· Fachbeitrag · Vermögensverzeichnis
Pfändungsmöglichkeiten rund ums Konto nutzen
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Im Vermögensverzeichnis sind unter Abschnitt B Nr. 14 sämtliche Konten, insbesondere Sparguthaben, Gehalts-, Geschäfts-, Giro- und Paypalkonten sowie Bausparverträge, die ohne vermögenswirksame Leistungen angespart werden, anzugeben. Hierbei sind Namen und Anschriften der Banken, Kontonummern, Höhe der Guthaben, Aufbewahrungsorte der Sparbücher und ähnliche Papiere anzugeben. Gleiches gilt für Konten ohne derzeitiges Guthaben sowie Konten von Dritten, sofern diese benutzt werden. Ausdrücklich wird zudem nach P-Konten gefragt. Hier wird der Schuldner angehalten ein „P“ und bei einem Konto nur für die Zahlung von Sozialleistungen ein „“ hinter der IBAN-Nummer anzugeben. All das bietet für Gläubiger viele Zugriffsmöglichkeiten. |
1. Grundsatz: Pfändung der Ansprüche aus Bankvertrag
Bei der Pfändung von - im Einzelnen näher zu bezeichnenden - Ansprüchen des Schuldners gegen dessen Bankinstitut werden auch die Ansprüche des Schuldners gegen sein Bankinstitut auf Auskunft und Rechnungslegung als unselbstständige - und damit nicht selbstständig pfändbare - Nebenrechte erfasst (BGH WM 00, 2555). Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auch auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung des Hauptrechts nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen (BGH Rpfleger 03, 669). Einer Neben- oder Hilfspfändung bedarf es deshalb grundsätzlich nicht (BGH VE 06, 25). Es kann jedoch auf Antrag des Gläubigers in dem das Hauptrecht pfändenden Beschluss ausgesprochen werden, dass auch die Nebenrechte von der Pfändung umfasst sind (BGH VE 06, 25).
Achtung | Der Anspruch des Kontoinhabers (Schuldner) auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen wird hingegen nicht erfasst. Dieser ist vielmehr ein selbstständig zu pfändender Anspruch aus dem Girovertrag (BGH VE 06, 25). Der Schuldner muss aber Kontoauszüge, nach seiner Wahl auch Kopien hiervon, die Buchungsvorgänge betreffen, die ab Zustellung des PfÜB an die Drittschuldnerin (§ 829 Abs. 3 ZPO) erfolgt sind, an den Gläubiger herausgeben (BGH VE 12, 74). Insofern sind Schwärzungen einzelner Buchungen unzulässig (BGH VE 12, 78).
2. Pfändung beim Kontokorrent
Die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen sind unpfändbar (BGH NJW 82, 1150). Die Kontokorrentabrede beinhaltet vielmehr, dass diese Einzelforderungen nicht abgetreten werden dürfen. Zwar würde bei der Vereinbarung eines Abtretungsverbots gemäß § 399, 2. Alt. BGB, § 851 Abs. 2 ZPO zumindest im üblichen Fall der Vereinbarung eines Geldkontokorrents jede Einzelforderung dennoch wegen der Pfändbarkeit von Geld pfändbar sein. Von diesem Grundsatz macht § 357 HGB jedoch eine Ausnahme, denn diese Vorschrift geht davon aus, dass nur Salden aus dem Kontokorrent pfändbar sind (BGH NJW 81, 1611).
Wichtig | Der sog. Zustellungssaldo, also der Saldo zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung (§ 829 Abs. 3 ZPO), ist hingegen gemäß § 357 HGB pfändbar. Unerheblich ist, dass in der Regel zu diesem Zeitpunkt die laufende Kontokorrentperiode noch nicht beendet und eine Saldierung noch nicht fällig ist. Die Pfändung in das laufende Kontokorrent bewirkt, dass das Konto lediglich buchungstechnisch und auch nur im Verhältnis zwischen Bank und Gläubiger auf den Zeitpunkt der Pfändung vorläufig abgeschlossen wird (BGH NJW 81, 1611). Ebenfalls pfändbar, soweit dies zusätzlich beantragt ist, ist der Saldo am Ende der laufenden Rechnungsperiode (BGH NJW 82, 2193; NJW 88, 2543). Pfändbar sind auch die zukünftigen Salden. Die Pfändung richtet sich beim Bank- und Sparkassenkontokorrent nicht nach § 357 HGB, sondern nach den §§ 829 ff. ZPO. Erfasst werden also, soweit der Pfändungsbeschluss dies anordnet, die künftigen Guthabensalden zum Ablauf der jeweiligen Abrechnungsperioden sowie Festgeldkonten (OLG Köln VE 00, 21).
