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  • 01.07.2005 | Baurecht

    In diesen Fällen haftet der Architekt

    von RA Christian Stake, Werne

    Kommt es am Bau zu einem Baumangel oder einem sonstigen Problem, stellt sich die Haftungsfrage. Die Rechtsprechungsübersicht zeigt auf, wann der Bauherr den Architekten erfolgreich in die Haftung nehmen kann.  

     

    Rechtsprechungsübersicht: Haftung des Architekten

    Planungsfehler  

     

    Nimmt der Besteller den Unternehmer wegen einer vertragswidrigen Ausführung des Bauwerks auf Gewährleistung in Anspruch, die auf eine vertragswidrige Architektenplanung zurückzuführen ist, muss bei der Bewertung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Bedeutung der Verpflichtung des Unternehmers Rechnung getragen werden, über die Vertragswidrigkeit der Planung aufzuklären.  

    BGH,  

    24.2.05,  

    VII ZR 328/03,  

    Abruf-Nr. 051203 

    Der Architekt schuldet eine mangelfreie, funktionstaugliche Planung, die dem Unternehmer insbesondere die schadensträchtigen Details einer Abdichtung gegen drückendes Wasser in einer jedes Risiko ausschließenden, nicht auslegungsbedürftigen Weise verdeutlichen muss. Die vertragsgerechte Planung einer Mauerwerksabdichtung durch Dickbeschichtung erfordert in aller Regel eine vorherige Erforschung des Baugrunds und eine auf die konkreten Boden- und Wasserverhältnisse abgestimmte planerische Darstellung.  

    OLG Düsseldorf,  

    22.6.04,  

    21 U 225/03,  

    BauR 05, 128,  

    Abruf-Nr. 042547 

    Eine Haftung des Architekten wegen unzureichender Leistungsbeschreibung kommt nur in Betracht, wenn dieser Umstand einen Baumangel zur Folge hat oder den Bauunternehmer dazu berechtigt, eine höhere oder zusätzliche Vergütung zu verlangen.  

    OLG Celle,  

    7.7.04, 7 U 216/03, 

    BauR 04, 1971,  

    Abruf-Nr. 041959 

    Der nicht fachkundige Auftraggeber unterscheidet nicht zwischen einem Doppelhaus im technischen bzw. untechnischen Sinne. Gibt er die Planung für ein „Doppelhaus“ in Auftrag, ist der Schallschutz geschuldet, der demjenigen eines Doppelhauses im technischen Sinne vergleichbar ist. Eine Planung mit diversen Verschachtelungen der Wohnbereiche, die den erhöhten Schallschutz nicht erlaubt, stellt einen Planungsfehler dar.  

    OLG Hamm, 6.10.04,  

    25 U 183/03,  

    BauR 05, 743,  

    Abruf-Nr. 050535 

    Der Architekt schuldet eine mangelfreie funktionstaugliche Planung. Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Bodenverhältnisse, die den notwendigen Schutz gegen drückendes Wasser vorsehen muss. Hierbei sind auch die Grundwasserstände zu berücksichtigen, die in einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren nur gelegentlich erreicht worden sind.  

    Auch wenn der Architekt lediglich mit der Genehmigungsplanung beauftragt ist, muss die Planung der Abdichtung des Bauwerks bei einwandfreier Ausführung zu einer fachlich richtigen und dauerhaften Abdichtung führen. Auch bei einem derart eingeschränkten Auftrag muss der Architekt eine planerisch mangelfreie, druckwasserhaltende Abdichtung vorsehen.  

    OLG Düsseldorf,  

    30.11.04,  

    23 U 73/04,  

    OLGR 05, 118,  

    Abruf-Nr. 051632 

     

    Zeitliche Koordination  

     

    Der Architekt schuldet im Rahmen der ihm übertragenen Grundleistungen der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) nicht nur eine fachliche Aufsicht, sondern hat als Objektüberwacher auch für eine zeitliche Koordinierung zu sorgen. Der Architekt hat insoweit im Rahmen seiner Koordinierungspflichten während der gesamten Planungs- und Ausführungsphase umfassende Terminplanungen zu erbringen, weil nur auf diese Weise ein ordnungsgemäßer Bauablauf gewährleistet ist.  

    OLG Celle,  

    16.3.04,  

    16 U 169/03,  

    BauR 04, 1173,  

    Abruf-Nr. 042440 

    Der bauaufsichtsführende Architekt wird von der Zeitplanung nur entlastet, wenn diese von einem Projektsteuerer oder einen Sonderfachmann tatsächlich übernommen wird. Überträgt der Architekt die Koordinierung und die Zeitplanung auf einen Subunternehmer, ist dieser dafür verantwortlich, den Architekten als eigenen Auftraggeber zu ermahnen und anzuhalten, wenn dieser mit seinen Planungsaufgaben zeitlich in den Rückstand gerät.  

