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  • · Fachbeitrag · Gerichtsstand

    Keine Klagemöglichkeit der versicherten Person am Wohnort bei gewillkürter Prozessstandschaft

    | Ist eine Person im Rahmen einer Kreditversicherung versichert und dabei weder bezugsberechtigt noch klagebefugt, kann sie Ansprüche des VN auch nicht im Wege gewillkürter Prozessstandschaft vor dem Gericht ihres eigenen Wohnorts geltend machen. Nach einer Entscheidung des LG Waldshut-Tiengen ist § 215 Abs. 1 S. 1 VVG auf diesen Fall weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K hatte bei der V-Bank einen Kredit aufgenommen. Dieser wurde durch einen Kreditschutzbrief beim VR abgesichert. VN ist die V-Bank, K ist versicherte Person. K verlangt nun vom VR einen Betrag von 1.480,20 EUR sowie die Freistellung von laufenden Darlehensverbindlichkeiten. Die Klage hat er vor dem LG seines Wohnsitzes eingereicht.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hielt sich für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an ein anderes LG (LG Waldshut-Tiengen 12.12.16, 1 O 185/16, Abruf-Nr. 195326). Es begründet seine Entscheidung wie folgt:

     

    • Die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstands gem. § 215 Abs. 1 S. 1 VVG liegen nicht vor.

     

    • § 215 VVG betrifft nur Klagen des VN gegen den VR bzw. Klagen des VR gegen den VN. K ist aber nicht VN, sondern nur versicherte Person. VN ist die V-Bank. Der Kreditschutzbrief dient in erster Linie ihrem Interesse als Darlehensgeberin. Daher soll auch nur sie aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich bezugsberechtigt sein.

     

    • Unerheblich ist, dass die V-Bank dem K die Ermächtigung zur gewillkürten Prozessstandschaft erteilt hat. Auch hierdurch wird der K nicht zum VN.

     

    • Bei der gewillkürten Prozessstandschaft gilt das Gleiche wie bei der Abtretung und bei der Pfändung und Überweisung von Ansprüchen und Rechten aus dem Versicherungsvertrag. Sie macht den Dritten nicht zum VN. Darum ist auf seine Klage § 215 Abs. 1 S. 1 VVG nicht anzuwenden.

     

    • Im vorliegenden Fall kann § 215 Abs. 1 S. 1 VVG auch nicht entsprechend angewendet werden.

     

    • Für eine solche Analogie müsste eine Gesetzeslücke vorliegen. Das ist hier aber gerade nicht der Fall. Die versicherte Person ist nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht klagebefugt (§ 44 Abs. 2 VVG). Ist sie aber nicht klagebefugt, kann es für sie auch keine Gerichtsstandsregelung geben. Das wäre ein Regelungswiderspruch.

     

    Relevanz für die Praxis

    Vertreten Sie die versicherte Person, ist Ihnen mit der Entscheidung des LG Waldshut-Tiengen der bequeme Weg zum Wohnsitzgericht Ihres Mandanten verwehrt. Allerdings gibt es auch Gerichte, die das anders sehen:

     

    • für Gerichtsstand des klagenden Versicherten am Wohnsitz des VN: LG Cottbus BeckRS 2011, 27578

     

    Sie müssen aber im Vorfeld bereits eine andere Hürde überwinden - nämlich die Klagebefugnis Ihres Mandanten. Diese muss vom VN eingeräumt werden. In Darlehensvertragsangelegenheiten geschieht dies oft bereits im Vertrag zwischen Bank (= VN) und versicherter Person (= Darlehensnehmer).

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 130 | ID 44782899