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  • 11.08.2021 · IWW-Abrufnummer 224020

    Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 20.04.2021 – 3 Ta 6/21

    1. Wegen der geringeren Formstrenge des Beschwerdeverfahrens muss ein Schriftsatz, der als Beschwerde gewertet werden soll, zwar die Bezeichnung als Beschwerde nicht ausdrücklich enthalten (Anschluss an BGH 23. Oktober 2002 - IX ZB 369/02). Er muss jedoch zumindest den Willen klar erkennen lassen, die Entscheidung möge durch die höhere Instanz sachlich geprüft werden (LAG Rheinland-Pfalz 18. Oktober 2021 - 3 Ta 169/12). Daran fehlt es in der Regel, wenn der "Beschwerdeführer" noch keine Kenntnis von der Entscheidung hat und sich ausdrücklich gegen die "beabsichtigte" Kostenfestsetzung wendet.

    2. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts in der Rechtsmittelinstanz ist dann notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn eine verständige, wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme zum Zeitpunkt der Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BAG 18. April 2012 - 3 AZB 22/11, Rn. 10). Das ist dann der Fall, wenn sie als Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf. Im Normalfall bedeutet dies, dass der Rechtsmittelgegner einen Prozessbevollmächtigten bereits dann einschalten darf, wenn ein Rechtsmittel eingelegt ist (BAG 14. November 2007 - 3 AZB 36/07; BGH 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02).

    3. Das Tätigwerden in der Rechtsmittelinstanz erfordert kein nach außen erkennbares Tätigwerden, wie das Stellen eines Antrags oder die Vorlage einer (Beschwerde-)Erwiderung. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr verdient, wenn er Informationen entgegen nimmt oder mit seinem Mandanten bespricht, wie er auf das von der Gegenseite eingelegte Rechtsmittel reagieren soll. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lässt die Verfahrensgebühr entstehen (BGH 25. Oktober 2012 - IX ZB 62/10; LAG Köln 25. Februar 2016 - 4 Ta 31/16).

    4. Im Verfahren nach den §§ 103 ff ZPO ist es nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sind. Gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Zur Glaubhaftmachung können gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet und vom Rechtspfleger verlangt werden (vgl. BGH 27. Februar 2007 - XI ZB 39/05). Die in § 294 Abs. 2 ZPO enthaltene Beschränkung auf präsente Nachweismittel gilt nicht in den Fällen, in denen das Gesetz die Glaubhaftmachung nicht erfordert, sondern wie im Fall des § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO lediglich genügen lässt. Weitere Voraussetzungen für den Nachweis der den Kostenansatz rechtfertigenden Umstände sind nicht vorgesehen BGH 04. April 2007 - III ZB 79/06). Die Entscheidung darüber, ob eine Tatsache glaubhaft gemacht ist oder nicht, ist ein Akt wertender richterlicher Erkenntnis (BGH 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06). Die anwaltliche Versicherung ist grundsätzlich ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung.


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Halle vom 06. April 2020 - 7 Ca 2838/16 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 19. Januar 2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



    Gründe



    A. Die Klägerin wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts.



    Sie begehrte von dem Beklagten die Zahlung von Sonderbeiträgen in Höhe bestimmter Prozentsätze der Vergütungen aus der Wahrnehmung von Aufsichtsrats- und ähnlichen Tätigkeiten. Der Beklagte hielt den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben. Das Arbeitsgericht hat daraufhin den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Halle verwiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2019 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren äußerte sich der Beklagte nicht. Das Bundesarbeitsgericht wies die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 20. November 2019, in dem der Beklagte u.a. als Rechtsbeschwerdegegner und sein Prozessbevollmächtigter als "Prozessbevollmächtigter II. Instanz" bezeichnet sind, auf Kosten der Klägerin zurück. Die Klägerin nahm am 20. Januar 2020 die Klage zurück.



    Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 23. Dezember 2019 begehrte der Beklagte u. a. die Festsetzung der Kosten für die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen die Klägerin.