Erwirbt die kontokorrentführende Bank als Drittschuldnerin erst nach der Pfändung des Kontokorrentsaldos durch einen Gläubiger des Bankkunden eine Forderung gegen diesen, kann sie den „Zustellungssaldo“ auch nicht aufgrund ihres AGB-Pfandrechts mit Wirkung gegenüber dem Pfändungsgläubiger um den Betrag der Forderung verringern (BGH NJW 97, 2322).
Beim Kontokorrent ist als Geldforderung auch der Anspruch auf fortlaufende Auszahlung des sich zwischen den Rechnungsabschlüssen ergebenden Guthabens mit dem Recht, über dieses Guthaben durch Überweisungsaufträge zu verfügen, pfändbar. Auch diese Pfändung muss ausdrücklich beantragt und ausgesprochen werden (BGH NJW 82, 2193).
3. Pfändung bei Girokonten
Beim Girokonto kann zwischen den förmlichen Rechnungsabschlüssen über ein Guthaben verfügt werden. Dieser Anspruch auf Auszahlung des Guthabens ist pfändbar (BGH NJW 82, 2193).
PRAXISHINWEIS | Bei der Berechnung des jeweiligen Guthabens sind die Ein- und Abgänge des Tages, an dem der Pfändungsbeschluss an den Drittschuldner zugestellt wurde, sowie die bis zu diesem Tag fälligen Kontoführungsgebühren, Überziehungsprovisionen und Sollzinsen mit dem bisherigen Kontostand zu saldieren. Dies gilt nicht für künftige Ansprüche der Bank, die an diesem Tag zwar dem Grunde nach absehbar waren, jedoch erst später zur Entstehung gebracht worden sind (OLG Düsseldorf ZIP 84, 566). Ergibt sich am Tag der Zustellung nach der zulässigen Berechnung ein Debetsaldo, geht die Pfändung ins Leere, weil ein Guthaben nicht besteht. Daran ändert sich auch nichts, wenn an diesem Tag erhebliche Gutschriften auf dem Konto zu verzeichnen waren (BFH NJW 84, 1919). |
Die Vorauspfändung von Kontoguthaben für künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche ist unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Fälligkeit zulässig (BGH VE 04, 60). Die Pfändung und Überweisung/Einziehung von Tagesguthaben auf einem Girokonto umfasst dem Umfang nach die auf den dem Kontoinhaber erteilten Tagesauszügen festgehaltenen Tagessalden. Sie richtet sich ihrem Umfang nach nicht nach den Daten der Wertstellung von Soll- und Habenposten (OLG Frankfurt/Main NJW-RR 94, 878).
4. Überziehungskredit bei Girokonten
Bei einem Kontokorrent- oder Girokonto wird in der Regel mit dem Kreditinstitut die Einräumung eines Überziehungskredits bis zu einem bestimmten Limit (Kreditlinie) vereinbart. Ein solcher Kredit kann aber auch dergestalt eingeräumt werden, dass die Bank die Kontoüberziehung stillschweigend bis zu einem bestimmten Betrag duldet. Die Pfändung in eine offene Kreditlinie ist nach der Rechtsprechung des BGH zulässig (BGH VE 01, 72). Die ausgebrachte Pfändung erfasst daher auch den Anspruch auf Auszahlung des von der Bank als Drittschuldnerin eingeräumten Kredits oder Darlehens in der noch nicht zur Auszahlung gelangten Höhe.
Wichtig | Dazu gehören auch Ansprüche aus einem dem Schuldner eingeräumten Dispositionskredit. Diese sind pfändbar, soweit der Schuldner den Kredit durch Abruf eines Geldbetrags, das heißt durch eine Abhebung, Überweisung oder Zustimmung zu Lastschriften, in Anspruch nimmt. Mit dem Abruf entsteht ein Zahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank, der dem Gläubigerzugriff im Wege der Pfändung offensteht (BGH VE 01, 72). Der BGH hat entschieden, dass der Kredit tatsächlich abgerufen sein muss.
Ebenso gilt, dass der Anspruch des Schuldners auf Abruf des Kredits unpfändbar ist (BGH NJW 04, 1444).
Die bloße Duldung der Überziehung des Kontos des Schuldners gibt dem Schuldner gegenüber der Bank also noch keinen Darlehensanspruch, sodass auch kein derartiger Anspruch gepfändet werden kann (BGH NJW 85, 1218). Ein Darlehensvertrag kommt in derartigen Fällen vielmehr erst dadurch zustande, dass die Bank trotz fehlender Deckung eine tatsächliche Auszahlung an den Schuldner leistet.
