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  • · Fachbeitrag · Gemischte Schenkung

    Steuerwert einer gemischten Schenkung

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung durch Abzug der gegebenenfalls kapitalisierten Gegenleistung vom Steuerwert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem BewG ermittelte Steuerwert hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt ‒ so der BFH mit Beschluss vom 5.7.18. |

     

    Sachverhalt

    Der Antragsteller A ist Erbe seines im Dezember 2014 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Onkels O. Am 30.7.14 übertrug O sein Grundstück auf A. Als Gegenleistung wurde eine monatliche Rente (300 EUR) vereinbart. Ferner verpflichtete sich A, den O zu pflegen. O behielt sich außerdem ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an einer Wohnung vor. Die Mieten aus einer vermieteten Wohnung sollten dem O bis zu seinem Tod zustehen.

     

    Das FA sah in der Grundstücksübertragung eine gemischte Schenkung. A stellte einen AdV-Antrag, da es sich bei der Übertragung um einen voll entgeltlichen Vertrag handele, für den keine SchenkSt festzusetzen sei. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA ab. Das Hessische FG (26.10.17, 1 V 1165/17, EFG 18, 60) gab dem Antrag auf AdV teilweise statt.

     

    Entscheidungsgründe

    Im Streitfall handelt es sich um eine gemischte Schenkung (BFH 5.7.18, II B 122/17, Abruf-Nr. 202840). Besteht eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war (BGH 18.10.11, X ZR 45/10, NJW 12, 605, Rn. 19). Ein solches Missverhältnis ist anzunehmen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die angemessene Gegenleistung um 20 % bis 25 % unterschreitet (Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rn. 51.1). Im Streitfall haben die übernommenen Verpflichtungen bereits ohne Berücksichtigung des § 14 Abs. 2 BewG (Kürzung nach der Lebensdauer des Berechtigten) nur einen Kapitalwert i.H. von 74.042 EUR, also knapp 30 % des Grundstückswerts.

     

    Bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.08 entsteht, ist entgegen der Ansicht des FG keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich, sondern der Wert der Bereicherung kann durch bloßen Abzug der kapitalisierten Gegenleistung vom Steuerwert des Grundstücks ermittelt werden (Abschn. R E 7.4 ErbStR 2011). Das gilt auch dann, wenn der nach dem BewG ermittelte Steuerwert geringer als der gemeine Wert ist (typisierende Bewertungsmethode).

     

    Bei der Ermittlung der Gegenleistung ist der Kapitalwert der Nutzungsauflagen nach § 14 Abs. 2 BewG zu kürzen. Hat eine nach § 14 Abs. 1 BewG bewertete Nutzung oder Leistung bei einem Alter von mehr als 80 Jahren bis zu 85 Jahren nicht mehr als 3 Jahre bestanden und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten, ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 BewG die Steuerfestsetzung auf Antrag nach der wirklichen Dauer der Nutzung oder Leistung zu berichtigen. Ist eine Last weggefallen, bedarf die Berichtigung keines Antrags (§ 14 Abs. 2 S. 3 BewG). Im Streitfall bestanden die Nutzungsauflagen lediglich 5 Monate.

     

    Relevanz für die Praxis

    Im Streitfall wurde die SchenkSt wie folgt berechnet, wobei der BFH ausdrücklich offenließ, ob auch für die Leistungsauflagen (Pflege, Rente) eine Kürzung nach § 14 Abs. 2 BewG vorzunehmen ist.

     

    • Ermittlung der Schenkungsteuer
     BFH
    FA
     FG

    Grundbesitzwert laut Feststellungsbescheid

     

    251.212 EUR

    ./. Nießbrauch

    8.799 EUR

    ./. Wohnrecht

    16.176 EUR

    Verkehrswert

    226.237 EUR

    ./. Pflegeverpflichtung

    29.656 EUR

    ./. Rentenverpflichtung

    19.411 EUR

    etwa 78 % des Verkehrswerts

    (78 % des Verkehrswerts =) 177.170 EUR

    Grundbesitzwert laut Feststellungsbescheid

     

    251.212 EUR

     

    251.212 EUR

    unentgeltlicher Anteil

    (78 % des Steuerwerts =) 195.945 EUR

    ./. Pflegeverpflichtung

    29.656 EUR

    (Ansatz für 5 Monate) 2.290 EUR

    ./. Rentenverpflichtung

    19.411 EUR

    (Ansatz für 5 Monate) 1.500 EUR

    ./. nach § 14 Abs. 2 BewG gekürzte Kapitalwerte der Nutzungsauflagen (laut FA und FG jeweils 250 EUR pro Wohnung monatlich für 5 Monate)

     

     

     

    2.500 EUR

     

     

     

    2.500 EUR

     

     

     

    (78 %) 1.950 EUR

    ./. Erwerbsnebenkosten

    1.568 EUR

    1.568 EUR

    (78 %) 1.223 EUR

    Wert der Bereicherung

    198.077 EUR

    243.354 EUR

    192.772 EUR

    ./. Freibetrag

    20.000 EUR

    20.000 EUR

    20.000 EUR

    steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet auf volle Hundert EUR)

     

    178.000 EUR

     

    223.300 EUR

     

    172.700 EUR

    SchenkSt 20 %

    35.600 EUR

    44.660 EUR

    34.540 EUR

     

    Die mit dem Vertrag eingegangenen Risiken einer erhöhten Pflegebedürftigkeit und des daraus folgenden erhöhten Pflegeaufwands sind nicht in den Wert der Gegenleistungen einzubeziehen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V. mit § 6 Abs. 1 BewG). Dabei handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Leistungsauflage, die erst dann erwerbsmindernd zu berücksichtigen ist, wenn die Bedingung tatsächlich eingetreten ist (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V. mit § 6 Abs. 2 BewG, § 5 Abs. 2 BewG; siehe BFH 8.2.06, II R 38/04, BStBl II 06, 475). Im Streitfall ist es dazu aufgrund des frühen Todes des Erblassers nicht mehr gekommen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 209 | ID 45450981