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  • · Fachbeitrag · Entwerfen eines Testaments

    Testamentsentwurf rechtfertigt Entstehen einer Geschäftsgebühr

    | Das Entwerfen von Testamenten spielt in der anwaltlichen Praxis eine große Rolle. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob ein Rechtsanwalt hierfür eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 oder nur eine Beratungsgebühr gemäß § 34 RVG beanspruchen kann. Die Frage wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Jetzt hat das LG Wiesbaden anwaltsfreundlich entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Anwalt war damit beauftragt, zwei Testamente zu erstellen. Sie sollten inhaltlich dergestalt aufeinander abgestimmt sein, dass der Widerruf des einen Testaments auch den Widerruf des anderen Testaments zur Folge gehabt hätte.

     

    Entscheidungsgründe

    Damit kommt nach Ansicht des LG dem von den Beklagten (Eheleute) vorgegebenen Inhalt der Testamente eine ähnliche Wirkung zu, wie einem gemeinschaftlichen Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen, dessen Entwurf von der Geschäftsgebühr umfasst wird (OLG Frankfurt 28.11.12, 4 U 139/12). Folglich haben die Beklagten mit ihren letztwilligen Verfügungen eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung herbeigeführt, die es rechtfertigt, hier Nr. 2300 VV RVG anzuwenden. Denn auch in diesem Fall liegen ‒ wie bei einem Vertrag ‒ aufeinander abgestimmte Willenserklärungen zweier Personen vor.

     

    Die Kammer betont zudem: Auch wenn auch in Nr. 2300 VV RVG nicht mehr von Entwerfen von Urkunden, sondern von Gestaltung von Verträgen die Rede ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass Fälle der vorliegenden Art vom Anwendungsbereich der Vergütungsvorschrift ausgeschlossen sein sollten.

     

    Relevanz für die Praxis

    Bis zur Einführung des RVG entstand die Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO „für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für das Entwerfen von Urkunden“. Seit dem Inkrafttreten des RVG macht das Gesetz das Entstehen der Geschäftsgebühr allerdings von „der Gestaltung eines Vertrags“ (vgl. Vorb. 2.3 Abs. 3 VV RVG) abhängig. Folge: Da das Entwerfen eines Testaments keine Mitwirkung an einer Vertragsgestaltung ist, kann keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG anfallen.

     

    Das LG Wiesbaden hat in seinem Urteil vom 12.4.17 (5 S 33/16, Abruf-Nr. 196616) dieser Ansicht jedoch eine Absage erteilt und dem Anwalt eine Geschäftsgebühr zugebilligt. Denn im vorliegenden Fall konnte es angesichts des konkret erteilten Auftrags nicht von einer lediglich beratenden Tätigkeit ausgehen, die sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Beklagten beschränkte.

     

    Auch wenn der Entscheidung letztlich zuzustimmen ist, müssen Anwälte beachten, dass es im Einzelfall schwierig ist, eine Beratung von einer Geschäftsbesorgung und damit eine Beratungsgebühr von einer Geschäftsgebühr abzugrenzen.

     

    • Eine Beratungsgebühr entsteht für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt. Um eine Beratung handelt es sich, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig wird, also kein anderes Geschäft, insbesondere keine Vertretung des Mandanten mit der Beratung verbunden ist. Eine Beratung liegt danach vor, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem Informationsaustausch mit dem Auftraggeber erschöpft.

     

    • Demgegenüber entsteht nach Nr. 2300 VV RVG die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. In der Formulierung „für das Betreiben des Geschäfts“ kommt zum Ausdruck, dass es sich um die Gebühr handelt, nach der grundsätzlich die außergerichtliche Vertretung abzurechnen ist (OLG Düsseldorf EE 12, 207). Sie entsteht daher nicht, soweit sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Erteilung eines Rats oder einer Auskunft beschränkt. Die Geschäftsgebühr entsteht daher, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass der Rechtsanwalt nach außen tätig wird (BGH RVG prof. 14, 147).
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    • Wichtig | Erforderlich ist dabei nicht, dass der Rechtsanwalt auch tatsächlich nach außen auftritt.

     

    PRAXISHINWEIS | Um Streit mit Ihrem Mandanten über die Vergütung von vornherein zu vermeiden, sollten Sie in solchen Fällen unbedingt eine Vergütungsvereinbarung treffen (vgl. § 3a RVG). Hierbei können Sie mit Ihrem Mandanten dann u. a. vereinbaren, dass solche umfangreichen und haftungsträchtigen Tätigkeiten mit einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG abzurechnen sind.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 193 | ID 44894677