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  • · Fachbeitrag · Streitwertfestsetzung

    Vorsicht bei der Streitwertangabe: Gericht darf Parteien zu korrekten Angaben zwingen

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz

    • 1.Bei der Festsetzung des Streitwerts ist das Gericht an eine Wertangabe der Parteien, mag sie gegebenenfalls auch übereinstimmend erfolgt oder von der gegnerischen Seite unwidersprochen geblieben sein, nicht gebunden.
    • 2.In Fällen, in denen die Parteien ihre Mitwirkung an einer sachgerechten Streitwertfestsetzung verweigern, kann vom Gericht ein Streitwert geschätzt werden, der so hoch ist, dass er die Parteien zuverlässig motiviert, z.B. im Rahmen eines Antrags auf Streitwertkorrektur ihrer Mitwirkungspflicht wahrheitsgemäß nachzukommen.
    • 3.Wird der Streitwert bewusst zu niedrig angegeben, kann hierin ein versuchter Betrug zulasten der Landeskasse gesehen werden.

    (OLG Düsseldorf 10.5.11, 2 W 15/11, Abruf-Nr. 113724)

    Entscheidungsgründe

    Nach den Erfahrungen des Senats stellt es eine nicht nur gelegentliche, sondern mittlerweile beinahe regelmäßige Praxis dar, solange der Prozesserfolg und damit die kostenpflichtige Partei noch nicht sicher abzusehen sind, dass beide Parteien im einträchtigen Zusammenwirken mit einer zu niedrigen Streitwertangabe prozessieren, um Gerichtskosten „zu sparen“. Ihre Ursache hat diese Erscheinung in der Tatsache, dass die Parteivertreter (jedenfalls in größeren Verfahren) ihre eigenen Anwaltsgebühren nicht mehr streitwertabhängig, sondern nach Stundensätzen und Stundenaufwand abrechnen. Anders als früher berührt eine unangemessen niedrige Streitwertfestsetzung deswegen nicht mehr den eigenen Honoraranspruch des Anwalts, der die zu niedrige Streitwertangabe macht oder hinnimmt, sondern sie wirkt sich einseitig nur noch zulasten der Landeskasse aus. Aus verschiedenen Äußerungen von Anwälten weiß der Senat, dass die zu niedrige Streitwertangabe in solchen Fällen nicht versehentlich erfolgt, sondern in der direkten Absicht, durch die mittels der betragsmäßig untersetzten Streitwertangabe „eingesparten“ Gerichtsgebühren weiteren Spielraum für die Abrechnung zusätzlichen eigenen Honorars zu gewinnen.

     

    Die „Erkenntnisse des Senats“ sind schon beeindruckend, wenn berücksichtigt wird, dass § 49b Abs. 1 S. 1 ZPO es dem Rechtsanwalt verbietet, eine geringere Vergütung zu vereinbaren, als es das RVG vorsieht.