01.05.2006 | Gebäudeversicherung
Anspruch auf Neuwertspitze: Wie stark darf Gebäude bei Wiederaufbau vergrößert werden?
1. Bei der Wiederherstellung entsprechend dem Zweck der Wiederherstellungsklausel nach § 11 Abs. 5a AFB 87 muss es sich nicht um ein identisches Gebäude handeln. Modernisierungen auf Grund technischer, wirtschaftlicher oder sozialer Änderungen stehen der Bejahung einer Wiederherstellung in gleicher Art und Zweckbestimmung nicht entgegen. |
2. Wird das Gebäude in seiner Gesamtheit nicht unwesentlich vergrößert und der Nutzungszweck erweitert, so geht dies regelmäßig über eine bloße Modernisierung hinaus. Dies gilt insbesondere, wenn nach der maßgeblichen Gesamtbetrachtung die bebaute Fläche des alten Gebäudes (Vereinsheim) ein Drittel der nunmehr bebauten Fläche beträgt und zusätzlich ein weiteres Gebäude mit zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten (Sporthalle mit Nebenräumen) errichtet ist. |
(OLG Köln 10.1.06, 9 U 92/05, Abruf-Nr. 061133) |
Sachverhalt
Der klagende Sportverein errichtete ein Vereinsheim als Holzständerkonstruktion (ein Gesellschaftsraum, 2 WC, Teeküche, Gastraum und 2 Büros). Die bebaute Fläche betrug 216 qm. Dieses wurde durch Brand völlig zerstört. Bei der neuen Bebauung wurde ein Gebäude in Massivbauweise erstellt (größerer Gastraum, Küche, Lagerraum, 3 WC, größeres Büro, zusätzlicher Besprechungsraum, Sporthalle mit Umkleideräumen). Die bebaute Fläche beträgt 537 qm. Der VR zahlte eine Zeitwertentschädigung, verweigerte aber die Zahlung der Neuwertdifferenz. Es habe sich bei dem Neuaufbau um keine Wiederherstellung des abgebrannten Gebäudes i.S.v. § 11 Abs. 5a AFB 87 gehandelt. Das LG hat den VR verurteilt, die Neuwertdifferenz zu entschädigen. Das neu errichtete Gebäude habe im Wesentlichen dem gleichen Zweck wie das zerstörte gedient. Die Berufung des VR hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Bei der Wiederherstellung muss es sich nicht um die Errichtung eines vollständig identischen Gebäudes handeln. Auf technischen, wirtschaftlichen oder sozialen Änderungen beruhende Modernisierungen stehen der Bejahung der Wiederherstellung nicht entgegen (BGH VersR 90, 488 = r+s 90, 167). Mit der Neuwertversicherung soll lediglich der Nachteil ausgeglichen werden, der dem VN dadurch entsteht, dass er für den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss. Darüber hinaus soll es dem VN erleichtert werden, ein für ihn nutzloses oder nur eingeschränkt nutzbares Gebäude durch ein anderes, seinen Vorstellungen besser entsprechendes zu ersetzen.
Wird das Gebäude in seiner Gesamtheit nicht unwesentlich vergrößert, geht das i.d.R. über Modernisierungsmaßnahmen hinaus. Deshalb kann eine Wiederherstellung nur angenommen werden, wenn das neu errichtete Gebäude etwa dieselbe Größe wie das zerstörte aufweist. Diesen Kriterien genügt das vom VN errichtete Gebäude nicht. Die bebaute Fläche des alten Gebäudes betrug nur gut ein Drittel der nun bebauten Fläche. Dementsprechend betrug der Neuwert des abgebrannten Gebäudes 190.000 EUR während für das neue 466.000 EUR aufgewandt werden mussten. Zudem hat sich auch der Nutzungszweck geändert. Es steht nunmehr die Sporthalle mit Nebenräumen zusätzlich zur Verfügung. Es handelt sich um eine andere Nutzungsqualität. Erst recht gilt das für die Nutzung als Veranstaltungsort. Als Modernisierung könnte vielleicht die Herstellung in Massivbauweise, sowie die hochwertigere Innenausstattung angesehen werden. Die Verbindung der Gaststätte mit der Sporthalle als Übungs- und Veranstaltungsraum geht jedoch wesentlich darüber hinaus.
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