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  • 17.06.2011

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 10.05.2007 – 16 Sa 1780/06

    1)Mit einer Vertragsklausel, wonach die Arbeitszeit nicht festgeschrieben ist und
    mindestens 40 Wochenstunden beträgt, werden Überstunden allgemein angeordnet, wenn darüber hinaus bestimmt ist, dass sich der Mitarbeiter auch außerhalb der üblichen Arbeitszeit einsetzt, sofern es der Arbeitsablauf in seinem Tätigkeitsbereich erfordert oder besondere Aufgaben zu erfüllen sind und der Arbeitnehmer verpflichtet ist, Mehrarbeit zu leisten.

    2)Bestimmt der Arbeitsvertrag weiter, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, Mehrarbeit zu leisten, ohne hierfür eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, so kann der
    Arbeitnehmer trotzdem die Vergütung von Mehrarbeit verlangen, wenn ein Tarifvertrag im Betrieb allgemein angewendet wird, der die Vergütung von Mehrarbeit vorsieht. Dies gilt auch dann, wenn der Formulararbeitsvertrag als "außertariflicher Anstellungsver-trag" geschlossen worden ist, der Arbeitnehmer jedoch unter den persönlichen
    Geltungsbereich des Tarifvertrages fällt.

    3)Durch die Erklärung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer unter Anrechnung eventuell noch ausstehender Urlaubs-, Arbeitszeitausgleichs- und Guttage vom Dienst während der Kündigungsfrist freigestellt werde, wird Erfüllung nach § 362 BGB nicht bewirkt, wenn mehrere Verbindlichkeiten bestehen und diese nicht vollständig abgedeckt werden. In einem solchen Fall bedarf es einer Tilgungsbestimmung durch den Schuldner.


    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 04.10.2006 - 2 Ca 223/06 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.333,44 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.03.2006 zu zahlen.

    Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung sowie um Überstundenvergütung.

    Der am 18.01.1975 geborene Kläger ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Er war seit dem 01.08.2005 als Abteilungsleiter Küche bei der Beklagten beschäftigt. Diese unterhält im Bundesgebiet 10 Autohöfe, Sitz der Hauptverwaltung ist N1. Sie gehört dem Bundesverband der System-Gastronomie an und wendet den Bundesmanteltarifvertrag System-Gastronomie an. Der Kläger war im Autohof W1 tätig. Dieser wurde im September 2005 eröffnet, das Eröffnungsbüfett fand am 23./24.09.2005 statt.

    Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der als außertariflicher Anstellungsvertrag bezeichnete schriftliche Arbeitsvertrag vom 27.06.2005. Danach war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, während derer die Vertragspartner das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen konnten. § 3 enthält die folgende Regelung:

    "§ 3 Arbeitszeit/Entgelt

    Die Arbeitszeit ist nicht festgeschrieben und beträgt mindestens 40 Wochenstunden.

    Der Arbeitgeber geht davon aus, dass die Angestellte dem Unternehmen die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt und die Betriebsinteressen in besonderem Maße fördert. Das bedeutet, dass sich die Mitarbeiterin auch außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit einsetzt, sofern es der Arbeitsablauf in seinem Tätigkeitsbereich erfordert oder besondere Aufgaben zu erfüllen sind. Die Angestellte verpflichtet sich, insoweit Sonntags-, Feiertags-, Mehr- oder Überarbeit zu leisten, ohne hierfür eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Insbesondere sind Reisezeiten mit einer Vergütung abgegolten.

    Die Angestellte erhält ein monatliches Gehalt in Höhe von brutto - 2.300,00 (in Worten: Zweitausenddreihundert EURO).

    Mit der Vergütung sind Gratifikationen, Vermögenswirksame Leistungen usw. abgegolten."

    Der Urlaubsanspruch wurde im Umfang der gesetzlichen Bestimmungen vereinbart. Außerdem enthielt der Arbeitsvertrag eine Regelung über eine Verfallfrist, die, soweit eine gesetzliche Verfallfrist nicht eingreift, für alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis drei Monate nach Fälligkeit beträgt. Der Verfall sollte nicht eintreten, wenn solche Ansprüche innerhalb dieses Zeitraums schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Anstellungsvertrages (Bl. 6 ff. d.A.) Bezug genommen.

    Der Kläger war in der Küche des zum Autohof in W1 gehörenden Restaurationsbetriebes eingesetzt. Seine Arbeitszeiten registrierte der Kläger im Zeiterfassungssystem, zu dem lediglich die Personalsachbearbeiterin B2 und der Betriebsleiter S8 Zugang hatten. Hinsichtlich der in der Zeit vom 01.09.2005 bis 31.01.2006 geleisteten Arbeitszeiten wird auf das vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichte, der EDV der Beklagten entstammende Mitarbeiterjournal Bl. 52 - 61 d.A. Bezug genommen. An insgesamt 13 Arbeitstagen sind die Eingaben aufgrund der Angaben des Klägers von der zuständigen Mitarbeiterin von Hand vorgenommen worden.

