· Fachbeitrag · Vergütung
Anforderungen an die Berechnung nach § 10 RVG
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
| Nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt seine Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Daher haben die mit einer ordnungsgemäßen Berechnung der Vergütung zusammenhängenden Fragen in der Praxis erhebliche Bedeutung. Die folgenden Checklisten zeigen, worauf zu achten ist. |
Checkliste I / Allgemeine Fragen | |
Frage | Antwort |
| Das RVG versteht unter „Einfordern“ jede Form der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs, also
Zinsen, auch Prozesszinsen, fallen daher erst nach Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung an (OLG Düsseldorf AGS 11, 366, 370). |
| Die Vorschrift gilt nur für nach dem RVG berechnete Vergütungen. |
| Ja. § 10 RVG gilt für „Gebühren und Auslagen“, die nach dem RVG abgerechnet werden. Das folgt aus der Verwendung des Begriffs „Vergütung“ in Zusammenhang mit der Legaldefinition dieses Begriffs in § 1 Abs. 1 S. 1 RVG (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 20. Aufl., § 10 Rn. 3). |
| Nein, insoweit gilt § 670 BGB. Diese Auslagen können formlos abgerechnet werden (AnwKomm-RVG/N. Schneider, RVG, 6. Aufl., § 10 Rn. 8). |
| Ja, § 10 RVG findet auch auf Vergütungsvereinbarungen Anwendung (BGH NJW 11, 63; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 3), es sei denn, aus dieser ergibt sich etwas anderes (zur Abdingbarkeit Mayer/Kroiß/Mayer, RVG, 5. Aufl., § 10 Rn. 4). |
Ein Vorschuss braucht nicht nach § 10 RVG berechnet zu werden (a.A. AG München, AGS 06, 588 m. abl. Anm. N. Schneider). Es dürfte sich aber empfehlen, den vorschussweise angeforderten Betrag so weit aufzuschlüsseln, dass der Auftraggeber die Berechtigung der Anforderung erkennen bzw. nachprüfen kann. | |
| Nein (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 10). |
| Nein, denn sie ist nicht Auftraggeber (OLG München RVGreport 10, 470; AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 12; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 3). |
| Die unrichtige Angabe einer Gebührenvorschrift beeinträchtigt nicht die formelle Gültigkeit der Berechnung (OLG Düsseldorf AGS 08, 432; OLG Hamburg AnwBl. 70, 233; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, § 10 Rn. 24). |
| Eine zu hohe Berechnung ist unschädlich (BGH NJW 11, 63 ). Der Rechtsanwalt kann in Höhe der berechtigten Forderung seine Vergütung fordern. |
Checkliste II / Formelle Anforderungen an die Berechnung | |
Frage | Antwort |
| Die Rechnung muss gegenüber dem Auftraggeber erteilt werden. Das ist nicht unbedingt der Mandant, was z.B. bei Minderjährigen oder im Haftpflichtprozess (§ 10 AKB) der Fall sein kann. Praxishinweis: Es reicht nicht aus, wenn die Rechnung Dritten erteilt wird, die anstelle des Auftraggebers für ihn die Kosten ausgleichen (s.a. § 379 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG; AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O.,§ 10 Rn. 17). |
| Ja (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 6). |
| Nein, denn er ist nicht Auftraggeber und er hat vom Rechtsanwalt auch keine Leistung bezogen (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O.,, § 10 Rn. 18). |
| Mehrere Auftraggeber müssen einzeln in der Rechnung aufgeführt werden. Etwas anderes kann gelten, wenn die Rechnung von mehreren Auftraggebern aus einem gemeinsamen Vermögen beglichen wird (im einzelnen, Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 6; LG Mannheim AGS 12, 153). |
| Die Berechnung bedarf der Schriftform (§ 126 BGB). |
| Nein, sie kann auch in ein Schreiben an den Mandanten integriert oder an dessen Ende gesetzt werden (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 14; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 7). |
| Ja, das ist möglich (OLG Düsseldorf AGS 09, 14 für die hilfsweise Geltendmachung der gesetzlichen Vergütung anstelle eines vereinbarten Honorars). |
| Der Rechtsanwalt muss die Berechnung eigenhändig unterzeichnen. Praxishinweis: I.d.R. wird die Unterschrift unter die Berechnung gesetzt. Es wird jedoch als ausreichend angesehen worden, wenn sich aus einem Begleitschreiben des Rechtsanwalts ergibt, dass er für die Berechnung der Vergütung die Verantwortung übernimmt (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 51 unter Hinweis aus OLG Hamburg AnwBl. 70, 223). |
