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  • 20.01.2011

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 26.11.2010 – 1 Ta 270/10

    Monatliche Kosten für Darlehenstilgungen sind i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO vom Einkommen abzugsfähig, wenn die zugrunde liegende Kreditaufnahme vor Prozessbeginn erfolgt oder die Darlehensschulden zur Finanzierung lebenswichtiger Anschaffungen gedient haben und die Höhe der Zins- und Tilgungsraten angemessen ist.


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 27.05.2010 teilweise abgeändert. Der Kläger hat bei einem einzusetzenden Einkommen von 232,08 - ab Antragstellung monatliche Raten in Höhe von 75,00 - zu zahlen.

    Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Gerichtsgebühren werden auf die Hälfte ermäßigt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

    Mit Beschluss vom 27.05.2010 hat das Arbeitsgericht Köln Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass der Kläger bei einem einzusetzenden Einkommen in Höhe von 506,00 - eine monatliche Rate von 200,00 - zu zahlen hat.

    Gegen den am 14.06.2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger durch Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten am 14.07.2010 sofortige Beschwerde erhoben, mit der er geltend macht, bei der Berechnung seien die angegebenen Kreditbelastungen sowie monatliche Versicherungsbeiträge von dem einzusetzenden Einkommen abzuziehen.

    Mit Beschluss vom 23.07.2010 hat das Arbeitsgericht Köln der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, Abzahlungsverpflichtungen könnten nicht von dem einzusetzenden Einkommen abgesetzt werden, da entsprechende geldwerte Leistungen zugeflossen seien.

    II.

    Die sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 27.05.2010 ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO i. V. m. §§ 11 a Abs. 3 ArbGG, 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 569 ZPO zulässig. Sie ist begründet, soweit dem Kläger monatliche Raten über 75,- - hinaus auferlegt worden sind, im Übrigen ist sie unbegründet.

    Der Kläger verfügt i.S.v. § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO über ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 232,08 - monatlich, das nach den Tabellenwerten des § 115 Abs. 2 ZPO zu einer Ratenzahlungsverpflichtung in Höhe von 75,00 - führt. Das einzusetzende Einkommen errechnet sich wie folgt:

    1. Von dem monatlichen Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 1.437,94 - sind neben dem Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 180,00 - und dem Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 395,00 - (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b u. Nr. 2 a ZPO) anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO) in Höhe von 324,14 - abzusetzen.

    Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er mit seiner Ehefrau eine gemeinsame Wohnung bewohnt, für die 490,00 - Miete sowie 76,00 - Nebenkosten für Heizung, somit insgesamt 566,00 - aufzubringen sind. Weitergehende Nebenkosten für Strom und Wasser sind nicht abzugsfähig, denn sie gehören zur allgemeinen Lebenshaltung und sind bereits in den Freibeträgen für das Existenzminimum enthalten (BGH v. 08.01.2008 - VIII ZB 18/06 - NJW-RR 2008, 595; LAG Köln v. 13.07.2010 - 1 Ta 130/10 -; LAG Rheinland-Pfalz v. 17.01.2008 - 3 Ta 291/07 - bei juris; OLG Saarbrücken v. 18.02.2010 - 6 WF 20/10 - bei juris; Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 115 Rn. 22).

    An den abzugsfähigen Wohnkosten hat sich der Kläger anteilig im Verhältnis zu den Nettoeinkommen der verdienenden Mitbewohner zu beteiligen (LAG Düsseldorf v. 18.03.2008 - 3 Ta 93/08 bei juris -; OLG Köln v. 17.02.2003 - 14 WF 22/03 - FamRZ 2003, 1394; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 274 m. w. N.). Ausgehend von einem Nettoeinkommen der Ehefrau in Höhe von 1.072,66 - und einem Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 1.437,94 - ergibt sich ein Anteil des Klägers von 57,27 %. Bezogen auf die Kosten für Wohnung und Heizung i. H. v. 566,00 - errechnet sich ein anteiliger Betrag von 324,14 -.