    Am 05.12.2005 sowie Anfang Januar 2006 kam es zu Gesprächen zwischen dem Kläger einerseits, dem Gebietsleiter B4 und dem Betriebsleiter S8 auf Seiten der Beklagten andererseits. Gegenstand der Gespräche waren zum einen die Arbeitszeiten des Klägers, zum anderen Beanstandungen hinsichtlich der Leistungen der Küche. Die Beklagte war insoweit der Auffassung, dass der Kläger seine Vorgaben hinsichtlich des Küchenstandards nicht ordnungsgemäß umsetze. Demgegenüber verwies der Kläger auf die von ihm geleisteten Arbeitsstunden und kündigte an, zukünftig nicht mehr in diesem Umfang arbeiten zu wollen. Die Beklagte bot dem Kläger eine Verlängerung der Probezeit bis zum 31.05.2006 mit der Vereinbarung einer Beendigung zu diesem Zeitpunkt für den Fall der Nichtbewährung an, was der Kläger ablehnte.

    Mit Schreiben vom 30.01.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 15.02.2006, die Kündigung ging dem Kläger an diesem Tag zu.

    Mit seiner am 13.02.2006 eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung, die er gemäß § 612 a BGB für nichtig hält. Mit Schriftsatz vom 28.02.2006 hat der Kläger die Klage um Überstundenvergütung für die Monate September bis November 2005 erweitert, mit Schriftsatz vom 02.03.2006 um Überstundenvergütung für die Monate Dezember und Januar 2006 und mit Schriftsatz vom 06.03.2006 um Vergütung für Februar 2006 einschließlich Mehrarbeitsvergütung. Eine erneute Klageerweiterung um Urlaubsabgeltung und mit einer Neuberechnung seiner Überstundenansprüche hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.06.2006 vorgenommen.

    Durch Urteil vom 04.10.2006, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigungsschutzklage sei unbegründet, weil auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde und ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht vorliege. Aufgrund der dem Kläger am 30.01.2006 zugegangenen Kündigung ende das Arbeitsverhältnis am 15.02.2006 gemäß der in § 15.1.2 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe NRW vorgesehenen Kündigungsfrist von 14 Tagen. Dieser Tarifvertrag, der für allgemeinverbindlich erklärt worden sei, finde auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überstundenvergütung für die Monate September bis November 2005 bestehe schon deshalb nicht, weil diese Ansprüche gemäß § 16.1 Satz 1 MTV Hotel- und Gaststättengewerbe NRW verfallen seien. Hinsichtlich der nicht verfallenen Ansprüche für die Monate Dezember 2005 bis Januar 2006 habe der Kläger die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch nicht substantiiert dargelegt. Zwar habe er die geleisteten Arbeitszeiten im Einzelnen angegeben, allerdings habe die Beklagte einzelne, nachträglich in das Mitarbeiterjournal eingetragene Arbeitszeiten bestritten. Im Übrigen habe der Kläger jedoch nicht vorgetragen, dass die Überstunden von der Beklagten angeordnet, gebilligt oder geduldet worden oder zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen seien.

    Gegen dieses, ihm am 27.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.11.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.01.2007 am 30.01.2007 begründet.

    Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung vom 30.01.2006 stelle ganz offensichtlich eine Reaktion der Beklagten auf seine Hinweise dar, künftig die zu leistende Arbeitszeit an den Regelungen im Anstellungsvertrag auszurichten oder die erheblichen Überstunden vergütet zu bekommen. Es seien zwar gewisse Mängel aufgetreten, die neben der Arbeitszeit Anlass zu den Gesprächen gewesen seien. Er habe aber darauf hingewiesen, dass diese von ihm nicht zu vertreten gewesen seien, da nur kleinere Mängel festgestellt worden seien zu Zeiten, als er als Küchenleiter nicht gegenwärtig gewesen sei.

