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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Mündliche Vergütungsvereinbarungen verstoßen nicht gegen Berufsrecht

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | Die Frage, ob der nur mündliche Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten einen mit dem Berufsrecht zu ahndenden Verstoß gemäß § 43 BRAO darstellt, hat jetzt das AnwG Hamm beschäftigt. Es hat die Frage verneint. |

     

    Sachverhalt

    Im entschiedenen Fall hat der Rechtsanwalt den Mandanten in einem Wiederaufnahmeverfahren vertreten. Bevor er für ihn den Wiederaufnahme-antrag gestellt hat, schickte er dem Mandanten eine Honorarrechnung über 2.500 EUR. Hierin war Folgendes vermerkt: „Der Rechnungsbetrag entspricht hierbei der bereits mündlich getroffenen Vergütungsvereinbarung“.

     

    Der Mandant zahlte die Rechnung. Er hat dann später gegen den Rechtsanwalt Strafanzeige wegen Betrugs erstattet und ihm vorgeworfen, von ihm im Wiederaufnahmeverfahren nicht sachgerecht vertreten worden zu sein. Die Staatsanwaltschaft hat zwar keine Ermittlungen eingeleitet. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer hat dem Anwalt jedoch wegen eines berufsrechtlichen Verstoßes eine Rüge erteilt. Sein Rechtsmittel (§ 74a BRAO) hatte beim AnwG Hamm Erfolg (11.5.17, 52/16, Abruf-Nr. 196118).

     

    Entscheidungsgründe

    Das AnwG weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Rechtsanwalt zwar gegen § 3a Abs. 1 RVG verstoßen hat, indem er eine mündliche Vergütungsvereinbarung mit seinem Mandanten geschlossen hat. Dies stellt jedoch keinen mit dem Berufsrecht zu ahndenden Verstoß gemäß § 43 BRAO dar. § 43 BRAO ist zwar als Generalklausel eine Überleitungsnorm, die sich aus anderen gesetzlichen Regelungen mit berufsrechtlicher Relevanz ergebenden Pflichten in das anwaltliche Berufsrecht überträgt. Ob auch das Gebührenrecht des RVG dazugehört, ist aber umstritten. Das AnwG hat sich der Auffassung angeschlossen, dass zwar auch das RVG Berufspflichten enthält, dass aber dem RVG keine allgemeinen Berufspflichten entnommen werden können, weil es sich um ein Gebührengesetz handelt. Auch wenn das RVG an den Anwalt anknüpft und dieser Statuspflichten unterliegt, führt dies nicht zu im RVG implantierten Berufspflichten. Es ist nicht davon auszugehen, dass in jedem Verstoß gegen Regelungen des RVG zugleich über § 43 BRAO ein Berufsrechtsverstoß zu sehen ist.

     

    Relevanz für die Praxis

    Für die Annahme eines berufsrechtlichen Verstoßes muss man u. a. darauf abstellen, dass der von einem Rechtsanwalt begangene Gesetzesverstoß über dessen Auswirkungen im Einzelfall hinaus geeignet sein muss, das Vertrauen in die Kompetenz und die Integrität der Anwaltschaft zu beeinträchtigen und damit die Funktion der Anwaltschaft im System der Rechtspflege zu stören (so Prütting in: Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl.; § 43 BRAO Rn. 24). Es ist daher zu prüfen, ob allein im Umstand, dass eine formell unwirksame Gebührenvereinbarung getroffen wurde, ein Berufsrechtsverstoß liegt. Bejaht man das, würde das auch bedeuten, dass eine Gebührenvereinbarung, die nicht als solche oder in vergleichbarer Weise bezeichnet ist, immer zu einem Berufsrechtsverstoß führen würde, weil der betroffene Rechtsanwalt eben gegen eine Vorschrift aus dem RVG verstoßen hat.

     

    Hinzu kommt, dass nicht allein der Abschluss einer formunwirksamen Vereinbarung stets dazu führt, dass das Vertrauen in die Integrität der Anwaltschaft verletzt wird. Zwar muss von jedem Rechtsanwalt erwartet werden können, dass er in der Lage ist, eine formwirksame Gebührenvereinbarung zu treffen, jedoch stellt ein Verstoß hiergegen eben nicht zugleich einen berufsrechtlichen Verstoß dar. Die Folgen dieses Verstoßes werden gebührenrechtlich durch § 4b RVG dahin geregelt, dass dem Anwalt höhere als die gesetzlichen Gebühren dann nicht zustehen. Das ist schon Strafe genug. Sein gebührenrechtliches Unvermögen muss also nicht noch zusätzlich mit einer berufsrechtlichen Sanktion geahndet werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Etwas anderes kann gelten, wenn die Art und Weise des Verhaltens des Rechtsanwalts und besondere Umstände dazu führen, dass keine gewissenhafte Berufsausübung mehr vorliegt und sein Verhalten mit der Stellung des Rechtsanwalts nicht mehr zu vereinbaren ist. Das könnte man ggf. annehmen, wenn der Mandant durch Druck dazu gebracht worden ist, der Vergütungsvereinbarung zuzustimmen.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 167 | ID 44830029