    Das Arbeitsgericht hat die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten für die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Rechtsbeschwerdeverfahren in rechnerisch unstreitiger Höhe von 600,71 € mit Beschluss vom 06. April 2020 antragsgemäß festgesetzt. Der Rechtspfleger hat den Beschluss am 06. April 2020 in den Geschäftsgang gegeben, er ist aber erst am 08. Juni 2020 zur Post gegeben und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. Juni 2020 zugestellt worden. Zwischenzeitlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 02. Juni 2020 geltend gemacht, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren weder eine Vertretungsanzeige des Prozessbevollmächtigten des Beklagten noch eine sonstige Tätigkeit erfolgt seien. Diesen Schriftsatz hat das Arbeitsgericht als sofortige Beschwerde gewertet und dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme und Begründung des Anspruchs nach 3206 VV-RVG gegeben. Daraufhin hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Juni 2020 mitgeteilt, dass ihm sämtliche Schriftsätze im Rechtsbeschwerdeverfahren über seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt und telefonisch erörtert worden sei, von einer schriftlichen Stellungnahme zur Rechtsbeschwerde abzusehen, da das Vorbringen der Klägerin in der Rechtsbeschwerde dem Vorbringen in den Vorinstanzen entsprochen habe.



    Die Klägerin hat mit dem am 24. Juni 2020 bei dem Arbeitsgericht Halle eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt und dazu unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 02. Juni 2020 geltend gemacht, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren eine anwaltliche Vertretung nicht erfolgt sei. Aus dem Kostentenor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Rechtsbeschwerdeverfahren ergebe sich noch kein Kostenerstattungsanspruch, da der Beklagte sich vor dem Bundesarbeitsgericht nicht habe vertreten lassen, jedenfalls aber - unstreitig - keine Vertretungsanzeige abgegeben habe. Das Arbeitsgericht hat die Schriftsätze vom 02. Juni 2020 und 24. Juni 2020 jeweils als sofortige Beschwerde gewertet, ihnen jedoch mit der Begründung nicht abgeholfen, dass der Beklagtenvertreter glaubhaft ein Tätigwerden im Rechtsbeschwerdeverfahren dargelegt habe und diese dem Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 19. Januar 2021 zur Entscheidung vorgelegt. Auf den Hinweis des Landesarbeitsgerichts, dass es für den Kostenerstattungsanspruch nicht zwingend auf ein Tätigwerden nach außen ankomme, hat die Klägerin geltend gemacht, dass der Beklagte keinen Beweis angeboten und auch eine Glaubhaftmachung für ein Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erfolgt seien. Auf die gerichtliche Aufforderung zur Glaubhaftmachung hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sein Tätigwerden mit Schriftsatz vom 04. März 2021 anwaltlich unter Darstellung des Sachverhalts versichert. Die Klägerin hat ihr Bestreiten des Tätigwerdens aufrechterhalten.



    Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.



    B. Es liegt nur eine sofortige Beschwerde der Klägerin vor und zwar mit Schriftsatz vom 24. Juni 2020. Der Schriftsatz der Klägerin vom 02. Juni 2020 enthält keine sofortige Beschwerde. Die sofortige Beschwerde vom 24. Juni 2020 hat keinen Erfolg.



    I. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 02. Juni 2020 entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keine sofortige Beschwerde eingelegt.



    1. Gemäß § 104 Abs. 3 i. V. m. § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO muss die Beschwerdeschrift die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.