    Der Kläger behauptet, die Arbeitszeiten, wie es sich aus den von ihm überreichten Mitarbeiterjournalen für die Zeit von September 2005 bis einschließlich Januar 2006 ergäben, entsprächen seiner tatsächlich geleisteten Tätigkeit. Dem Autohof in W1 sei ein Hotel angeschlossen. Die Gäste dieses Hotels würden ebenfalls von der Küche der Beklagten, für die er, der Kläger, als Küchenleiter verantwortlich gezeichnet habe, verköstigt und versorgt. Die Beklagte hielte den Bereich 24 Stunden offen und das an sieben Tagen in der Woche. Dementsprechend sei die Küche 24 Stunden am Tag geöffnet und in Betrieb. Dies bedeute in der Praxis, dass er als Leiter ca. 12 Stunden am Tag die Leitung in der Küche habe übernehmen müssen, während sein Stellvertreter die anderen 12 Stunden tätig gewesen sei. Die tatsächlichen Zwänge hinsichtlich der Küchenleitung und der rundum geöffneten Küche hätten ihn, den Kläger, als Küchenleiter gezwungen, tagtäglich mindestens 12 Stunden präsent zu sein, von geringen Ausnahmen einmal abgesehen. Er sei zudem von dem Betriebsleiter S8, wenn viel zu tun und das Hotel besetzt gewesen sei, aufgefordert worden, länger im Betrieb zu bleiben und noch eine Schicht anzuhängen, bis der größte Ansturm, meist gegen 23.00 Uhr nachts, vorbei gewesen sei. Dies sei mindestens zwei- bis dreimal in der Woche geschehen und auch von der Mitarbeiterin der Personalabteilung regelmäßig mitbekommen worden. Anhand der Mitarbeiterjournale sei dies deutlich ersichtlich, und zwar für diejenigen Tage, an denen er von morgens bis abends ca. 22.00 Uhr oder 23.00 Uhr gearbeitet habe. Im Übrigen müsse auch der jetzige Küchenchef, um den Arbeitsanfall zu bewältigen, im Monatsdurchschnitt über 270 Stunden ohne Pausen durcharbeiten, arbeitstäglich mindestens 12 Stunden. Auf die arbeitsvertragliche Verfallklausel könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie ihn durch die sittenwidrige Klausel in § 3 des Arbeitsvertrages von der Geltendmachung seiner Überstundenvergütung abgehalten habe. Sein Überstundenanteil habe teilweise 60 % bis 70 % betragen, sodass die Klausel den gesetzlichen Anforderungen nicht standhalte. Da er die Mitarbeiterjournale erst am 27.12.2005 bzw. 02.01. und 31.01.2006 erhalten habe, er deshalb seinen Anspruch auch gar nicht habe geltend machen können, seien sie auch bei Zugrundelegung einer dreimonatigen Verfallfrist noch nicht verfallen gewesen.

    Der Kläger beantragt:

    1.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 04.12.2006 - 2 Ca 223/06 - wird abgeändert,

    2.

    es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.01.2006 nicht aufgelöst worden ist,

    3.

    die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Küchenleiter weiterzubeschäftigen bei Meidung eines in das Ermessen des Gerichts gesetzten Zwangsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung,

    4.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.604,75 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 zu bezahlen,

    5.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.099,07 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2005 zu bezahlen,

    6.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.756,71 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu bezahlen,

    7.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.496,21 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu bezahlen,

    8.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.056,40 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu bezahlen,

    9.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.280,26 - brutto abzüglich gezahlter 711,41 - netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu bezahlen,

    10.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 974,50 - brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu bezahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf die im Manteltarifvertrag Hotel- und Gaststättengewerbe NRW geregelten Ausschlussfristen. Überstunden seien vom Betriebsleiter nicht angeordnet, vielmehr der Kläger wiederholt darauf hingewiesen worden, dass er in der Einteilung der Arbeitszeit frei sei. Eine Anwesenheit des Klägers von 12 Stunden sei nicht erforderlich gewesen, es sei unzutreffend, dass der jetzige Küchenleiter im Monatsdurchschnitt über 270 Stunden arbeiten müsse. Im Übrigen sei die Berechnung auch auf der Grundlage des Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW der Höhe nach nicht zutreffend. Die Behauptung des Klägers, er habe keine Pausen machen können, sei unzutreffend und falsch. Es sei damit zu Recht je Arbeitstag eine Pausenzeit von 0,5 Stunden in Abzug gebracht worden.

    Zum weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Berufung des Klägers ist nur teilweise begründet.

    I

    Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2006 mit Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist von 14 Tagen am 15.02.2006 beendet worden.

    1)
    Die Kündigungsfrist ergibt sich, wie vom Arbeitsgericht zutreffend entschieden, aus der Anwendbarkeit des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe NRW. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird zunächst Bezug genommen. In diesem Zusammenhang kommt es auf das Verhältnis zum Manteltarifvertrag Systemgastronomie nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen nicht an. Der Kläger hat seinen ursprünglichen Sachvortrag, dieser Tarifvertrag, der eine Kündigungsfrist von vier Wochen vorsieht (§ 2 Abs. 3 Unterabs. 2), sei anwendbar, später bewusst im Hinblick auf die geltend gemachte Überstundenvergütung fallen gelassen und sich ausschließlich auf den Manteltarifvertrag Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW berufen.

