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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung

    • 1. Wird ein vorläufig vollstreckbares Urteil durch einen Prozessvergleich ersetzt, wonach der Schuldner zur Zahlung eines geringeren Betrags verpflichtet ist, kann der Gläubiger grundsätzlich die Erstattung der Kosten aus der zuvor auf der Grundlage des Urteils betriebenen Zwangsvollstreckung in der Höhe verlangen, in der sie angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf den Vergleichs-betrag beschränkt hätte.
    • 2. Wird dem Schuldner im Prozessvergleich Ratenzahlung auf den Vergleichsbetrag gewährt, hat die darin liegende Stundung keine Auswirkungen auf den dem Gläubiger nach diesen Grundsätzen zustehenden Anspruch auf Erstattung der Vollstreckungskosten.

    (BGH 9.7.14, VII ZB 14/14, Abruf-Nr. 142467)

     

    Sachverhalt

    Gläubiger G. erwirkte im Urkundenprozess ein vorläufiges vollstreckbares Vorbehaltsurteil, mit dem der Schuldner S. zur Zahlung von 4.842 EUR und weiteren 471,50 EUR, jeweils mit Zinsen, verurteilt wurde. Nachdem er daraus erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben hatte, schlossen die Parteien wirksam einen Prozessvergleich.

     

    Darin verpflichtete sich S. an G. zum Ausgleich der Klageforderung 2.421 EUR zu zahlen. S. blieb vorbehalten, diesen Betrag in monatlichen Raten zu je 100 EUR zu zahlen. Die erste Rate war am 1.3.13 fällig, die weiteren Raten jeweils zum Monatsersten. Für den Fall, dass S. mit einer Zahlung mehr als zehn Werktage in Verzug geriet, sollte die gesamte dann noch offene Forderung sofort fällig und mit 5 Prozent über dem Basiszinssatz zu verzinsen sein. G. verpflichtete sich, auf die Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil zu verzichten. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben.

     

    Auf Antrag des G. hat das Vollstreckungsgericht mit Kostenfestsetzungsbeschluss die von S. an G. zu erstattenden Zwangsvollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO auf 410,20 EUR nebst Zinsen und weiteren 3,50 EUR Zustellungsauslagen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des S. hat das LG den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag des G. zurückgewiesen. Im Rahmen der zulässigen Rechtsbeschwerde hob der BGH die Beschwerdeentscheidung auf und verwies die Sache an das LG zurück.

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat bereits mehrfach entschieden: Erwirkt der Gläubiger einen Titel und einigen sich anschließend die Parteien vergleichsweise auf die Zahlung eines geringeren Betrags, kann der Gläubiger die Erstattung der Vollstreckungskosten nur in der Höhe verlangen, in der sie angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf den Vergleichsbetrag beschränkt hätte (BGH VE 10, 102; Rpfleger 04, 112).

     

    Der Grund, weshalb der Gläubiger nach Ersetzung des vollstreckbaren Titels durch einen Prozessvergleich die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht mehr in voller Höhe gegen den Schuldner geltend machen kann, liegt in § 788 Abs. 3 ZPO. Nach dieser Regelung sind einem Schuldner die Kosten der Zwangsvollstreckung zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird. Folge: Bei teilweiser Aufhebung des Urteils sind die Mehrkosten zu erstatten, die bei der Vollstreckung des verbliebenen Anspruchs nicht entstanden wären.

     

    Diese Vorschrift beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt (BGH VE 11, 201). Daraus ist abzuleiten, dass die Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil nicht dem Schuldner zur Last fallen sollen, soweit der Verurteilung durch das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird. Für den Fall, dass dieses Ergebnis durch einen nachfolgenden Prozessvergleich erzielt wird, gilt nichts anderes. Derartige Kosten sind daher nicht nur zu erstatten, wenn sie bereits beigetrieben wurden, sondern dürfen bereits im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Das führt im Ergebnis dazu, dass ein Gläubiger u.U. auf den aus dem Ursprungstitel aufgewendeten Vollstreckungskosten sitzen bleibt.

     

    Um dies zu umgehen, muss ein Gläubiger unbedingt im Vergleich hinsichtlich der Vollstreckungskosten aus dem Ursprungstitel eine anderweitige Regelung treffen. Denn die regelmäßig im Vergleich vereinbarte Kostenaufhebung umfasst solche Kosten nicht, da die Kosten der Zwangsvollstreckung keine Kosten des Rechtsstreits sind. Von daher ist es enorm wichtig, direkt bei der Vergleichsvereinbarung auch eine derartige Regelung zu treffen, wonach die Vollstreckungskosten aus dem Ursprungstitel mit erfasst werden (Musterformulierung: Mock, VE 09, 175).

     

    Der BGH hat weiterhin klargestellt, dass der im Prozessvergleich vereinbarte Verzicht des Gläubigers auf die Vollstreckung aus dem Ursprungstitel nur zur Folge hat, dass für die Zukunft nur noch der Prozessvergleich Vollstreckungstitel ist. Denn der Verzicht nimmt dem Ursprungstitel in dem durch den Vergleich bestätigten Umfang nicht die Wirkung als Grundlage für in der Vergangenheit bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen. Insofern durfte der Gläubiger zu Recht die Vollstreckung betreiben und somit auch die Vollstreckungskosten festgesetzt verlangen, zumal Anhaltspunkte dafür, dass die Forderung zum Zeitpunkt der versuchten Zwangsvollstreckung noch nicht fällig war, nichts ersichtlich waren. Denn die Forderung wurde dem S. erst mit der im Prozessvergleich bewilligten Ratenzahlung gestundet. Diesem Umstand kommt für die Frage, inwieweit der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zu Recht betrieben hat, keine Bedeutung zu.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Kostenerstattung bei Ersetzung des Titels durch Vergleich bei nicht anhängigen Ansprüchen, VE 10, 102
    • Einkünfte eines selbstständigen Schuldners unterliegen der Insolvenzmasse, VE 11, 201
    • Kostenerstattung bei späterer Ersetzung des Vollstreckungsbescheids durch Prozessvergleich, VE 09, 175
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 167 | ID 42915062