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  • · Fachbeitrag · Recht auf effiziente Verteidigung

    Pflichtverteidiger kann schlüssig bestellt werden

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    • 1. Die rückwirkende Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger ist unzulässig.
    • 2. Übergeht das Gericht einen deutlichen und unübersehbaren Beiordnungsantrag des Verteidigers und lässt es seine Mitwirkung in der Folge ohne Hinweis auf ein eigenes Kostenrisiko zu, kann eine schlüssige Bestellung ab dem Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
    • 3. Die stillschweigende Bestellung kann nachträglich festgestellt werden.

    (OLG Stuttgart 25.2.15, 1 ARs 1/15, Abruf-Nr. 144948)

     

    Sachverhalt

    Der Rechtsanwalt war für den Verurteilten zunächst in einem Vollstreckungshilfeverfahren tätig. Hier wurde er zum Pflichtverteidiger bestellt und erhielt eine Pauschgebühr. Anschließend vertrat er den Verurteilten auch im Strafvollstreckungsverfahren. Nachdem er bereits in der Sache tätig geworden war, beantragte er, auch im Strafvollstreckungsverfahren beigeordnet zu werden. Die Strafvollstreckungskammer übersah diesen Antrag zunächst. Sie bestellte den Rechtsanwalt, nachdem das Vollstreckungsverfahren abgeschlossen war, „rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung“ zum Verteidiger im Vollstreckungsverfahren. Der Anwalt beantragte auch für das Strafvollstreckungsverfahren eine Pauschgebühr. Die Staatskasse trat dem Antrag teilweise entgegen. Das OLG bewilligte die Pauschgebühr nach § 51 RVG.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Pauschgebühr wird bewilligt. Dem steht nicht entgegen, dass ein Verteidiger nach h.M., der sich das OLG anschließt, nicht rückwirkend bestellt werden kann (BGH NStZ-RR 09, 348; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 141 Rn. 8). Der Ansatzpunkt der Gegenmeinung überzeugt den Senat nicht. Sie vertritt: In Fällen, in denen versehentlich kein Verteidiger bestellt wurde, sei es geboten, einen Verteidiger rückwirkend zu bestellen (OLG Stuttgart StRR 11, 64; LG Stuttgart Die Justiz 09, 15). Der Anspruch eines Angeklagten auf effiziente Verteidigung kann nachträglich nicht mehr erfüllt werden, wenn über den Bestellungsantrag nicht entschieden wurde.