    2)
    Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstößt. Auch insoweit wird zunächst auf die wohl abgewogene und umfassende Begründung des Arbeitsgerichts verwiesen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die zulässige Rechtsausübung der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein muss. Der Kläger, der nach allgemeinen Grundsätzen für die tatsächlichen Voraussetzungen, die die Rechtswidrigkeit einer solchen Kündigung zu begründen vermögen, darlegungs- und beweispflichtig ist, hat selbst vorgetragen, dass in dem mit ihm am 05.12.2005 sowie Anfang 2006 geführten Gesprächen Mängel von Seiten der Beklagten gerügt worden seien. Der Kläger befand sich in der Probezeit. Es ist durchaus nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis in der Probezeit beendete, ohne im Einzelnen festzustellen, ob der Kläger die Mängel jeweils konkret zu vertreten hatte. Als Küchenleiter war er jedenfalls für die ordnungsgemäße Führung der Küche verantwortlich. Insoweit kann schon auf der Grundlage des Sachvortrages des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass der Ausspruch der Kündigung eine unzulässige Maßregelung durch die Beklagte darstellt.

    II

    Jedoch ist der Anspruch des Klägers auf Vergütung der von ihm geleisteten Mehrarbeit teilweise begründet.

    1)
    Im Umfang des ausgeurteilten Betrages besteht der Anspruch des Klägers sowohl auf der Grundlage des Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW vom 23.03.1995, in der Fassung vom 15.07.2004 (im Folgenden: MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW), als auch nach dem Manteltarifvertrag Systemgastronomie Westdeutschland (im Folgenden: MTV Systemgastronomie). Während der MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW aufgrund der Bekanntmachung vom 10.03.2005 durch das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, wendet die Beklagte den Manteltarifvertrag Systemgastronomie nach ihrem eigenen Sachvortrag in ihrem Betrieb an.

    a)
    Freilich hat die Beklagte mit dem Kläger einen "außertariflichen" Anstellungsvertrag geschlossen, was bedeutet, dass ein Tarifvertrag keine Anwendung finden sollte. Hiermit kann sie jedoch aus Rechtsgründen nicht durchdringen. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar für die Anwendbarkeit des MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW. Dieser gilt persönlich für alle Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Auszubildende der unter den betrieblichen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer. Ausgenommen sind lediglich Musiker und Artisten. Hierzu gehört der Kläger als Küchenleiter nicht. Die somit begründete unmittelbare und zwingende Wirkung dieses allgemeinverbindlichen Tarifvertrages kann durch Vertrag nicht ausgeschlossen werden (§ 5 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 TVG).

    b)
    Die Geltung des MTV Systemgastronomie beruht dagegen auf dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe und eine sachfremde Gruppenbildung . Zwar genießt der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang, dies jedoch nur dann, wenn es sich um individuell vereinbarte Arbeitsbedingungen handelt (st. Rspr. des BAG, vgl. Urteil vom 19.08.1992 - 5 AZR 513/91 - NZA 1993, 171 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Entscheidungsfall nicht erfüllt. Schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild handelt es sich um einen von der Beklagten gestellten Formulararbeitsvertrag - wofür auch spricht, dass im Arbeitsvertrag des Klägers von "die Angestellte" die Rede ist, was darauf hindeutet, dass eine Vorlage gewählt worden ist, die auf den Kläger als männlichen Angestellten jedoch nicht zutrifft. Zudem ist die hier in Frage stehende Vertragsklausel aus dem Verfahren 16 Sa 129/07 gerichtsbekannt und wird in weiteren Arbeitsverträgen mit der Beklagten verwandt.

    Da die Beklagte den MTV Systemgastronomie anwendet, dieser nach seinem persönlichen Geltungsbereich für alle Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in den Mitgliedsbetrieben und -unternehmen des Bundesverbands der Systemgastronomie gilt, ist die Bestimmung in § 4 Abs. 1 dieses Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

    2)
    Beide Tarifverträge enthalten allerdings unterschiedliche Bestimmungen zur Bezahlung von Mehrarbeit.