    2. Daran fehlt es. Auch wenn an die Formalien keine strengen Anforderungen zu stellen sind, muss das Schreiben zumindest den Willen hinreichend klar erkennen lassen, die Entscheidung möge durch die höhere Instanz sachlich geprüft werden (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Oktober 2012 - 3 Ta 169/12, Rn. 7; BGH 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02, Rn. 6). Diesen Anforderungen wird der Schriftsatz vom 02. Juni 2020 nicht gerecht.



    a) Maßgeblich für die Auslegung von Prozesserklärungen sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus der Sicht des Erklärenden nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. nur: BAG, Beschluss vom 26. Januar 2021 - 3 AZR 119/19 (A), Rn. 7; BAG 21. Mai 2019 - 2 AZR 26/19, Rn. 12; BAG 28. August 2019 - 5 AZR 425/18, Rn. 12). Wegen der geringeren Formstrenge des Beschwerdeverfahrens reicht es dabei aus, wenn die Schrift bei großzügiger Auslegung den Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung und das Anliegen der Überprüfung derselben durch die höhere Instanz hinreichend klar erkennen lässt, auch wenn es die Bezeichnung als Beschwerde nicht ausdrücklich enthält (BGH 23. Oktober 2002 - IX ZB 369/02, zu II. der Gründe = Rn. 6).



    b) Selbst bei großzügiger Auslegung scheitert die Bewertung des Schriftsatzes als Beschwerde schon daran, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt im vorliegenden Verfahren noch keine Kenntnis von dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06. April 2020 hatte, der ihr erst am 15. Juni 2020 zugestellt worden ist. In dem Schriftsatz ist zudem ausdrücklich erklärt, dass einer Kostenfestsetzung hinsichtlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens ausdrücklich widersprochen wird, also einer noch vorzunehmenden Kostenfestsetzung. Eine andere Auslegung käme nur dann in Betracht, wenn die Klägerin auf eine bereits erfolgte Kostenfestsetzung Bezug genommen hätte, von der sie anders als durch Zustellung Kenntnis erlangt hätte. Unerheblich ist deshalb auch, dass die Klägerin im Schriftsatz vom 01. Oktober 2020 mit dem Arbeitsgericht gemeint hat, dass dessen Auffassung nicht zu beanstanden sei, die Einwendungen aus dem Schriftsatz vom 02. Juni 2020 als sofortige Beschwerde zu behandeln. Eine Eingabe kann auch nicht dadurch nachträglich zu einer Beschwerde gemacht werden, dass die Partei bittet, die Eingabe als Beschwerde zu behandeln (BGH 23. Oktober 2002 - IX ZB 369/02, zu II. der Gründe = Rn. 6). Im Übrigen kann im Hinblick auf die Kostenfolgen eines Rechtsmittels auch nicht angenommen werden, eine Partei wolle dieses schon vorsorglich einlegen, ohne auch nur deren Gründe geprüft zu haben.



    3. Damit ging die Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts vom 19. Januar 2021 insoweit mangels sofortiger Beschwerde ins Leere und bedurfte keiner ausdrücklichen Aufhebung.



    II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juni 2020 ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO; § 11 Abs. 1 RPflG; § 78 ArbGG statthaft und nach dem Beschwerdewert von 600,71 € auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch form- und fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erhoben. Soweit das Arbeitsgericht gemeint hat, die sofortige Beschwerde sei nicht rechtzeitig erhoben, trifft dies nicht zu. Aufgrund der Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 15. Juni 2020 war die Zweiwochenfrist unzweifelhaft bei Eingang der sofortigen Beschwerde am 24. Juni 2020 noch nicht abgelaufen (§ 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Dem Beklagten steht der der Höhe nach unstreitige Kostenerstattungsanspruch zu. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist für ihn im Rechtsbeschwerdeverfahren tätig geworden. Die hierdurch entstandenen Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten sind deshalb zu erstatten. Zur Glaubhaftmachung genügte im Streitfall die anwaltliche Versicherung.



    1. Bei der Frage, welche Kosten "durch" das Rechtsmittel "entstanden" sind, ist auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen. Danach gilt die Regel des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten, insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten hat, "soweit dies zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv notwendig war" (vgl. BAG 18. April 2012 - 3 AZB 22/11, Rn. 10). Wenn § 91 Abs. 2 ZPO vorsieht, dass die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind, liegt darin keine die Regelung in Absatz 1 verdrängende Spezialregelung. Vielmehr ist jede Prozesspartei aus dem Prozessrechtsverhältnis verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer rechtlichen Belange vereinbaren lässt. Diese Verpflichtung beherrscht als Ausdruck von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (BAG 14. November 2007 - 3 AZB 36/07, Rn. 11).



