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  • · Nachricht · Verfahrensrecht

    Kann im Strafverfahren Beratungshilfe auch noch nach Zulassung der Anklage gewährt werden?

    | Die Frage, ob im Strafverfahren auch noch nach Zustellung der Anklageschrift Beratungshilfe gewährt werden kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich gesehen. Zuletzt hatte das AG Bad Segeberg entschieden, dass das möglich ist (vgl. 3.3.20, 18 UR II 808/19, RVG prof. 20, 97 ). Dem hat sich jetzt das AG Köln angeschlossen (14.9.23, 360 XI 923/23, Abruf-Nr. 237794 ). |

     

    In § 1 Abs. 1 BerHG ist die PKH-Bewilligung durch den Passus „außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens“ beschränkt. Das sei inhaltlich vor dem Hintergrund konsequent, dass in zivil- und familiengerichtlichen Verfahren zwei verschiedene Möglichkeiten der Prozess- bzw. Verfahrensführung für bedürftige Personen durch die Institute der PKH und der VKH bestehen. Insofern bestehe die aus dem Sozialstaatsprinzip abzuleitende Zugangsmöglichkeit bedürftiger Verfahrensbeteiligter zu den Gerichten in nahtloser Abfolge von Beratungs-, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe.

     

    Diese Systematik bestehe für den Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren nicht. Die Regel, die kostenlose Rechtsberatung im § 1 Abs. 1 BerHG vorsieht, gilt nicht, wenn bereits ein „gerichtliches Verfahren“ läuft. Wenn verhindert würde, dass wirtschaftlich Bedürftige, gegen die Anklage erhoben wurde und die keinen Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt bekommen haben, nach Erhalt der Anklageschrift oder des Strafbefehls kostenlose Rechtsberatung erhalten können, würde ihnen abrupt die Möglichkeit genommen, in einer rechtlich sehr unsicheren Situation kompetenten Rat einzuholen.

    (mitgeteilt von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg)

    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 183 | ID 49737780