Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 29.04.2014 · IWW-Abrufnummer 171554

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 22.11.2013 – 10 Ta 1848/13

    Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe für eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe besteht grundsätzlich nicht.


    In Sachen pp hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 22. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht W. beschlossen: Tenor: I. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. September 2013 - 10 Ca 11949/13 - wird unter Zurückweisung des Antrages, ihm für das Beschwerdeverfahren unter Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. K. zu bewilligen, auf seine Kosten zurückgewiesen. II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe: I. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger auf dessen entsprechenden Antrag mit Beschluss vom 16. September 2013 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt K. für eine am 16. August 2013 erhobene Klage auf Vergütungszahlung und Weiterbeschäftigung bewilligt mit der Maßgabe, dass er vorläufig keine monatlichen Raten aus seinem Einkommen zu zahlen habe. Für den Antrag zu 6.) aus der Klageschrift versagte das Arbeitsgericht die Prozesskostenhilfe. Mit diesem Antrag hatte der Kläger beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30.06.2013 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Hintergrund dieses Antrages war nach dem Vorbringen des Klägers in der Klageschrift eine E-Mail des Beklagten vom 9. Juli 2013. Der Kläger selbst führte auf Seite 4 der Klageschrift aus: Den Kläger erreichte eine E-Mail unter dem 09.07.2013. Diese beinhaltet das Angebot eines Aufhebungsvertrages. Es wird dort auf finanzielle Schwierigkeiten hingewiesen, den Kläger weiterzubeschäftigen. Der Beklagte macht dort den Vorschlag, den Kläger rückwirkend zum 30.06.2013 "abzumelden". ... Ob die E-Mail des Beklagten vom 09.07.2013 als Kündigung auszulegen ist, bedarf keiner Erörterung, weil der Beklagte die Schriftform nicht eingehalten hat. Die Kündigung ist somit unwirksam, wenn sie denn überhaupt eine Kündigung gewesen wäre. Es existiert also keine Kündigung. Der Kläger meint, er habe gleichwohl ein Interesse an einer rechtskräftigen Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis unverändert fortbestehe. Das Arbeitsgericht hat Prozesskostenhilfe für den Antrag zu 6.) aus der Klageschrift abgelehnt, da er nicht hinreichend erfolgversprechend im Sinne des § 114 ZPO sei. Denn der Beklagte mache erkennbar nicht die - vermeintliche - Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geltend. Gegen diesen dem Klägervertreter am 24. September 2013 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit der sofortigen Beschwerde vom 24. Oktober 2013 und beantragt zugleich, ihm für das Beschwerdeverfahren unter Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. K. zu bewilligen. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass bereits aus der Klageschrift hervorgehe, dass die Beklagtenseite es ablehne, den Kläger weiter zu beschäftigen. Die E-Mail vom 9. Juli 2013 sei nicht lediglich als "netter Vorschlag" auszulegen, sondern vielmehr schon als Mitteilung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Zweifelsfall sei daher dieses Schreiben anzugreifen. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen. II. Die sofortige Beschwerde war ebenso wie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, da sie nicht begründet ist. 1. Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Dies bedingt zugleich, dass der Staat Gerichte einrichtet und den Zugang zu ihnen jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnet. Daher ist es geboten, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht ermöglichen. Art. 3 Abs. 1 GG stellt die Beachtung dieses Gebots der Rechtsschutzgleichheit unter grundrechtlichen Schutz. Derartige Vorkehrungen sind im Institut der Prozesskostenhilfe (§ 114 ff. ZPO) getroffen. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, verlangt Art 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz keine vollständige Gleichstellung Unbemittelter mit Bemittelten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Der Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Es ist demnach unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. September 2013 - 1 BvR 1419/13 und Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88). 2. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe für den Antrag zu 6.) zu Recht versagt, denn eine Partei, die die Kosten für das Verfahren von Anfang selbst zu tragen hätte, hätte bei vernünftiger Abwägung diesen Antrag nicht gestellt. Der Kläger selbst hat bereits auf Seite 4 der Klageschrift ausgeführt, dass es sich bei der E-Mail vom 9. Juli 2013 um das Angebot eines Aufhebungsvertrages gehandelt habe. Worin die - formwidrige - Kündigungserklärung in der E-Mail gesehen werden sollte, erschließt sich aus dem Klagevorbringen nicht. Weder berief sich der Beklagte auf diese E-Mail als Kündigungserklärung noch hatte der Kläger sie so verstanden. Da zum Zeitpunkt der Klageerhebung auch bereits die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG abgelaufen war, hätte die vernünftig abwägende Partei zumindest den Verlauf der Güteverhandlung abgewartet um festzustellen, ob der Beklagte sich auf eine Kündigungserklärung in der E-Mail berufen würde. 3. Dem Kläger war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn nach herrschender Meinung (vgl. BGH, Beschluss vom 30.5.1984 - VIII ZR 298/83; OLG Bamberg, Beschluss vom 26. Februar 2005 - 4 W 1/05 jeweils mit weiteren Nachweisen) kann für das Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe gewährt werden. Das Gesetz sieht Prozesskostenhilfe für das Bewilligungsverfahren nämlich nicht vor. Nach § 114 ZPO wird Prozesskostenhilfe für die "Prozessführung" gewährt. Hierunter ist das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren, in dem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist. Einer ausdehnenden Auslegung, die Prozesskostenhilfe auch für das Prüfungsverfahren zu bewilligen, da es dem streitigen Prozessverfahren eng verwandt sei, bedarf es nach Sinn und Zweck der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe nicht. Der armen Partei soll ermöglicht werden, ihr Recht vor Gericht zu verfolgen oder sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen. Sie wird nicht dadurch benachteiligt, dass ihr für das Bewilligungsverfahren keine Prozesskostenhilfe gewährt, insbesondere kein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Bedarf der Bürger nämlich, bevor er einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, der Beratung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung, findet das Beratungshilfegesetz Anwendung, das die rechtliche Betreuung finanziell hilfsbedürftiger Bürger im vor- und außergerichtlichen Bereich gewährleistet. Hierzu gehört auch die Beratung der armen Partei über ein beabsichtigtes Prozesskostenhilfeverfahren, insbesondere die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Erfolgsaussichten der vorgesehenen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Die abweichende Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02 für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist ausschließlich im gesetzlich vorgesehenen Anwaltszwang für das rechtsbeschwerdeverfahren begründet. Unabhängig davon hatte die sofortige Beschwerde von Anfang an auch keinerlei Erfolgsaussicht aus den unter 2. genannten Gründen. Deshalb waren die sofortige Beschwerde und der weitere PKH-Antrag auf Kosten des Klägers zurückzuweisen. Ein Grund, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnte, besteht nicht.

    RechtsgebietZPOVorschriftenZPO § 114 ZPO § 127