· Fachbeitrag · Prozessrecht
Einsicht in Messunterlagen ‒ der Kampf ist nicht beendet
| Wir haben zuletzt über Entscheidungen zur Problematik der Einsicht in Messunterlagen in VA 19, 35 berichtet. Inzwischen sind neue Entscheidungen bekannt geworden, die wir Ihnen nachfolgend vorstellen. |
1. Aktuelle Rechtsprechung
Übersicht / Einsicht in/Herausgabe von Messdaten im Bußgeldverfahren | |
KG 20.12.18, Abruf-Nr. 207674 |
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LG Hanau 7.1.19, Abruf-Nr. 207677 |
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AG Bergheim 25.2.19, 48 OWi 221/19 (b), Abruf-Nr. 207666 | Dem Verteidiger ist Einsichtnahme in den gesamten Falldatensatz zu gewähren. Gleiches gilt für den gesamten Messfilm, der zu der dem Verfahren zugrundeliegenden Messung gehört. Dem Verteidiger ist außerdem Einsichtnahme in die vollständige Falldatei zu gewähren, und zwar in unverschlüsselter Form, einschließlich der Rohmessdaten und der Zurverfügungstellung der dazugehörigen Token. Diese Daten sind auf einem geeigneten Medium zur Einsichtnahme zu Händen des Verteidigers zur Verfügung zu stellen. |
AG Dillenburg 26.11.18, 3 OWi ‒ 2 Js 57859/18, Abruf-Nr. 207667 | Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. (VA 16, 213) hat der Betroffene einen Anspruch darauf, dass ihm „seine” Falldatei von der Verwaltungsbehörde zur Verfügung gestellt wird. Dafür ist es grundsätzlich nicht ausreichend, wenn die Daten nur bei der Verwaltungsbehörde eingesehen werden können. |
AG Dillenburg 4.1.19, Abruf-Nr. 207668 | Es besteht für den Betroffenen nur ein Recht auf Einsicht in „seine Falldatei”. |
AG Kassel 31.1.19, Abruf-Nr. 207670 | Die Falldatei ist dem Betroffenen auf einem von diesem überlassenen Datenträger zu übersenden. Ob der Betroffene überhaupt über die Software verfügt, um die Falldatei öffnen zu können, ist für die Verwaltungsbehörde ohne Belang, sondern ist Sache des Betroffenen. |
AG Nauen 10.12.18, Abruf-Nr. 206381 | Herauszugeben sind auch der sog. Beschilderungsplan und die Messserie. |
AG Osnabrück 31.1.19, Abruf-Nr. 207673 | Messunterlagen sind herauszugeben, da der Betroffene sonst keine konkreten Angriffspunkte gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung vortragen kann. |
AG Konstanz 10.1.19, Abruf-Nr. 207672 | Dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger sind im Rahmen der Akteneinsicht der komplette Messfilm bzw. die komplette Messreihe, das Messfoto in digitaler Form als Originalbilddatei im jpg-Format, die digitalen Falldateien aller Messungen der Messreihe in unverschlüsselter Form, die unverschlüsselten Rohmessdaten bzw. den Zugangsschlüssel zu der vom Hersteller verschlüsselten Rohdatenmenge, die Auswertung des Signalverlaufs bzw. der im Falldatensatz gespeicherten Zusatzdaten zur Einsicht zu übersenden. Ohne diese „Unterlagen“ kann er nicht die von ihm bei einem standardisierten Messverfahren geforderten konkreten Einwände gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung erheben. |
AG Rüdesheim am Rhein 12.3.19, Abruf-Nr. 207949 |
Einsender: RA Armin Richartz, Marktheidenfeld |
2. Relevanz für die Praxis
Die große Zahl von amtsgerichtlichen Entscheidungen zeigt, dass die Verwaltungsbehörden offenbar teilweise immer noch nicht bereit sind, sich der Rechtsprechung ‒ zumindest der der AG ‒ zu „beugen” und die jeweils angeforderten Daten freiwillig herauszugeben. Würden sie das tun, müssten die Betroffenen/Verteidiger nicht immer wieder/noch gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. In dem Zusammenhang sehr schön der Hinweis des AG Kassel a. a. O. Dieses setzt der Verwaltungsbehörde nämlich eine Frist von einer Woche zur Übersendung der angeforderten Unterlagen. Sollte die Übersendung nicht binnen Wochenfrist erfolgen, sei über die Beschlagnahme der Datei zu entscheiden (in die Richtung bereits OLG Celle VA 13, 176). Ein Trauerspiel, dass solche Mahnungen erforderlich sind.