angeklagten wie auch der erhebliche Aktenumfang eher für eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung und damit für eine Rechtfertigung der Mittelgebühr.
PRAXISTIPP | Bei der erforderlichen Abwägung ist zunächst von einer Mittelgebühr auszugehen. In der Praxis ist zu beobachten, dass dabei der Bedeutung der Angelegenheit für den Beschuldigten bzw. Angeklagten leider oft zu wenig Gewicht eingeräumt wird.
Dann ist zu prüfen, ob die nach § 14 Abs. 1 RVG maßgeblichen Kriterien eine Abweichung nach oben oder unten rechtfertigen. Sofern die Abwägung von der Mittelgebühr nach oben abweicht, sollten Sie dies näher darlegen und begründen. |
Weiterführende Hinweise
- Mittelgebühr in Verkehrsstrafsachen, RVG prof 16, 65
- Bemessung der Gebühren im RVG prof 11, 34;
- Welche Gebühr ist angemessen? Die Mittelgebühr!, RVG prof 19, 5