04.08.2008 | Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
Anforderungen an die Beweislast des VN
Die bloße Möglichkeit von Erkrankungen, die eine Berufsunfähigkeit (BU) begründen könnte, genügt als ausreichende Wahrscheinlichkeit nicht; erforderlich ist eine ärztlich nachgewiesene Krankheit im Sinne der Bedingungen (OLG Frankfurt a.M. 18.1.08, 3 U 171/06, Abruf-Nr. 082310). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der VN begehrt Leistungen wegen BU nach mittlerweile fast 7-jähriger Krankschreibung. Das LG gab der Klage im Wesentlichen statt. Die Berufung des VR hatte Erfolg, da der VN nicht den Nachweis bedingungsgemäßer BU erbracht hat. Der orthopädische Sachverständige hat keine relevanten Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsapparate feststellen können. Den vom VN beklagten Beschwerden und Beeinträchtigungen waren keine medizinisch begründbaren Krankheitssymptome zuzuordnen. Auch der weitere Sachverständige (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) konnte eine mind. 50-prozentige BU des VN nicht zweifelsfrei feststellen, wenn er auch die Möglichkeit einer psychosomatischen oder neurotischen Gesundheitsstörung nicht ausschließen konnte. Dieses Beweisergebnis geht zulasten des VN. Die bloße nicht auszuschließende Möglichkeit von Erkrankungen (Verdachtsdiagnosen) die eine BU nur begründen könnten, genügt als ausreichende Wahrscheinlichkeit nicht (OLG Koblenz r+s 03, 337 zur somatoformen Schmerzstörung). Es ist wenigstens eine 80-90 prozentige Sicherheit im naturwissenschaftlichen Sinn erforderlich.
Praxishinweis
Der VN muss grundsätzlich alle Voraussetzungen des Versicherungsfalls beweisen (BGH VersR 00, 349; VK 07, 192 = VersR 07, 383). Die Bedingungen erfordern eine ärztlich nachgewiesene Krankheit. Das ist gerade nicht der Fall, wenn nach einer Beweiserhebung der ärztliche Nachweis fehlt. Aus dem Grund hilft auch § 2 Ziff. 3 BUZ nicht weiter. Damit wird nur der Nachweis der Dauerhaftigkeit ersetzt, dennoch bleiben Krankheit oder Kräfteverfall ärztlich nachzuweisen (BGH VersR 93, 562).
In der vom Senat zitierten Entscheidung des OLG Hamm (VersR 97, 817) wurde BU bejaht, nachdem der Sachverständige Beschwerden mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad von nur 80-90 Prozent festgestellt hatte. Feststellungen erfordern zwar einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Der Sachverständige hatte aber erläutert, dass es keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit in der Psychiatrie gebe. Ein größeres Maß („Trefferquote“) als dieser Prozentsatz sei in der Psychiatrie nicht erreichbar.
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