5. Oder-Konten und Gemeinschaftskonten
Bei einem Oder-Konto handelt es sich um ein Gemeinschaftskonto, über das jeder Kontoinhaber nach § 428 BGB allein verfügen kann. Die Kontoinhaber sind als Gesamtgläubiger berechtigt (Goebel, VE 08, 37). Jeder einzelne kann hinsichtlich der gesamten Einlage die Auszahlung des gesamten Saldos verlangen und zwar stets an sich allein. Der Gläubiger darf daher mit der Pfändung des Kontos auf das gesamte dort vorhandene Guthaben zugreifen (BGH NJW 85, 1218). Der BGH hat dabei offen gelassen, ob der von der Pfändung nicht betroffene Kontoinhaber weiterhin über die Einlageforderung verfügen kann und das Kreditinstitut zur Leistung an ihn berechtigt und verpflichtet bleibt, solange der Betrag noch nicht an den Vollstreckungsgläubiger ausgezahlt ist.
Achtung | Ausgehend von einer Gesamtgläubigerschaft kann nicht von einer Pfändung nach Kopfteilen ausgegangen werden (a.A. OLG Koblenz NJW-RR 90, 1385). Daher dürfte auch die Pfändung und Überweisung den anderen Kontoinhaber, der nicht Vollstreckungsschuldner ist, nicht daran hindern, über ein Guthaben zu verfügen, weil das Verfügungsverbot immer nur Vollstreckungsschuldner betrifft, nicht dagegen den Kontomitinhaber (OLG Stuttgart InVo 02, 339; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 341). Solange jedenfalls der nicht schuldnerische Kontomitinhaber keine Auszahlung verlangt, muss das Kreditinstitut dem Auszahlungsbegehren des Pfändungsgläubigers bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in vollem Umfang nachkommen.
Bei einem Zusammentreffen der Auszahlungsbegehren von Pfändungsgläubiger und Mitinhaber des Kontos muss die Bank unter Hinweis auf die Priorität nach § 804 Abs. 3 ZPO entsprechend die Leistung gestalten (Goebel/Gottwald, Anwaltsformulare Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 6 - ABC der Forderungspfändung - Stichwort Kontopfändung; a.A. OLG Karlsruhe NJW 86, 93; LG Hannover WM 72, 638). Lag die Anweisung des weiteren Kontoinhabers daher schon vor der Pfändung vor, ist diese auszuführen. Erfolgt diese erst nach der Pfändung, muss der Kontomitinhaber zurückstehen. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, als habe der Schuldner im Zeitpunkt der Pfändung von seinem Recht Gebrauch gemacht, das gesamte Guthaben abzuheben. In der Zustellung des PfÜB an das Kreditinstitut ist also ein Leistungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers i.H.d. gepfändeten Betrags an Stelle des sonst berechtigten Schuldners zu sehen (Vallender, InVo 96, 286).
Weil nach § 430 BGB die Gesamtgläubiger im Zweifel zu gleichen Teilen berechtigt sind, hat der nicht schuldnerische Kontomitinhaber grundsätzlich gegen den Schuldner einen Ausgleichsanspruch auf den ihm zustehenden Anteil (Stöber, a.a.O., Rn. 340; OLG Düsseldorf FamRZ 82, 607; Goebel, VE 08, 37). Allerdings muss dies im Einzelfall geprüft werden. Bei intakter Ehe besteht nicht zwingend ein Ausgleichsanspruch (BGH NJW 90, 705). Zwar kommt auch hier § 430 BGB zur Anwendung, der einen Ausgleichsanspruch aber nur gewährt, wenn nichts anders bestimmt ist. In der intakten Ehe liegt es nahe, dass anderes bestimmt ist. Fraglich kann nur sein, gegen wen sich der Ausgleichsanspruch richtet, sofern er besteht. Einerseits wird vertreten, dass der Gläubiger den Auszahlungsanspruch des Schuldners nur belastet mit dem Ausgleichsanspruch des weiteren Kontoinhabers erwirbt, weshalb sich der Ausgleichsanspruch nach § 430 BGB gegen den Vollstreckungsgläubiger richtet (Stöber, a.a.O., Rn. 339). Andererseits hat das OLG Stuttgart (InVo 02, 339) entschieden, dass sich der Ausgleichsanspruch nicht gegen den Pfändungsgläubiger, sondern allein gegen den Schuldner richtet. Durch den PfÜB erwerbe der Gläubiger allein den Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut, ohne an die Stelle des Schuldners in der vertraglichen Beziehung zwischen ihm und dem weiteren Kontoinhaber einzurücken.
Wichtig | Das OLG Frankfurt (VE 12, 128) hat entschieden: Resultiert das Guthaben auf einem Oder-Konto von Ehegatten aus einer Steuererstattung, liegt von der regelmäßig hälftigen Berechtigung anderweitige Bestimmung im Sinne des § 430 BGB nahe.