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  • 10.01.2012

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 29.11.2011 – 1 Ta 289/11

    Der Begriff "Erwerbstätigkeit" i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO ist - wie im Bereich des Sozialhilferechts - in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst auch die Tätigkeit von Auszubildenden.

    - Der Erwerbstätigkeitsfreibetrag ist regelmäßig von der Ausbildungsvergütung abzuziehen.


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20.05.2011 (1 Ca 2126/11) dahingehend teilweise abgeändert, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ratenfrei erfolgt.

    Gründe

    I.

    Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO i. V. m. §§ 11 a Abs. 3 ArbGG, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde, mit der die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe erstrebt wird, hat auch in der Sache Erfolg.

    Die Prozesskostenhilfe ist i.S.v. §§ 115 ZPO, 11 a Abs. 3 ArbGG ratenfrei zu gewähren.

    1. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt die Klägerin über eine monatliche Ausbildungsvergütung von zuletzt 512,76 € netto. Hinzuzurechnen sind 184,00 € Kindergeld, so dass sich monatliche Einkünfte in Höhe von 696,76 € errechnen.

    2. Von dem Einkommen sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 400,00 € und gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO an Kosten für Unterkunft und Heizung 120,00 € abzuziehen. Soweit sich die Klägerin ausweislich eines Schreibens ihrer Mutter vom 28.09.2011 mit monatlich 200,00 € an den "Haushaltskosten" beteiligt, ist anzunehmen, dass der Beitrag die Kosten für Unterkunft und Verpflegung betrifft. Verpflegungskosten sind indes bereits in dem allgemeinen Unterhaltsfreibetrag enthalten und somit nicht berücksichtigungsfähig. Das Gericht schätzt den Anteil der Verpflegungskosten auf 80,00 € monatlich. Danach verbleiben abzugsfähige Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 120,00 €.

    3. Darüber hinaus ist gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO der allgemeine Erwerbstätigkeitsfreibetrag in Höhe von 182,00 € abzuziehen. Dieser steht Parteien zu, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen.

    Der Begriff der "Erwerbstätigkeit" ist in diesem Zusammenhang - ebenso wie im Bereich des Sozialhilferechts (vgl. Sächsisches LSG v. 23.02.2009 - L 3 B 138/07 AS-PKH - juris - m.w.N. ) - in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst auch die Tätigkeit von Auszubildenden (Thüringer LAG v. 20.01.2010 - 8 Ta 199/09; Sächsisches LSG v. 23.02.2009 - L 3 B 138/07 AS-PKH - juris - ; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 260; im Ergebnis ebenso OLG Nürnberg v. 25.09.2002 - 10 WF 2899/02 - FamRZ 2003, 774; Musielak/Fischer, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 115 Rn. 17 für Umschüler). Schutzzweck des Erwerbstätigenfreibetrages ist es, erhöhte Aufwendungen für die aktiv im Arbeitsleben stehenden in pauschalierter Form auszugleichen (BAG v. 22.4.2009 - 3 AZB 90/08 - bei juris; LAG Köln v. 16.08.2010 - 11 Ta 101/10 - juris). Ein aktiv in einem Ausbildungsverhältnis stehender ist einem Arbeitnehmer vergleichbar. Er hat durch die Gestaltung der Ausbildung in Form der betrieblichen-, schulischen- und außerbetrieblichen- Berufsbildung i.S.v. § 2 Abs. 1 BBiG ebenso wie ein Arbeitnehmer erhöhte Aufwendungen, die mit der Ausbildung in Zusammenhang stehen. Dieser Umstand rechtfertigt es, auch für Auszubildende einen pauschalen Ausgleich vorzusehen.

    4. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Abzüge errechnet sich bei der Klägerin derzeit kein einzusetzendes Einkommen i. S. v. § 115 Abs. 2 ZPO.

    II.

    Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

    Dr. vom Stein