· Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung
Gesetzesänderung: Sachverständigenverfahren nicht mehr zulässig und deshalb nicht mehr nötig?
| Die Erweiterung des Katalogs der „Klauselverbote“ in § 309 BGB um eine Nr. 14 führt nach Einschätzung von VK dazu, dass ein Sachverständigenverfahren vor einer Klage über die Höhe des Schadens im Kaskofall künftig nicht mehr zulässig und deshalb nicht mehr nötig ist. Erfahren Sie mehr zum Hintergrund und den Konsequenzen dieser Gesetzesänderung. |
1. Sachverständigenverfahren ist schwerfällig, teuer und lästig
In den Allgemeinen Kraftfahrtversicherungsbedingungen (AKB-Musterbedingungen) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), die in diesem Punkt wohl von nahezu allen Versicherungsgesellschaften übernommen wurden, heißt es unter A.2.6.1:
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Bei Meinungsverschiedenheiten zur Schadenhöhe einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten muss vor Klageerhebung ein Sachverständigenausschuss entscheiden. |
In der Praxis als Sachverständigenverfahren bezeichnet läuft das Ganze wie folgt ab:
- Sowohl der VR als auch der VN müssen je einen Sachverständigen als Ausschussmitglied benennen.
- Die Ausschussmitglieder wählen anschließend einen Obmann.
- Nunmehr müssen die Ausschussmitglieder versuchen, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden.
- Gelingt Ihnen das, erstellen sie ein gemeinsames Gutachten.
- Gelingt Ihnen das nicht, entscheidet der Obmann.
Wichtig | Das Verfahren ist schwerfällig und teuer. Viele Rechtsschutzversicherer decken die Kosten, die nach dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen verteilt werden, nicht ab. Die Folge ist, dass die VN oft klein beigeben und berechtigte, aber vom VR vorenthaltene Ansprüche nicht weiterverfolgen. In der Fachliteratur war insoweit von der „Schlichtungsfallee“ die Rede. Es gibt auch Gerichtsurteile, die das Sachverständigenverfahren jedenfalls bei kleinen Differenzen als Versuch werten, den VN von der Durchsetzung seiner Rechte abzuhalten (LG Kempten 25.3.15, 52 S 1550/14, Abruf-Nr. 144951; AG Lindau 1.7.15, 2 C 79/15, Abruf-Nr. 144952).
An dieser Stelle trifft die Gesetzesergänzung vom 26.2.16 die VR empfindlich.
2. Eine unauffällige BGB-Änderung rückt nun in den Blickpunkt
AKB sind nach der gesetzlichen Definition aus § 305 BGB auch Allgemeine Geschäftsbedingungen. Denn sie sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und stehen außerhalb von Flottenversicherungen auch nicht zur Verhandlung. Sie werden also im Sinne des Gesetzes „gestellt“.
Weil man im „Kleingedruckten“ manches gut verstecken kann, sieht das Gesetz in den §§ 307 ff. BGB eine gerichtliche Kontrolle der AGB vor. Dazu stellt es auch einen Katalog von typischen Regelungen auf, die per se unzulässig sind. Das sind die sogenannten Klauselverbote. Die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit sind in § 309 BGB geregelt. Diese Verbote gelten, ohne dass die Klauseln noch einmal individuell auf die Waage der Zumutbarkeit gelegt werden. Der um eine Nr. 14 erweiterte Katalog in § 309 bestimmt nunmehr:
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Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam … 14. (Klageverzicht) eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat. |
3. Sachverständigenverfahren von der Regelung wohl betroffen
Nach dem Wortlaut bestehen aus VK-Sicht keine Zweifel, dass damit das zwingend vorgeschaltete Sachverständigenverfahren beim Streit um die Höhe des Schadens in das Reich der Geschichte gehört. Denn das Sachverständigenverfahren ist ja ein Verfahren, durch das der VN zunächst davon abgehalten wird, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, weil er sich gütlich, außergerichtlich mit dem VR einigen soll.
PRAXISHINWEISE |
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4. So können Sie reagieren
In entsprechenden Fällen können Sie mit der folgenden Musterformulierung im vorgerichtlichen Verfahren gegen eine Kürzung des VR vorgehen.
Diese Musterformulierung finden Sie auch zum Download auf der VK-Homepage vk.iww.de im Downloadbereich unter der Rubrik Kfz-Versicherung.
Musterformulierung / Klausel zum SV-Verfahren unwirksam |
Wir bitten Sie, hinsichtlich Ihrer Ablehnung der Erstattung der Reparaturrechnung in voller Höhe zu bedenken, dass die Klausel im Versicherungsvertrag, die vor der Klage ein Sachverständigenverfahren vorschreibt, unwirksam ist.
Allgemeine Kraftfahrversicherungsbedingungen sind nach der gesetzlichen Definition aus § 305 BGB auch Allgemeine Geschäftsbedingungen. Denn sie sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und stehen außerhalb von Flottenversicherungen auch nicht zur Verhandlung. Sie werden also im Sinne des Gesetzes „gestellt“.
Weil man im „Kleingedruckten“, wie der Volksmund die AGB nennt, manches gut verstecken kann, weil das ohnehin kaum jemand liest, sieht das Gesetz in den §§ 307 ff. BGB eine gerichtliche Kontrolle der AGB vor. Dazu stellt es auch einen Katalog von typischen Regelungen auf, die per se unzulässig sind. Das sind die sogenannten „Klauselverbote“.
Die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit sind in § 309 BGB geregelt. Das sind die Verbote, die absolut gelten, ohne dass die Klauseln noch einmal individuell auf die Waage der Zumutbarkeit gelegt werden.
Neu ist die Regelung in § 309 Nr. 14 BGB:
Das Sachverständigenverfahren ist von dieser Regelung zweifelsfrei betroffen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung bestehen keine Zweifel, dass damit das zwingend vorgeschaltete Sachverständigenverfahren beim Streit um die Höhe des Schadens in das Reich der Geschichte gehört.
Denn das Sachverständigenverfahren ist ja ein Verfahren, durch das der VN zunächst davon abgehalten wird, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Es soll zunächst eine gütliche, also außergerichtliche Einigung herbeigeführt werden.
Bitte überprüfen Sie noch einmal Ihre Abrechnung. Wenn Sie bei der Kürzung bleiben, werden wir dagegen klagen. |