    2. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes in der Rechtsmittelinstanz ist dann notwendig in diesem Sinne, wenn eine verständige, wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme zum Zeitpunkt der Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BAG 18. April 2012 - 3 AZB 22/11, Rn. 10). Das ist dann der Fall, wenn sie als Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf. Im Normalfall bedeutet dies, dass der Rechtsmittelgegner einen Prozessbevollmächtigten bereits dann einschalten darf, wenn ein Rechtsmittel eingelegt ist (BAG 14. November 2007 - 3 AZB 36/07, Rn. 11; BGH 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02, zu II3c der Gründe).



    3. Nach diesen Grundsätzen stellt die Beschwerde zu Recht nicht in Abrede, dass der Beklagte zur Rechtsverteidigung einen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Rechte auch im Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragen durfte. Darüber streiten die Parteien auch nicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Normalfall ersichtlich. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist auch für diesen im Rechtsbeschwerdeverfahren tätig geworden.



    a) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist es unerheblich, dass der Beklagte im Rechtsbeschwerdeverfahren beim Bundesarbeitsgericht weder einen Antrag gestellt noch eine Beschwerdeerwiderung vorgelegt hat. Eines nach außen erkennbaren Tätigwerdens bedarf es nicht (BGH 25. Oktober 2012 - IX ZB 62/10, Rn. 11). Es genügt das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandanten. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr verdient, wenn er Informationen entgegen nimmt oder mit seinem Mandanten bespricht, wie er auf das von der Gegenseite eingelegte Rechtsmittel reagieren soll. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lässt die Verfahrensgebühr entstehen (BGH 25. Oktober 2012 - IX ZB 62/10, Rn. 13; LAG Köln 4 Ta 31/16, Rn. 9). Nicht ausreichend ist demgegenüber jedoch die Erledigung von Neben- und Abwicklungstätigkeiten der Beschwerdeinstanz. Nach § 15 Abs. 1 RVG entgelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Anfang bis zur Erledigung der Angelegenheit. Das Beschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren bilden dabei jeweils eine eigene Angelegenheit. Zum jeweiligen Rechtszug gehören dabei auch Neben- und Abwicklungstätigkeiten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 RVG). In § 19 Abs. 1 Satz 2 RVG hat der Gesetzgeber anhand von Regelbeispielen - "insbesondere" - Tätigkeiten aufgeführt, die er als zum Rechtszug gehörig ansieht. Nach Nr. 9 dieser Bestimmung gehört dazu auch die Inempfangnahme von Rechtsmittelschriften - hier also der Rechtsbeschwerde der Klägerin - und ihre Mitteilung an den Auftraggeber (vgl. BAG 14. November 2007 - 3 AZB 36/07, Rn. 9).



    b) Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte ein Tätigwerden seines Prozessbevollmächtigten ausreichend dargelegt.



    aa) Vorliegend macht der Beklagte mit dem Schriftsatz vom 22. Juni 2020 unter Ziffer 2 zweiter Absatz geltend, dass sämtliche Schriftsätze der Klägerin in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht nur an den Beklagten weitergeleitet worden seien, sondern dass auch erörtert worden sei, ob eine Äußerung im Rechtsbeschwerdeverfahren erforderlich sei. Im Streitfall sei entschieden worden, aus prozessökonomischen auf den lediglich wiederholenden Vortrag der Klägerin ebenfalls unter Wiederholung der bereits vorgetragenen Argumente zu verzichten. Mit Schriftsatz vom 04. März 2021 hat er noch einmal ausdrücklich den zeitlichen Ablauf geschildert und dazu vorgetragen, dass die "Beschwerdeschrift" vom 08. Juli 2019 mit Schreiben des "Beschwerdegerichts" vom 12. Juli 2019 am 17. Juli 2019 bei dem Prozessbevollmächtigten eingegangen und dieser die "Beschwerdeschrift" am 19. Juli 2019 elektronisch an ihn weiter geleitet habe. Noch am selben Tage sei dann telefonisch erörtert worden, sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu äußern, da das Vorbringen in der Rechtsbeschwerde dem Vortrag in den Vorinstanzen entsprochen habe.