    OLG Celle,  

    16.3.04,  

    16 U 169/03,  

    BauR 04, 1173,  

    Abruf-Nr. 042440 

     

    Prüfungsfehler  

     

    Ein nur mit der Ausschreibung, der Vergabe und der Bauaufsicht betrauter Architekt muss eigenverantwortlich prüfen, ob die ihm zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen mit der Baugenehmigung und den Regeln der Baukunst vereinbar sind. Die Anforderungen an diese Überprüfung reduzieren sich nicht dadurch, dass die Planungsunterlagen von dritter Seite stammen. Eine Verletzung dieser Verpflichtung begründet die Haftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber.  

    OLG Frankfurt a.M.,  

    4.2.04,  

    1 U 52/03,  

    BauR 04, 1329,  

    Abruf-Nr. 040743 

    Ein planender Architekt muss (auch) das Brandschutzkonzept (hier: für ein Fitness-Studio) prüfen. Wenn er vorwerfbar die nach diesem Konzept zu beachtenden Anforderungen, die der Nutzungsabsicht nicht entsprechen, nicht beachtet, kann er sich schadenersatzpflichtig machen.  

    OLG Düsseldorf,  

    29.4.04, 5 U 144/03, 

    BauR 05, 423,  

    Abruf-Nr. 051633 

    Es gehört zu den Hauptleistungspflichten eines Architekten, ein zur Verfügung gestelltes Bodengutachten jedenfalls im Rahmen einer Evidenzkontrolle auf inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Der Architekt haftet dem Auftraggeber auf Schadenersatz, wenn er das offenkundig falsche Bodengutachten kritiklos in seine Entwurfs- und Genehmigungsplanung hat einfließen lassen.  

    OLG Brandenburg,  

    25.8.04,  

    4 U 185/03,  

    Abruf-Nr. 051634 

     

    Bauaufsicht  

     

    Auch wenn neben dem Architekten vom Bauherrn ein Generalunternehmer mit der umfassenden Objektüberwachung beauftragt wird, schuldet der Architekt die Erbringung der Leistungsphasen 8 und 9 des § 5 HOAI, d.h. er ist weiterhin zur Objektüberwachung verpflichtet. Die von ihm zu erbringenden Leistungen sind insoweit nicht identisch mit der vom Generalunternehmer geschuldeten Tätigkeit. Auch eine Honorarkürzung führt nicht zum Wegfall der Überwachungspflichten aus den geschuldeten Leistungsphasen 8 und 9.  

    OLG Saarbrücken,  

    13.1.04,  

    7 U 440/03,  

    BauR 05, 161,  

    Abruf-Nr. 050534 

    Grundsätzlich ist dem Architekten eine unzureichende, nämlich nicht frostsichere Gründungstiefe der Garage als Fehler anzulasten, denn der mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt muss darauf achten, dass die erforderliche Gründungstiefe eingehalten wird.  

    OLG Düsseldorf,  

    30.3.04, 23 U 65/03, 

    BauR 04, 1331,  

    Abruf-Nr. 041141 

    Ist der Architekt vom Bauherrn neben der Planung auch mit der Bauüberwachung des weitgehend in Eigenleistung zu errichtenden Hauses beauftragt worden, hat er durch eindeutige Anweisungen in einer auch für Laien verständlichen Form darauf hinzuwirken, dass die für eine mängelfreie Errichtung des Bauwerks erforderlichen Bauleistungen (hier: Streifenfundamente unter der Bodenplatte) erstellt werden. Unterlässt er diese Anweisungen, trifft den Bauherrn kein Mitverschulden.  

    OLG Düsseldorf,  

    21.5.04,  

    22 U 150/03,  

    OLGR 05, 65,  

    Abruf-Nr. 043291 

    Beauftragt der Bauherr eines Einfamilienhauses den Architekten nach Erbringung der Architektenleistungen bis zur Leistungsphase 5 damit, in 14-tägigen Abständen eine Baustellenkontrolle durchzuführen, die Abnahme vorzunehmen und den Bauherrn auf Stundenlohnbasis zu beraten, muss der Architekt dem Bauherrn alle notwendigen Hinweise erschöpfend erteilen. Er muss den Bauherrn auf die Erforderlichkeit einer engmaschigen Kontrolle von besonders risikoreichen und schadensträchtigen Arbeiten (hier: Abdichtung der Kelleraußenwände gegen drückendes Wasser durch Anbringung einer kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung) hinweisen.  