| Das kommt darauf an: der Stationsreferendar darf nicht unterschreiben, wohl aber ein Referendar, der amtlich bestellter Vertreter des Anwalts ist. |
| Es gelten die allgemeinen Anforderungen (§ 126 BGB). Erforderlich ist also das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechende charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (zuletzt OLG Düsseldorf RVG prof. 12, 150, Abruf-Nr. 122599). |
| Nein, der genügt ebenso wenig wie eine eingescannte Unterschrift ( § 10 Rn. 486 m.w.N.; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 7). |
| Ja, aber erlaubt sind nur elektronische Formen gemäß § 126 Abs. 3 und § 126a BGB (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 7). |
| Nein. Es reicht im Übrigen auch die Unterschrift eines Rechtsanwalts der Sozietät, der die Sache nicht bearbeitet hat (BGH NJW-RR 04, 1144). |
Checkliste III / Inhaltliche Anforderungen an die Berechnung | |
Frage | Antwort |
| Aufgeführt werden müssen:
Praxishinweis: Als kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands genügt die Angabe z.B. Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Geschäftsgebühr, Einigungsgebühr usw. (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 8). |
| Die Frage ist strittig. Sie wird bejaht von AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O. § 10 Rn. 20; wohl auch Meyer JurBüro 09, 634 und OLG Düsseldorf FamRZ 09, 2029). Hansens (RVGreport 04, 65) verneint sie (s. auch Burhoff/Burhoff, RVG, a.a.O., Teil A: Berechnung der Vergütung § 10 Rn. 362), Mayer/Kroiß/Mayer, a.a.O., § 10 Rn. 17 lässt sie offen. Die Frage dürfte sich in der Praxis dadurch erledigen, dass entweder das Computerprogramm die Angelegenheit, in der die Berechnung erstellt wird, angibt bzw. im Übrigen der RA in seiner Mitteilung auf die Angelegenheit Bezug nehmen wird. |
| Ja, Die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses sind anzugeben. Soweit eine Nummer mehrere Gebührentatbestände enthält (z.B. Nrn. 2303 , 3101, 4102, 4141 VV RVG) müssen auch die Absätze, die Sätze und Nummern angegeben werden, weil sonst nicht erkennbar ist, von welcher Gebühr der Rechtsanwalt ausgeht. Auch ist die Vorbemerkung anzugeben, wenn nur aus der Vorbemerkung erkennbar ist, warum eine Gebühr nach dem VV angefallen ist, z.B. bei der Beistandsleistung für einen Zeugen „Vorb. 3 Abs. 1 VV RVG “ oder „Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG“ in Kombination mit der jeweils abgerechneten Nummer des Vergütungsverzeichnisses. |
| Vorschüsse (§ 9 RVG) müssen angegeben werden (vgl. auch Meyer JurBüro 09, 634). Es empfiehlt sich unbedingt, die Nettobeträge von der Nettovergütung abzuziehen und erst dann die USt auszuweisen (Hansens RVGreport 4, 65). |
| Bei einer Abrechnung nach dem Gegenstandswert (z.B. Nr. 1003 VV RVG) muss die Abrechnung den Gegenstandswert enthalten. Die Paragrafen, aus denen sich dieser Wert ergibt, müssen nicht aufgeführt werden. Es kann jedoch sinnvoll sein, dem Auftraggeber die Wertberechnung in der Rechnung oder in einem Anschreiben zu erläutern. |
| Handelt es sich um eine auf einer Vergütungsvereinbarung beruhende Berechnung, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 7). Das bedeutet, dass der Rechtsanwalt seiner Abrechnung/Berechnung eine Tätigkeitsliste beilegen muss. Anderenfalls ist für den Mandanten die Berechnung nicht nachvollziehbar (BGH NJW 11, 63). |
| Es ist (zumindest) stichwortartig in einer auch im Nachhinein verständlichen Weise niederzulegen, welche konkreten Tätigkeiten vom Anwalt innerhalb eines bestimmten Zeitraums erbracht worden sind (BGH NJW 10, 1384 ). Nicht ausreichend ist, wenn einzelnen Tagen nicht die jeweilige Stundenanzahl zugeordnet wird, sondern lediglich die Gesamtzahl aller Stunden vermerkt wird und die jeweiligen Tage ohne weitere Spezifizierung aufgeführt werden (BGH NJW 11, 63). Insgesamt muss die Berechnung für den Mandanten überprüfbar sein. |
| Soweit die Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen einzeln abgerechnet werden (Nr. 7001), genügt die Angabe des Gesamtbetrags. |
| Aus § 14 UStG können sich besondere Anforderungen an eine Rechnung ergeben, die einem vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger/Auftraggeber erteilt wird (im einzelnen Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 9). |