    bb) Dieses Vorbringen ist ausreichend. Das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten hat sich nicht auf eine Entgegennahme und Weiterleitung der Rechtsmittelschrift und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte die Sache nach diesem Vorbringen mit dem Beklagten erörtert. Dazu genügte die telefonische, sachbezogene Besprechung (vgl. zum Entstehen einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG: BGH 27. Februar 2007 - XI ZB 39/05, Rn. 2, 6; OLG Saarbrücken 23. Dezember 2010 - 9 W 243/10, zu II. der Gründe = Rn. 6).



    4. Dieser Sachvortrag des Beklagten konnte trotz des ausdrücklichen Bestreitens durch die Klägerin der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Es genügte vorliegend die Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung.



    a) Im Verfahren nach den §§ 103 ff ZPO ist es nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sind. Gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Zur Glaubhaftmachung können gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet und vom Rechtspfleger verlangt werden (vgl. BGH 27. Februar 2007 - XI ZB 39/05, zu II.1aa er Gründe = Rn. 6). Die in § 294 Abs. 2 ZPO enthaltene Beschränkung auf präsente Nachweismittel gilt nicht in den Fällen, in denen das Gesetz die Glaubhaftmachung nicht erfordert, sondern wie im Fall des § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO lediglich genügen lässt. Weitere Voraussetzungen für den Nachweis der den Kostenansatz rechtfertigenden Umstände sind nicht vorgesehen (vgl. zum Ganzen: BGH 04. April 2007 - III ZB 79/06, zu II.2a der Gründe = Rn. 9). Die Entscheidung darüber, ob eine Tatsache glaubhaft gemacht ist oder nicht, ist ein Akt wertender richterlicher Erkenntnis (BGH 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, zu III.3 der Gründe = Rn. 12).



    b) Die anwaltliche Versicherung ist grundsätzlich ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung und auch im Streitfall ausreichend.



    aa) Im Rahmen der Kostenfestsetzung wird zwar im Umkehrschluss aus § 104 Abs. 2 Satz 2 angenommen, dass die bloße anwaltliche Versicherung nicht zwangsläufig aus reicht (vgl. OLG Köln - 2 Ws 686/13, Rn. 6). Insbesondere wenn das Vorhandensein objektiver Mittel der Glaubhaftmachung für den Fall der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen zu erwarten wäre, solche aber nicht vorgelegt werden, soll die anwaltliche Versicherung von allenfalls geringem Wert sein (vgl. LG Münster 09. April 2020 - 20 Qs 9/20, Rn. 28). Grundlage der Entscheidung sei ein an die konkreten Umstände angepasstes Maß an Glaubhaftigkeit (OLG Köln 18. Dezember 2013 - 2 Ws 686/13, Rn. 6; OLG Düsseldorf 27. August 2018 - 2 W 20/18, Rn. 2). Das gelte insbesondere dann umso mehr, wenn die Festsetzung von Gebühren in beträchtlicher Höhe verlangt werde, da das Maß an Glaubhaftigkeit auch die Folgen der betreffenden Entscheidung berücksichtigen müsse (OLG Düsseldorf 27. August 2018 - 2 W 20/18, Rn. 6). Gegebenenfalls könne und müsse der zuständige Rechtspfleger und im Beschwerdeverfahren die erkennende Kammer zum Zwecke der Aufklärung trotz anwaltlicher Versicherung zusätzlich schriftliche Erklärungen von Richtern, Parteien, Verfahrensbevollmächtigten und Zeugen einholen, Akten beiziehen, die Vorlage von Akten oder sonstigen Urkunden anordnen (OLG Düsseldorf 27. August 2018 - 2 W 20/18, Rn. 2; OLG Köln 18. Dezember 2013 - 2 Ws 686/13, Rn. 6).