    a)
    Nach § 5.4 des MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW gelten als Mehrarbeit die Arbeitsstunden, die über die gemäß § 3.1 dieses Tarifvertrages geltende regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinausgehen. Nach § 3.1 MTV beträgt die regelmäßige monatliche Arbeitszeit 169 Stunden. Sie kann einzelvertraglich auf bis zu 199 Stunden ausgedehnt werden (höchstzulässige Arbeitszeit). Von dieser Möglichkeit haben die Parteien jedoch keinen Gebrauch gemacht. Sie haben zwar in § 3 ihres Arbeitsvertrages vereinbart, dass die Arbeitszeit nicht festgeschrieben ist und "mindestens" 40 Stunden beträgt. Diese Regelung kann jedoch nicht als Vereinbarung einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von mehr als 173 Stunden, die sich bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden regelmäßig ergeben, bis hin zu 199 Stunden im Sinne des § 3.1 MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW verstanden werden. Die vertragliche Regelung enthält schon ihrem Wortlaut nach keine bestimmte regelmäßige Arbeitszeit über 173 Stunden hinaus ("nicht festgeschrieben"). Vielmehr handelt es sich, wie dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Bestimmung zu entnehmen ist, um die Vereinbarung von Mehrarbeit, die allerdings ohne zusätzliche Bezahlung geleistet werden soll. Die vertragliche Klausel unterscheidet nämlich zwischen "üblicher" Arbeitszeit und einer außerhalb dieser Zeiten liegenden Arbeitszeit, die sich dann ergibt, wenn der Arbeitsablauf den Einsatz des Mitarbeiters außerhalb dieser üblichen Arbeitszeit in dessen Tätigkeitsbereich erfordert und besondere Aufgaben zu erfüllen sind. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund getroffen worden, dass der Arbeitgeber davon ausgeht, dass der Angestellte dem Unternehmen die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt und die Betriebsinteressen im besonderen Maße fördert. Die schon nach dem Wortlaut des Vertrags mögliche Auslegung entspricht den Interessen der Beklagten jedenfalls dann, wenn die weitere Bestimmung, dass der Angestellte unter anderem für M3- und Überarbeit keine zusätzliche Vergütung erhalten soll, berücksichtigt wird. Da es sich um einen von der Beklagten gestellten Formulararbeitsvertrag handelt, kommt § 305 c Abs. 2 BGB zum Zuge, wonach Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Dies bedeutet für die vorliegende Vertragsbestimmung, dass eine Vereinbarung im Sinne von § 3.1 MTV nicht getroffen worden ist. Gegen den Willen der Parteien, eine solche Vereinbarung abzuschließen, spricht im Übrigen, dass der Kläger als außertariflicher Angestellter bezeichnet worden ist.

    b)
    Nach § 4 Abs. 1 MTV Systemgastronomie ist die über die regelmäßige tägliche, betriebliche Arbeitszeit hinaus geleistete und angeordnete Arbeit mit dem tariflichen Stundenlohn plus 25 % Zuschlag zu bezahlen. Soweit die Mehrarbeit innerhalb eines monatlichen Abrechnungszeitraums (173 Stunden) ausgeglichen wird, entfällt die Zahlung des Zuschlags bzw. die Gewährung eines Freizeitzuschlags.

    Der Kläger hat Mehrarbeit im Sinne des Tarifvertrages geleistet. Es ist insoweit davon auszugehen, dass in beiden Tarifverträgen für den Begriff der Mehrarbeit die in der Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsätze gemeint sind. Dies ergibt sich daraus, dass beide Manteltarifverträge keine eigene Definition der Mehrarbeit enthalten. Es ist deshalb anzunehmen, dass dieser tarifliche Begriff der allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung entspricht. Die in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Voraussetzungen und die für eine gerichtliche Durchsetzung von Überstundenansprüchen geltenden Grundsätze hat das Arbeitsgericht zutreffend dargestellt. Auf diese Ausführungen wird zunächst Bezug genommen.

    3)
    Allerdings hat das Arbeitsgericht für die vorliegende Fallgestaltung hinreichende Darlegungen des Klägers zur Anordnung von Überstunden vermisst. Dem ist jedoch nicht zu folgen.

    a)
    § 3 des Arbeitsvertrages ist zu entnehmen, dass der Arbeitnehmer über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit zu leisten hat. Danach geht die Beklagte davon aus, dass der Angestellte dem Unternehmen die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt und die Betriebsinteressen im besonderen Maße fördert. Die aus diesem allgemeinen Grundsatz konkret resultierende Verpflichtung des Klägers besteht, wie im nachfolgenden Satz ausgeführt, darin, dass sich der Kläger auch außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit einsetzt, sofern es der Arbeitsablauf in seinem Tätigkeitsbereich erfordert oder besondere Aufgaben zu erfüllen sind. Wird des weiteren berücksichtigt, dass die Arbeitszeit nicht festgeschrieben ist und "mindestens" 40 Wochenstunden beträgt, so ist leicht erkennbar, dass die Parteien davon ausgegangen sind, dass der Kläger regelmäßig über die Mindestarbeitszeit von 40 Wochenstunden hinaus tätig wird. Wie die Beklagte selbst vorgetragen hat, ist die vertragliche Regelung dahingehend zu verstehen, dass der Kläger in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei war und es ihm als Abteilungsleiter Küche oblag, die Abteilung so zu organisieren, dass der Ablauf und vor allem die Qualität der Küche dem von der Beklagten vorgegebenen Standard entsprach. Hierauf sei er wiederholt hingewiesen worden. Die Beklagte selbst hat vorgetragen, dass eine über die Mindestwochenarbeitszeit von 40 Stunden hinausgehende Arbeitszeit jedenfalls im Umfang bis zu den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes vom Kläger zu erwarten gewesen sei. War dies aber der Fall, so war Mehrarbeit allgemein angeordnet. Darauf, ob dies darüber hinaus im Einzelfall geschehen ist, kommt es nicht an. Es oblag vielmehr dem Ermessen des Klägers, ob er Mehrarbeit zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Tätigkeit für erforderlich hielt.