    2. Abzugsfähig sind weiterhin Darlehnsraten i. H. v. 172,37 - und 113,96 -.

    a) Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO sind die monatlichen Kosten für Darlehenstilgungen abzugsfähig, wenn die ihnen zugrunde liegende Kreditaufnahme vor Prozessbeginn erfolgt oder die Darlehensschulden zur Finanzierung lebenswichtiger Anschaffungen gedient haben und die Höhe der Zins- und Tilgungsraten angemessen ist. Denn das Gesetz stellt für die Gewährung von Prozesskostenhilfe auf die konkrete Leistungsfähigkeit des Antragstellers ab. Diese kann durch Verbindlichkeiten, die in einem angemessenen Rahmen liegen, gemindert sein. Dementsprechend ist die Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten, die in monatlichen Raten getilgt werden, nicht nur von der Rechtsprechung der erkennenden sowie anderer Kammern des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln v. 13.10.2010 - 1 Ta 297/10 -; LAG Köln v. 17.06.2010 - 7 Ta 423/09 -; LAG Köln v. 06.02.2008 - 14 Ta 388/07 -; LAG Köln v. 24.10.2007 - 11 Ta 313/07 -; LAG Köln v. 14.03.2003 - 3 (5) Ta 58/03; LAG v. 14.09.1998 - 2 Ta 217/98 -) sondern auch sonst in Rechtsprechung und Literatur anerkannt (z.B. BGH v. 15.11.1989 - IV b ZR 70/89 - NJW-RR 1990, 450; OLG Köln v. 08.02.1994 - 25 WF 10/94 - MDR 1995, 314; OLG Köln v. 12.09.1995 - 16 W 46/95 - FamRZ 1996, 873; OLG Hamm v. 13.06.2006 - 6 WF 160/06 - FamRZ 2007, 155; LAG Rheinland-Pfalz v. 07.01.2010 - 7 Ta 249/09 - bei juris; Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 115 Rn. 38 ZPO m. w. N.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl. 2010 Rn. 294).

    b) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind zunächst die vom Kläger glaubhaft gemachten monatlichen Tilgungsleistungen in Höhe von 300,99 - für einen vor Prozessbeginn in Anspruch genommenen Kredit bei der Volksbank D v. 23.08.2006 zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf, dass diese Darlehensverbindlichkeit im Zusammenhang mit der gemeinsamen Wohnung und der gemeinsamen Lebensführung entstanden ist, hat die Ehefrau sich im Rahmen der Unterhaltspflicht (§§ 1360, 1360 a BGB) an den Kosten im Verhältnis ihres Nettoeinkommens zu beteiligen. Es verbleibt unter Berücksichtigung des Anteils des Klägers von 57,27 % ein abzugsfähiger Betrag in Höhe von 172,37 -.

    c) Darüber hinaus hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass aus Anlass des Umzugs in die derzeitige Wohnung bei der Fa. E eine Darlehensaufnahme für Renovierungsarbeiten erfolgt ist. Hierfür sind monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 199,00 - zu leisten. Unter Berücksichtigung des Anteils des Klägers am Gesamteinkommen von 57,27 % ergeben sich abzugsfähige Kosten in Höhe von 113,96 -.

    3. Weiter abzugsfähig sind anteilige Versicherungsbeiträge i. H. v. 20,39 -.

    Nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII sind vom Einkommen angemessene Versicherungsbeiträge abzusetzen. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er zusammen mit seiner Frau für Haftpflichtversicherung, Hausratversicherung, Rechtsschutzversicherung und Unfallversicherung einen monatlichen Gesamtbetrag in Höhe 35,60 - aufzubringen hat. Derartige Versicherungen gehören zum normalen Lebenszuschnitt, sind angemessen und daher grundsätzlich abzugsfähig (vgl. dazu Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 115 Rn. 23 m. w. N.). Unter Berücksichtigung der Beteiligungsquote des Klägers (57,27 %) errechnet sich ein Betrag i. H. v. 20,39 -.

    4. Die geltend gemachte Belastung im Hinblick auf den Dispokredit bei der Sparkasse kann indes keine Berücksichtigung finden. Aus den vorgelegten Unterlagen ist nämlich nicht ersichtlich, dass regelmäßige Tilgungsleistungen vergleichbar einem Ratenkredit geleistet werden. Es kommt hinzu, dass die Angemessenheit des Saldos auf dem Sparkassenkonto nicht dargelegt ist. Es ist weder der konkrete Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf ersichtlich, noch wie hoch die Anschaffungskosten für den Pkw waren und wofür der Überziehungskredit des Girokontos sonst verwandt worden ist. Insoweit kann die erforderliche Angemessenheitsprüfung (OLG Köln v. 12.09.1995 - 16 W 46/95 FamRZ 1996, 873; LAG Köln v. 06.02.2008 - 14 Ta 388/07) nicht erfolgen.

    5. Soweit in der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Fahrtkosten angegeben sind, sind diese ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Es ist weder erläutert, wo sich die Arbeitsstätte befindet, wie groß die Entfernung zum Wohnort ist und mit welchem Verkehrsmittel die Strecke zurückgelegt wird. Bei der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln wären darüber hinaus entsprechende Belege vorzulegen gewesen.

    6. Nach alledem ergibt sich folgende Berechnung:

    Nettoeinkommen 1.437,94 -

    abzüglich Erwerbstätigenfreibetrag 180,00 -

    Unterhaltsfreibetrag 395,00 -

    Kosten für Miete und Heizung 324,14 -

    Darlehen Volksbank anteilig 172,37 -

    E anteilig 113,96 -

    Versicherungsbeiträge anteilig 20,39 -

    einzusetzendes Einkommen 232,08-.

    III.

    Im Hinblick auf den Teilerfolg der sofortigen Beschwerde war die Beschwerdegebühr gemäß GKG-KV Nr. 8614 entsprechend zu reduzieren.

    IV.

    Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Satz 2 ArbGG i. V. m. §§ 72 Abs.2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

    Dr. vom Stein