    bb) Im Streitfall bedurfte es keiner Entscheidung, ob die anwaltliche Versicherung nur nach diesem eingeschränkten Maßstab ausreichend ist. Auch nach diesen Grundsätzen bedurfte es aufgrund der ausdrücklichen anwaltlichen Versicherung des Sachverhalts im Schriftsatz vom 04. März 2021 keiner weiteren Vorlage von Unterlagen und eidesstattlichen Versicherungen des Beklagten und seines Prozessbevollmächtigten zur Annahme der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der telefonischen Erörterung.



    (1) Für die Richtigkeit der anwaltlichen Versicherung spricht zunächst die zeitliche Abfolge. Danach ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Rechtsbeschwerdeschrift am 17. Juli 2019 zugegangen. Unerheblich ist insoweit, dass diese in der anwaltlichen Versicherung versehentlich als Beschwerdeschrift bezeichnet worden ist. Tatsächlich gemeint ist nach dem Kontext die Rechtsbeschwerde, wie die Benennung des Rechtsbeschwerdeverfahrens im weiteren Text der anwaltlichen Versicherung zeigt. Plausibel ist insoweit auch, dass die Prüfung der Rechtsbeschwerdeschrift bis zur Weiterleitung an den Beklagten und der telefonischen Erörterung des weiteren Vorgehens mit ihm lediglich zwei Tage in Anspruch genommen hat. Der erkennenden Kammer liegt zwar die Rechtsbeschwerdeschrift nicht vor. Dennoch bedurfte es weder der Beiziehung der Akte des Bundesarbeitsgerichts noch der Auflage an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten, die Rechtsbeschwerdeschrift vorzulegen. Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 2019 folgt unzweifelhaft, dass die hier vorgetragene Einschätzung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, die Rechtsbeschwerde enthalte keine neuen Argumente gegenüber dem Vorbringen in den Vorinstanzen, auf das eingegangen werden müsste, zumindest im Ergebnis zutreffend ist. Dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts lassen sich weder im Tatbestandsteil noch in der Begründung der Entscheidung neue Argumente entnehmen, die nicht schon Gegenstand der Erörterungen in den Vorinstanzen waren. Danach durften der Beklagte und sein Prozessbevollmächtigter zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Erwiderung auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin nicht erforderlich ist. Die Dokumentation der Entscheidung, sich nicht - wiederholend - zur Sache zu äußern, durch eine entsprechende schriftsätzliche Erklärung gegenüber dem Bundesarbeitsgericht mag im Hinblick auf den Nachweis des Tätigwerdens sinnvoll sein, zwingend erforderlich war sie aber nicht.



    (2) Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass grundsätzlich von der Richtigkeit des anwaltlich versicherten Vorbringens ausgegangen werden darf (vgl. zur Wiedereinsetzung: BGH 12. November 2014 - XII ZB 289/14, Rn. 14), es hier nicht um sehr hohe Gebühren geht, der Prozessbevollmächtigte auch gerade kein umfangreiches Tätigwerden behauptet und sein Vorbringen deshalb in hohem Maße plausibel ist, bedurfte es keiner über die anwaltliche Versicherung hinausgehenden Glaubhaftmachung mehr.



    (3) Unerheblich ist insofern auch, dass der Beklagtenvertreter in der anwaltlichen Versicherung nicht auf seine Standespflichten Bezug genommen hat (so aber: BGH 05. Juli 2017 - XII ZB 463/16, Rn. 14). Dies stellt einen bloßen Formalismus dar (so zutreffend: Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 294 Rn. 5).



    III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglos eingelegten sofortigen Beschwerde zu tragen.



    IV. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 4 ZPO) durch Beschluss des Vorsitzenden (§ 574 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 78 Satz 2 ZPO) ergehen.



    V. Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht. Die Entscheidung ist damit unanfechtbar (§ 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 574 Abs. 1 ZPO).

    Vorschriften