    Dieses Ermessen hat der Kläger ordnungsgemäß ausgeübt. Es ist nachvollziehbar, dass in dem neu eröffneten Autohof die Anwesenheit des Klägers als Küchenleiter in besonderem Maße erforderlich war. Insbesondere gilt dies für die ganz erheblichen Arbeitszeiten, die wegen des Eröffnungsbüfetts angefallen sind.

    b)
    Unabhängig davon, ob der Kläger vom Betriebsleiter S8 mehrfach aufgefordert worden ist, noch länger im Betrieb zu bleiben und noch eine Schicht anzuhängen, wie der Kläger vorträgt, was zwischen den Parteien jedoch streitig ist, war der Umfang der Tätigkeit des Klägers im EDV-System festgehalten und musste von daher dem Betriebsleiter S8, der neben der Mitarbeiterin der Personalabteilung B2 Zugang zu diesen Daten hatte, bekannt sein, ohne dass dieser sich veranlasst gesehen hätte, den Kläger wegen dieses erheblichen Umfangs der Arbeitsleistung anzusprechen. Hieraus folgt zugleich, dass die vom Kläger abgeleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden von der Beklagten gebilligt oder geduldet worden sind.

    4)
    Der Kläger hat den Umfang seiner Mehrarbeit auch substantiiert vorgetragen.

    Er hat sich auf die Mitarbeiterjournale der Beklagten bezogen, in denen für jeden einzelnen Arbeitstag sowohl Beginn als auch Ende der Arbeitszeit angegeben ist. Wenn - wie hier - die Arbeitszeit an jedem einzelnen Tag EDV-mäßig erfasst wird und der Arbeitnehmer sich lediglich auf diejenigen geleisteten Arbeitsstunden bezieht, die der Arbeitgeber selbst in seiner Datenverarbeitung gespeichert hat, so ist dies für die Substantiierung des Anspruchs ausreichend. Es wird hierdurch dem Arbeitgeber ermöglicht, den Anspruch des Arbeitnehmers im Einzelnen nachzuprüfen. Unter diesen Umständen genügt ein einfaches Bestreiten der angegebenen Stunden nicht mehr. Der Arbeitgeber ist vielmehr verpflichtet, zu den im Einzelnen ausgewiesenen Arbeitsstunden mit eigenem Sachvortrag Stellung zu nehmen. Andernfalls muss der Umfang der Arbeitsleistung als zugestanden im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO angesehen werden.

    Die Beklagte hat zu den einzelnen auf das Mitarbeiterjournal gestützten Angaben nur in der Weise Stellung genommen, dass die mit einer Raute versehenen Zeiten nachträglich für einzelne Tage per Hand in die EDV eingegeben worden sind. Diese Angaben hat freilich nicht der Kläger selbst vorgenommen, sondern die Mitarbeiterin B2 der Personalabteilung, die neben dem Betriebsleiter S8 als einzige Zugang zu dem EDV-System besaß. Auch wenn die Eingaben auf Angaben des Klägers beruhten, so war die Zeugin B2 zeitnah in der Lage, die Plausibilität dieser Angaben nachzuvollziehen. Als Küchenleiter war der Kläger nicht berechtigt, der Mitarbeiterin der Personalabteilungen Anweisungen zu erteilen.