    LG Dresden,  

    30.6.04,  

    3 O 4022/00,  

    NZBau 04, 616,  

    Abruf-Nr. 051635 

    Sowohl der Architekt als auch der ausführende (Tief-)Bauunternehmer hat die Pflicht, sich darüber zu vergewissern, dass durch Ausschachtungsarbeiten keine Versorgungsleitungen gefährdet oder beschädigt werden.  

    OLG Hamm,  

    1.7.04, 21 U 20/04, 

    BauR 05, 418,  

    Abruf-Nr. 051636 

    Wenn der Bauherr ein Bauwerk mit seinem eigenen Baubetrieb ausführt und einen Architekten mit der Bauüberwachung beauftragt, haften beide für Ausführungsfehler, die bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung hätten verhindert werden können, je zur Hälfte.  

    LG Kiel,  

    30.9.04,  

    6 O 100/01, n.v.,  

    Abruf-Nr. 043075 

    Bei der Frage, ob ein Architekt wegen Mitwirkens an einer Vertiefung nach § 823 Abs. 2, § 909 BGB haftet, kommt es nicht darauf an, ob er vertragliche Pflichten gegenüber seinem Vertragspartner, z.B. gegenüber dem Bauherrn, verletzt hat, sondern darauf, ob er gegen die durch § 909 BGB konkretisierten allgemeinen Verhaltenspflichten verstoßen hat, die im Interesse des Eigentümers des von der Vertiefung betroffenen Grundstücks zu beachten sind.  

    BGH,  

    22.10.04,  

    V ZR 310/03,  

    NZBau 05, 227,  

    Abruf-Nr. 043105 

    Bei Abdichtungs- und Isolierarbeiten (hier: an Balkonen und Dachterrassen) besteht im Rahmen der Bauaufsicht eine Verpflichtung des Architekten zu erhöhter Aufmerksamkeit, weil diese Arbeiten erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen. Ergeben sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel, werden die Anforderungen an die Pflicht des Architekten zur Objektüberwachung weiter verschärft.  

    LG Berlin,  

    9.12.04,  

    5 O 529/02,  

    BauR 05, 746,  

    Abruf-Nr. 050505 

     

    Verstoß gegen Hinweispflichten / Verjährung  

     

    Ist der Architekt mit den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI beauftragt, beginnt die Verjährungsfrist für Ansprüche gegen ihn wegen Verletzung seiner vertraglichen Pflichten grundsätzlich erst mit Beendigung der Leistungsphase 9.  

    OLG Saarbrücken,  

    13.1.04, 7 U 440/03

    BauR 05, 161,  

    Abruf-Nr. 050534 

    Verschweigt der Architekt bei der Abnahme der Bauüberwachungsleistungen, dass er seine Aufgaben nicht wahrgenommen und keinerlei Kontrollen vorgenommen hat, handelt er arglistig. Für den Gewährleistungsanspruch des Bauherrn gilt daher die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren.  

    BGH,  

    17.6.04,  

    VII ZR 345/03,  

    Abruf-Nr. 051637 

    Der Architekt, der den Bauherrn nicht auf ihm bekannte aufklärungsbedürftige Risiken hinweist, haftet wegen Arglist oder Organisationsverschuldens. Schadenersatzansprüche gegen den Architekten verjähren daher erst in 30 Jahren.  

    OLG Düsseldorf,  

    30.11.04, 23 U 73/04, 

    OLGR 05, 118,  

    Abruf-Nr. 051632 

    Ein arglistiger Verstoß gegen vertragliche Offenbarungspflichten liegt nicht nur vor, wenn der Architekt Mängel seiner Leistungen verschweigt (hier: nicht durchgeführte Bauüberwachung), sondern auch, wenn er Mitarbeiter mit der Prüfung des Werks auf Mangelfreiheit und der eigenverantwortlichen Bauüberwachung betraut hat. Der Architekt kann sich insoweit seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werks nicht dadurch entziehen, dass er sich hinsichtlich von Mängeln bewusst unwissend hält.  

    LG Berlin,  

    9.12.04,  

    5 O 529/02,  

    BauR 05, 746,  

    Abruf-Nr. 050505 

     

    Unentgeltliche Tätigkeit  

     

    Die unentgeltlich, d.h. gefälligkeitshalber erfolgte Übernahme von Architektenleistungen begründet wegen der wirtschaftlichen Bedeutung für den Bauherrn i.d.R. eine rechtliche Bindung der Parteien und hat im Falle der Schlechterfüllung Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche zur Folge.  

    OLG Düsseldorf,  

    30.11.04, 23 U 73/04, 

    OLGR 05, 118,  

    Abruf-Nr. 051632 

     

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2005 | Seite 118 | ID 94471