    5)
    Auf der Grundlage der Mitarbeiterjournale hat die Kammer Mehrarbeit des Klägers für die Monate September 2005 bis einschließlich 15. Februar 2006 im Umfang von 441,24 Stunden errechnet. Hierbei waren nicht die in dem Mitarbeiterjournalen in einer besonderen Rubrik als Mehrstunden ausgewiesenen Stunden zugrunde zu legen, da diese rechnerisch nicht nachvollziehbar waren, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erörtert worden ist. Zudem hat die Beklagte für die Urlaubstage des Klägers lediglich 7,87 Stunden zugrunde gelegt. Auf der Grundlage der Mitarbeiterjournale der Beklagten ergeben sich als Differenz zwischen den dort ausgewiesenen Gesamtstunden sowie den Sollstunden von 173, die der Kläger seiner Berechnung der Mehrarbeitsvergütung in den klageerweiternden Schriftsätzen vom 28.02., 02.03.2006 und 06.03.2006 zugrunde gelegt hat und die einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden entsprechen, für den Monat September 2005 96,43 Mehrarbeitsstunden, für Oktober 91,56, für November 75,3 und für Dezember 62,3, in der Summe also 325,59 Stunden. Auf der Grundlage der vorangegangenen drei Monate errechnen sich für den Monat Januar, in dem der Kläger Urlaub hatte, durchschnittliche Mehrarbeitsstunden in Höhe von 76,39 Stunden, zusammen 401,99 Stunden. Für den Monat Februar sind bis einschließlich 15.02. weitere 39,25 Stunden zugrunde zu legen. Dieser Anspruch des Klägers besteht unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Dieser umfasst auch die Überstunden, die er infolge der Freistellung nicht leisten konnte. Nach dem Lohnausfallprinzip ist anzunehmen, dass der Kläger weiter wie in der Vergangenheit Überstunden zu leisten gehabt hätte (s. BAG vom 18.09.2001 - 9 AZR 307/00 - NZA 2002, 268). Zwar haben die Parteien im Gespräch am 05.12.2005 und Anfang Januar 2006 über den Umfang der Arbeitsleistung des Klägers gestritten. Der Kläger hatte auch angekündigt, weniger arbeiten zu wollen. Dennoch hat er sowohl im Dezember 2005 als auch im Januar 2006, soweit er keinen Urlaub hatte, Mehrarbeit geleistet. Im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Ableistung von Mehrarbeit bei entsprechenden betrieblichen Erfordernissen hätte der Kläger sich dem auch nicht entziehen können. Damit ergeben sich insgesamt 441,24 Stunden. Entsprechend der von dem Kläger in seinen die tariflichen Ausschlussfristen wahrenden klageerweiternden Schriftsätzen vom 28.2., 02.03.2006 und 06.03.2006 beträgt der Stundensatz 13,30 -, der sich aus dem Divisor 173 ergibt, was der für eine 40-Stunden-Woche zutreffende Divisor ist. Zusammen mit einem Überstundenzuschlag in Höhe von 25 %, den der Kläger ebenfalls in diesen Schriftsätzen seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat, ergibt sich ein Gesamtbetrag von 7.333,44 - brutto. Dieser Betrag ist ab Rechtshängigkeit nach § 291 BGB zu verzinsen. Soweit der Kläger einen früheren Zinsbeginn zugrunde gelegt hat, waren zu diesen Zeitpunkten, wie er selber in anderen Zusammenhängen ausgeführt hat, die Forderungen noch nicht fällig.

    6)
    Die Mehrarbeitsvergütungsansprüche des Klägers für die Monate September 2005 bis einschließlich 15.02.2006 sind in diesem Umfang nicht verfallen.

    a)
    Nach § 16.1 Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW verfallen alle beiderseitigen Ansprüche, wenn sie nicht drei Monate nach Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Diese Frist ist bei Ausscheiden verkürzt auf zwei Monate. § 15 Abs. 1 MTV Systemgastronomie sieht auf der ersten Stufe ebenfalls eine dreimonatige auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellende Ausschlussfrist vor, die, anders als § 16.1 MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verkürzt ist. Allerdings erfordert § 15 Abs. 1 MTV Systemgastronomie eine schriftliche Geltendmachung, die jedoch durch die Form der Klageerweiterung gewahrt ist. Auch die arbeitsvertragliche Verfallfrist beträgt im Übrigen drei Monate ab Fälligkeit und erfordert eine schriftliche Geltendmachung.

    b)
    Alle in Betracht kommenden Ausschlussfristen knüpfen an die Fälligkeit eines Anspruchs an. In einem solchen Fall läuft die Ausschlussfrist für den Zahlungsanspruch nicht, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche ohne die Abrechnung der Gegenseite nicht erkennen kann. Solange der Anspruchsgegner die erforderliche Abrechnung unterlässt, ist der Lauf der Ausschlussfrist gehemmt. Sie beginnt erst, wenn der Abrechnungsanspruch verfallen ist. Nur wenn der Anspruch bezifferbar ist, richtet sich der Fristablauf nach den allgemeinen tariflichen Fälligkeitsbestimmungen (st. Rspr. des BAG, vgl. BAG vom 19.04.2005 - 9 AZR 160/04 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 178 m.w.N.). Für den Kläger war sein Mehrarbeitsvergütungsanspruch für die Monate September bis Dezember 2005 erstmalig bezifferbar, nachdem er am 27.12.2005 einen Ausdruck der Mitarbeiterjournale erhalten hatte. Mit seiner Klageerweiterung vom 28.02., die die Ansprüche für die Monate September bis einschließlich November umfasst, wahrt er die tarifliche Ausschlussfrist. Die Verfallfrist für den Abrechnungsanspruch des Klägers auf Mehrarbeitsvergütung für den Monat September 2005 lief frühestens am 31.12.2005 ab, wenn davon ausgegangen wird, dass dieser Abrechnungsanspruch bereits am 30.09.2005 fällig war. Ab dem 01.01.2006 lief die dreimonatige Verfallfrist für den Zahlungsanspruch, die bei Zustellung der Klageerweiterung am 03.03.2006 gewahrt war. Aus der Wahrung der Ausschlussfrist für die älteste Forderung ergibt sich, dass die Mehrarbeitsvergütung insgesamt für die Monate bis einschließlich Februar 2006 nicht verfallen sind.

    7)
    Dagegen sind alle weiteren Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung, die der Kläger im Schriftsatz vom 27.06.2006 neu berechnet hat, verfallen. Aus diesem Grunde kommt es weder darauf an, ob der Kläger während der Pausen durchgearbeitet hat, noch darauf, ob auch in seinem Fall ein Divisor von 169 für die Berechnung des Stundensatzes zur Anwendung kommt, noch darauf, ob der Zuschlag für die Mehrarbeitsvergütung mehr als 25 % beträgt. Verfallen ist ebenfalls der erstmalig mit Schriftsatz vom 27.06.2006 geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsabgeltung, der den tariflichen Verfallfristen unterliegt (vgl. BAG vom 19.04.2005, aaO.). Der Anspruch auf Arbeitsentgelt für Februar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.02.2006 ist zudem wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unbegründet.

    8)
    Durch die im Kündigungsschreiben vorgenommene Freistellung des Klägers nach dem 31.01.2006 sind die Ansprüche des Klägers auf Mehrarbeitsvergütung nicht erfüllt (§ 362 BGB). Im Kündigungsschreiben heißt es insoweit, dass, sofern eine Arbeitseinteilung gemäß Dienstplan nicht mehr angeordnet wird, die Beklagte den Kläger unter Anrechnung eventuell noch ausstehender Urlaubs-, Arbeitszeitausgleichs- und Guttage vom Dienst während der Kündigungsfrist freistellt.

    a)
    Auf der Grundlage des Manteltarifvertrages Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW setzt die Erfüllung des Anspruchs wegen Mehrarbeit durch Freizeitausgleich eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung voraus (§ 3.8), die die Parteien vorliegend nicht vereinbart haben (vgl. hierzu BAG vom 18.09.2001 - 9 AZR 307/00 - NZA 2002, 268).

    b)
    Demgegenüber kann Mehrarbeit durch die Gewährung von Freizeit nach § 4 Nr. 1 Abs. 3 MTV Systemgastronomie abgegolten werden. Jedoch hat die Beklagte mit ihrer Freistellungserklärung nicht "die geschuldete Leistung" im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB erbracht. Die Erfüllungswirkung des § 362 Abs. 1 BGB tritt zwar als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Leistung einem bestimmten Schuldverhältnis zugeordnet werden kann. Bei mehreren Verbindlichkeiten bedarf es dann einer Tilgungsbestimmung, wenn durch die Leistung des Schuldners diese nicht vollständig gedeckt worden sind. Es darf in diesem Fall nicht offen bleiben, auf welche Schuld die Leistung angerechnet werden soll (vgl. BGH vom 03.12.1990 - II ZR 218/89 - NJW 1991, 1294; s. auch MK-BGB-Wenzel, 2. Aufl., § 362 RdNr. 13).

    Die Beklagte hat im Kündigungsschreiben eine - formularmäßige - Freistellung unter Anrechnung auf "eventuell noch ausstehender Urlaubs-, Arbeitszeitausgleichs- und Guttage" vorgenommen. Dem Kläger standen bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.02.2006 in jedem Fall Urlaubsansprüche zu, da er erst 10 Urlaubstage genommen hatte. Daneben besaß er die in Streit stehenden Ansprüche wegen Mehrarbeit. Seine Gesamtansprüche gingen somit erheblich über den Umfang hinaus, der durch eine Freistellung bis zum 15.02.2006 abgedeckt war. Die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB sind damit nicht erfüllt.

    III

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

    Es besteht keine Veranlassung, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

    HackmannMeermannKretzschmar